1989

Jänner 1989

01.01.

Die im März 1988 beschlossene Steuerreform tritt in Kraft.

Das Luftreinhaltegesetz bringt die strengsten Grenzwerte Europas.

04.01.

Wegen der Aussage des designierten Salzburger Erzbischofs Georg Eder über den "fürchterlichen Freiheitsdrang" durch die Demokratisierung entstehen heftige Debatten um die Ernennung fundamentalistischer und konservativer Bischöfe in Österreich.

17.01.

– 19.01. Vorläufiges Ende der KSZE-Verhandlungen in Wien mit einem Schlussdokument mit dem Bekenntnis zur konventionellen Abrüstung in Europa und zu den Menschenrechten. 

19.01.

Nach Belastungen im "Lucona"-Untersuchungsausschuss tritt Innenminister Blecha zurück.

23.01.

Der surrealistische Maler, Bildhauer und Grafiker Salvador Dalí (*11. Mai 1904) stirbt in Figueras (Spanien).

25.01.

Nationalratspräsident Leopold Gratz tritt wegen Vorwürfen in der "Lucona"-Affäre und Naheverhältnis zu Udo Proksch zurück.

30.01.

Neuer Innenminister wird Kanzleramtsminister Franz Löschnak.

Februar 1989

02.02.

Die Opernballdemonstration wird eine regelrechte Straßenschlacht.

Nach 15-jähriger Dauer enden die Wiener Verhandlungen zur Truppenreduzierung und Abrüstung zwischen NATO und Warschauer Pakt ergebnislos, jedoch einvernehmlich.

03.02.

Umsturz in Paraguay. Der Diktator Alfredo Stroessner wird abgesetzt.

08.02.–11.02.

Ski-WM in Vail (USA). Die Österreicher holen drei Goldmedaillen und zwei Silbermedaillen. 

12.02.

Der österreichische Schriftsteller und Dramatiker Thomas Bernhard (*9. Februar 1931) stirbt in Gmunden. Sein verfügtes Aufführungs-, Vortrags- und Druckverbot in Österreich führt zu Diskussionen und durch anders lautende Verträge zu verschiedenen Interpretationen.

14.02.

Salman Rushdie wird auf Grund seines Buches "Die satanischen Verse" (1988) vom iranischen Staatschef Khomeini mittels einer Fatwa (= islamisches Rechtsgutachten) zum Tode verurteilt.

23.02.

Sozialminister Alfred Dallinger (*7. November 1926) stirbt bei einem Flugzeugabsturz über dem Bodensee.

24.02.

Staatsgäste aus 163 Ländern nehmen in Tokio am Begräbnis des am 7. Jänner verstorbenen Kaisers Hirohito (*29. April 1901) teil.

27.02.

Der österreichische Nobelpreisträger, Mediziner und Zoologe Konrad Lorenz (*7. November 1903) stirbt auf Gut Altenberg (Niederösterreich).

März 1989

03.03.

Der steirische Ex-Landeshauptmann Friedrich Niederl und seine Söhne werden im Zusammenhang mit der "Ruso-Affäre" verurteilt.

06.03.–09.03.

KSZE-Treffen in Wien. 

10.03.

Walter Geppert wird neuer Sozialminister.

12.03.

Landtagswahlen in Kärnten, Salzburg und Tirol.

13.03.

Der Salzburger Landeshauptmann Wilfried Haslauer sen. tritt zurück. Sein Nachfolger wird Hans Katschthaler.

14.03.

Zita, die letzte österreichische Kaiserin (*9. Mai 1892) stirbt im Kloster Zizers (Schweiz).

24.03.

Durch den vor der Südküste Alaskas leckgeschlagenen Tanker "Exxon Valdez", der mit 206.000 Tonnen Rohöl beladen ist, kommt es zur bis dahin größten Ölpest in der amerikanischen Geschichte.

28.03.

Serbien beendet die Autonomie des Kosovo und Vojvodinas. Schon einige Tage vorher kommt es zu albanischen Protesten gegen diese angekündigte Verfassungsreform, die blutig niedergeschlagen werden.

April 1989

Die polnische Gewerkschaft "Solidarność" wird vom Staat anerkannt.

01.04.

Die letzte österreichische Kaiserin, Zita (1916–1918), wird unter großer Anteilnahme der Bevölkerung in der Kapuzinergruft in Wien beigesetzt.

08.04.

Mehrere Schwestern aus dem Pflegeheim Lainz in Wien gestehen, seit 1982 mehr als vierzig alte, "lästige" Patienten getötet zu haben. Der Leiter der Abteilung, Franz Pesendorfer, wird einige Tage darauf suspendiert (siehe oben).

15.04.

Im Sheffielder Fußballstadion (England) ereignet sich die bisher größte Katastrophe in der europäischen Sportgeschichte. Als etwa 4.000 zu spät kommende Fans in das bereits überfüllte Stadion drängen, werden 94 Menschen erdrückt oder zu Tode getreten.

17.04.

Josef Riegler wird neuer Parteiobmann der ÖVP und Vizekanzler mit neuer Regierungsmannschaft. Alois Mock bleibt Außenminister. Neuer Wirtschaftsminister – nach dem Rücktritt von Robert Graf – wird Wolfgang Schüssel, Wissenschaftsminister (bisher Hans Tuppy) wird Erhard Busek, Landwirtschaftsminister wird Franz Fischler.

18.04.

Die Regierung beschließt einen Bericht an den Nationalrat, in dem ein Aufnahmeantrag in die EG – bei Beibehaltung der Neutralität – befürwortet wird und Schritte in diese Richtung gesetzt werden sollen.

Mai 1989

02.05.

Ungarische Soldaten beginnen an mehreren Stellen mit dem Abbau des "Eisernen Vorhangs" an der österreichisch-ungarischen Grenze.

08.05.

Nach wochenlangen Verhandlungen einigen sich ÖVP und FPÖ auf Jörg Haider (FPÖ) als neuen Kärntner Landeshauptmann.

09.05.

Der Schauspieler und Mitglied des Burgtheaters Heinz Moog (*28. Juni 1908) stirbt in Wien.

15.05.

Erstes Gipfeltreffen zwischen der UdSSR und China seit 30 Jahren. Der Besuch Gorbatschows in Beijing wird von Studentenprotesten begleitet, die auch Perestroika für China fordern.

Juni 1989

03.06.

In Teheran (Iran) stirbt der Revolutionsführer Ayatollah Khomeini (*1900). Während seiner Beisetzung kommt es zu massenhysterischen Szenen, bei denen sechs Menschen getötet werden. Sein Nachfolger ist Ayatollah Ali Khamenei.

04.06.

Bei demokratischen Parlamentswahlen in Polen gewinnt das "Bürgerkomitee" und Tadeusz Mazowiecki (Solidarność) wird designierter erster nicht-kommunistischer Ministerpräsident.

Um den Platz des Himmlischen Friedens in Peking richtet das chinesische Militär ein Blutbad unter Studenten an, die seit Wochen für mehr Demokratie demonstrieren. Dem Massaker (ca. 2.500 - 7.000 Tote) folgt eine umfassende Verfolgungswelle.

22.06.

Der österreichische Sänger Anton Dermota (*4. Juni 1910) stirbt in Wien.

23.06.

Der österrichische Psychiater und Konfliktforscher Friedrich Hacker (*19. Jänner 1914) stirbt in Mainz während einer Fernsehsendung.

27.06.

Bei einem Besuch des ungarischen Außenministers Horn kommt es mit seinem österreichischen Amtskollegen Mock zu einem symbolischen Zerschneiden des "Eisernen Vorhangs" (siehe oben).

Juli 1989

09.07.

Beim Tennisturnier in Wimbledon (England) gibt es mit Boris Becker und Steffi Graf einen deutschen Doppelerfolg.

13.07.

Drei führende kurdische Exilpolitiker werden bei einem Geheimtreffen in Wien von einem Terrorkommando – vermutlich aus dem Iran – ermordet.

Der Inhaber der Werbeagentur GGK, Hans Schmid, übernimmt von der SPÖ 90 % der "Neuen Arbeiter-Zeitung".

16.07.

Der österreichische Dirigent und Regisseur Herbert von Karajan (*5. April 1908) stirbt in Salzburg.

17.07.

Außenminister Alois Mock übergibt in Brüssel dem EG-Ministerrat das Ansuchen Österreichs um Aufnahme in die Europäische Gemeinschaft (siehe oben).

27.07.

Laut Beschluss des Obersten Sowjet erhalten die drei baltischen Sowjetrepubliken Estland, Lettland und Litauen ab 1990 weitgehende wirtschaftliche Autonomie.

28.07.

Der Journalist und TV-Moderator Robert Hochner wird Chefredakteur der "Neuen Arbeiter-Zeitung".

August 1989

Flüchtlinge aus der DDR fliehen über die durchlässig gewordene Grenze in den Westen. Der im September zunehmende Strom an Flüchtlingen wird in Behelfslagern aufgenommen. Die meisten reisen in die BRD weiter. Diese Grenzöffnung trägt wesentlich zur "Wende" in der DDR bei.

September 1989

Viele westdeutsche Botschaften in kommunistischen Ländern müssen wegen Überfüllung durch Ausreisewillige gesperrt werden.

13.09.

Der WWF (World Wide Fund of Nature) kauft am südlichen Donauufer 411 Hektar Aulandschaft um 85 Millionen Schilling (6,2 Millionen Euro). Ein großer Teil soll bis November durch Spenden aufgebracht werden ("die Au freikaufen").

27.09.–28.09.

Der Nationalrat beschließt gegen die Stimmen der SPÖ einen Untersuchungsausschuss in der Waffenaffäre um die VOEST-Tochterfirma Noricum und einen über die Finanzgebarung im Milchwirtschaftsfonds. 

Oktober 1989

02.10.

Der unter falschen Namen reisende und verkleidete Udo Proksch wird am Flughafen Wien-Schwechat verhaftet.

07.10.

Bei der Feier zum 40. Jahrestag der DDR-Gründung in Ost-Berlin nimmt der sowjetische Staats- und Parteichef Gorbatschow teil. Er betont die Notwendigkeit von Reformen. Gleichzeitig finden in mehreren Städten der DDR Demonstrationen für Meinungsfreiheit und Reformen statt. Diese werden brutal aufgelöst und über tausend Menschen festgenommen.

08.10.

Landtagswahl in Vorarlberg.

09.10.

Erstmals demonstrieren in Leipzig (DDR) über 70.000 Menschen für eine demokratische Erneuerung der DDR. Der Ruf "Wir sind das Volk – keine Gewalt" setzt sich durch (Montagsdemonstration).

16.10.

Leipziger Montagsdemonstration mit 120.000 Teilnehmern.

17.10.

Erstmals wird eine 5000-Schilling-Note ausgegeben. Sie trägt das Bild Mozarts.

18.10.

Erich Honecker tritt als Staatsratsvorsitzender der DDR und Generalsekretär der SED zurück, sein Nachfolger wird Egon Krenz.

23.10.

Die "Volksrepublik Ungarn" wird vor jubelnden Menschenmassen in "Republik Ungarn" umbenannt.

November 1989

09.11.

Die DDR öffnet die innerdeutschen Grenze. Kurz vor Mitternacht öffnen sich die ersten Schlagbäume an der Mauer. Großer Ansturm für einen Kurzbesuch im Westen.

13.11.

Die Volkskammer der DDR wählt den "Reformkommunisten" Hans Modrow zum neuen Ministerpräsidenten.

20.11.–23.11.

Hunderttausende demonstrieren in Prag (Tschechoslowakei) gegen das Machtmonopol der Kommunisten. 

28.11.

Der Bundeskanzler der BRD, Helmut Kohl, legt ein "Zehn-Punkte-Programm zur Überwindung der Teilung Deutschlands und Europas", mit dem Ziel der Wiedervereinigung Deutschlands vor.

Dezember 1989

An der österreichisch-tschechoslowakischen Grenze beginnt der Abbau des "Eisernen Vorhangs".

01.12.

Auf allen Transitautobahnen wird für alle nicht-lärm-gedämmten LKW über 7,5 t ein Nachtfahrverbot verhängt.

02.12.–03.12.

Gipfeltreffen UdSSR-USA zwischen Gorbatschow und Bush vor der Insel Malta. 

03.12.

In der DDR tritt Generalsekretär Egon Krenz, das Politbüro und das ZK der SED zurück.

07.12.

Der tschechoslowakische Ministerpräsident Ladislav Adamec tritt wegen anhaltender Unruhen im Land von seinem Amt zurück.

09.12.

Etwa 130.000 tschechoslowakische Staatsbürger nützen das vorweihnachtliche Wochenende, um im Westen erstmals zu "schnuppern" und verursachen ein Verkehrschaos (siehe oben).

14.12.

Wien und Budapest erhalten den Zuschlag zur gemeinsamen Veranstaltung der Weltausstellung 1995.

16.12.–25.12.

Aufstand gegen Nicolae Ceaușescu in Rumänien. Nach anfänglichen Protesten in Temesvar, anschließendem Aufstand und erfolgreichen Kämpfen gegen den Staatssicherheitsdienst "Securitate" werden der Diktator und seine Frau am 25. Dezember hingerichtet.

17.12.

Der tschechoslowakische Außenminister Jiři Dienstbier und sein Amtskollege Alois Mock durchtrennen in einem symbolischen Akt den "Eisernen Vorhang" zwischen den beiden Staaten.

20.12.

Invasion von US-Truppen in Panama, um den Machthaber Manuel Noriega festzunehmen.

29.12.

Václav Havel wird zum Präsidenten der Tschechoslowakei gewählt. Die Symbolfigur des "Prager Frühlings" (1968), Alexander Dubcek, wurde am Vortag zum Parlamentspräsidenten gewählt.

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