Mittagsjournal 1989.05.19

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    Rechtliches

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    KI-generiertes Transkript

    Die Zeit in fünf Sekunden ist es 12 Uhr.
    12 Uhr.
    Hier ist der österreichische Rundfunk.
    Guten Tag beim Freitag-Mittag-Journal sagt Christl Reiß.
    Hier gleich eine Themenübersicht über das Beitragsprogramm für die kommende Stunde.
    Bundesparteitag der ÖVP.
    Josef Riegle wird am Nachmittag zum neuen Obmann gewählt, Alois Mock ist bereits Ehrenobmann.
    Die Grünen befürchten, dass die parlamentarischen Lukone-Erhebungen in Stocken geraten.
    Schließlich bringen wir aus dem Inland noch eine Analyse des heute vom Statistischen Zentralamt veröffentlichten jüngsten Verbraucherpreisindex.
    Auslandsthemen.
    Die aktuelle Lage in China, die Massenproteste gehen weiter.
    In der Sowjetunion beschließen die Republiken Estland und Litauen wirtschaftliche Autonomie.
    Neues vom angeschlagenen bundesdeutschen Koop-Konzern nach der Überschuldung in Milliardenhöhe wird es mindestens fünf Jahre dauern, bis der Handelskonzern wieder schwarze Zahlen schreiben wird.
    Aus Australien wird eine alarmierende Zunahme der Hautkrebserkrankungen auf das Ozonloch zurückgeführt.
    Und schließlich Kultur im Mittagschanal, wir bringen einen Zwischenbericht über die Filmfestspiele in Cannes.
    Außerdem gibt es noch eine ausführliche Vorschau auf das Wochenendwetter, zuvor aber ein von Georg Schalgruber zusammengestellter und von Stefan Burkorni präsentierter Nachrichtenüberblick.
    Österreich.
    In Wien hat am Vormittag der 27.
    ÖVP-Bundesparteitag begonnen.
    Josef Riegler wird neuer Bundesparteiobmann.
    Der bisherige Parteichef Mock wurde per Akklamation zum Ehrenobmann gewählt.
    Als Motto für den Bundesparteitag hat die ÖVP die Formulierung Aufbruch und Erneuerung gewählt.
    Bei der FPÖ Steiermark wird heute intensiv über den Nachfolger des scheidenden Landesparteiobmannes Klaus Turek verhandelt.
    Turek scheidet am 30.
    Juni nach eigenen Angaben aus persönlichen Gründen aus seiner Funktion.
    Als Nachfolger sind unter anderem Landtagsabgeordneter Weilharter und der Grazer FPÖ-Obmann Weinmeister im Gespräch.
    Heute greift Bundesparteiobmann Haider persönlich in die Verhandlungen ein.
    Eine konkrete Entscheidung dürfte aber noch nicht fallen.
    Der Index der Verbraucherpreise ist im April um 2,4 Prozent gestiegen.
    Im März lag die Preissteigerung in Österreich bei 2,2 Prozent.
    Auf der Flughafenautobahn im Stadtgebiet von Wien hat sich heute eine schwere Explosion ereignet.
    Unbekannte Täter haben eine selbst gebastelte Bombe detonieren lassen.
    Über die Bombenleger und ihre Motive weiß man bis jetzt nichts.
    In die Richtungsfahrbahn nach Wien wurde ein vier bis fünf Meter großer und etwa ein Meter tiefer Krater gerissen.
    Die Explosion ereignete sich in der Nähe der Schregseilbrücke an der Grenze zwischen dem 3. und 11.
    Bezirk.
    Ein Verkehrsunfall unmittelbar nach der Detonation forderte Sachschaden.
    Verletzt wurde durch die Explosion niemand.
    Europäische Gemeinschaft
    Thomas Klestiel, der Generalsekretär des österreichischen Außenministeriums, führt in Brüssel politische Gespräche mit ranghohen Vertretern des gemeinsamen Marktes.
    Unter anderem wird er die österreichische Position zu EG-Fragen darlegen.
    Ein wichtiger Punkt ist die hohe Belastung Österreichs durch den Transitverkehr aus der Gemeinschaft.
    China.
    Nach den jüngsten Großdemonstrationen für mehr Freiheit und Demokratie hat sich die Situation einerseits leicht entspannt, andererseits haben die hungerstreikenden Studenten dem Regime ein neues Ultimatum gestellt.
    Gedroht wird mit einem Aufruf zum landesweiten Generalstreik.
    Das Ultimatum ist bis morgen Vormittag befristet.
    Ministerpräsident Li Peng und Parteichef Zhao Ziyang sind auf dem Platz des himmlischen Friedens mit Studentenvertretern zusammengetroffen.
    Sie bemühten sich vergeblich, sie zur Aufgabe des Hungerstreiks zu überreden.
    Ausgewaltet haben sich die Proteste in Shanghai.
    Sowjetunion Die Parlamente der baltischen Sowjetrepubliken Litauen und Estland haben Gesetze beschlossen, die weit mehr wirtschaftliche Unabhängigkeit gewähren sollen, als Moskau zugesteht.
    So etwa erklärte in Litauen das Parlament die Republik für souverän und ermöglichte die Einführung eines eigenen Währungssystems.
    In Estland ist ein Gesetz verabschiedet worden, das begrenztes privates Eigentum zulässt.
    Beansprucht wird außerdem die volle Verfügungsgewalt über das Gebiet der Republik, den Luftraum, die Gewässer und die natürlichen Rohstoffe vorkommen.
    USA
    Im Streit zwischen Washington und Bonn über das Problem der atomaren Kurzstreckenraketen zeichnet sich eine Annäherung ab.
    Verteidigungsminister Stoltenberg konferierte mit Außenminister Baker und Verteidigungsminister Cheney.
    Anschließend wurde inoffiziell bekannt, dass die Bundesrepublik nun nicht mehr auf der Formulierung baldige Verhandlungen besteht.
    Angeblich denkt man jetzt an den Begriff in absehbarer Zeit.
    Im Gegensatz zur Bundesrepublik Deutschland sind die USA und Großbritannien Gegenverhandlungen zwischen NATO und Warschauer Pakt.
    Sie streben eine Modernisierung der in Westdeutschland stationierten Raketen an.
    Der französische Staatspräsident Mitterrand reist heute zu politischen Gesprächen nach Kanada und in die USA.
    Er wird möglicherweise versuchen, in diesem sogenannten Raketenstreit zu vermitteln.
    Zuletzt hat sich Mitterrand Gegenverhandlungen zum jetzigen Zeitpunkt ausgesprochen.
    Äthiopien.
    Nach dem Putsch vom Dienstag dürfte sich die Lage normalisieren.
    Der Flughafen von Addis Abeba wurde heute wieder geöffnet.
    Präsident Mengistu hat in mehreren Hörfunkansprachen erklärt, der Aufstand sei niedergeschlagen worden und auch in der Nordprovinz Eritrea sei das Regime wieder Herr der Lage.
    Es mehren sich die Hinweise darauf, dass der Putsch verraten worden ist.
    Großbritannien.
    Oedön von Horvaths literarischer Nachlass hat bei einer Auktion in London keinen Käufer gefunden.
    Der Mindestpreis von umgerechnet etwa 7 Millionen Schilling für den Nachlass des Dramatikers wurde nicht geboten.
    Heute kommen in London drei Manuskripte von Wolfgang Amadeus Mozart unter den Hammer.
    Weiters eine Haarlocke von Mozart.
    Für die Echtheit dieser Locke gibt es eine Bestätigung der Geliebten von Mozarts Sohn.
    Sieben Minuten nach zwölf Uhr und jetzt zum Wochenendwetter.
    Ich kann's nur hoffen, Dr. Gerd Raggette von der Hohen Warte weiß, ob es am kommenden Wochenende schön wird.
    Ja, ich versuche das Beste daraus zu machen.
    Es wird sicher nicht unfreundlich sein, das Wetter.
    Zurzeit herrscht nur eine schwache östliche Strömung bei uns.
    Wobei allerdings der Süden Österreichs deutlich benachteiligt ist.
    Also hier sehe ich wenig Chance.
    In Kärnten und auch in Teilen der Steiermark wird es vorwiegend stark bewölkt sein.
    Zeitweise gibt es auch Regen oder Regenschauer.
    Und die Temperaturen liegen auch etwas tiefer als sonst.
    Das heißt, Tagestemperaturen etwa so um 20 Grad.
    Am schönsten wird das Wetter in den westlichen Bundesländern sein, also in Vorarlberg und Tirol.
    Doch längere sonnige Abschnitte, zeitweise auch heiter und die Temperaturen werden 26 Grad erreichen.
    Im Osten Österreichs ist das Wetter etwas wechselhaft.
    Es gibt wohl hier auch sonnige Abschnitte, aber dann nimmt die Bewölkung wieder zu und es gibt lokale Regenschauer oder Gewitter.
    Am Sonntag wird dann der Hochdruckeinfluss allmählich etwas zunehmen und es kommt von Norden her auch etwas trockenere Luft zu uns, aber doch glaube ich, dass am Sonntagvormittag oder etwa bis Sonntagmittag noch die Neigung zu Regenschauen bestehen wird und es wird auch am Vormittag noch Restbewölkung von nächtlichen Gewittern geben und erst am Sonntagnachmittag bzw.
    gegen Abend dann
    wird die Aufheiterung weitere Fortschritte machen.
    Die Temperaturen im Osten Österreichs etwa bis 24 Grad.
    Ja, damit verabschiede ich mich, wünsche ein schönes Wochenende, aber jetzt noch die Wettermeldungen von heute 12 Uhr.
    Wien stark bewölkt 19 Grad, Eisenstadt bedeckt 18 Grad, St.
    Pölten stark bewölkt 20 Grad, Ostwind mit 10 Stundenkilometern, Linz heiter 21 Grad, Südostwind mit 15 Stundenkilometern,
    Salzburg-Heiter 21 Grad, Innsbruck-Wolkig 20 Grad, Pregensheiter 17 Grad, Graz-Bedeckt 15 Grad, Klagenfurt-Bedeckt Regen mit 14 Grad.
    Herzlichen Dank, Herr Dr. Raggette, für diese Prognose für das Wochenendwetter.
    Und wir beginnen unsere Beiträge im Inland.
    Heute Nachmittag wird die monatelange Personaldiskussion innerhalb der ÖVP offiziell beendet.
    Durch die Wahl Josef Rieglers zum neuen ÖVP-Bundesparteiobmann, die im Rahmen des 27.
    Ordentlichen Bundesparteitages, der heute Vormittag in der Wiener Hofburg begonnen hat, über die Bühne gehen wird.
    Neu gewählt werden von den über 600 Delegierten auch drei der sechs Obmann-Stellvertreter.
    Josef Riegl hatte schon vor dem Parteitag gesagt, die ÖVP wolle als geistig führende Kraft in die nächste Legislaturperiode gehen.
    Und deshalb kündigte der ÖVP-Generalsekretär Helmut Kuckatzka auch an, man wolle sich bemühen, auf dem Parteitag Konflikte zu bereinigen.
    Dazu nur die Stichworte Steiermark und Kärnten.
    Man wolle Geschlossenheit zeigen, sowie die Handlungsfähigkeit und Zukunftsorientierung der ÖVP demonstrieren.
    Zehn Jahre lang war Alois Mock Obmann der österreichischen Volkspartei.
    Und er gab heute Vormittag beim Parteitag, der unter dem Motto Aufbruch und Erneuerung steht, einen Rechenschaftsbericht.
    Gisela Hopfmüller und Bettina Reuter berichten.
    Im feierlichen Rahmen der Wiener Hofburg beginnen also in der Früh sich die mehr als 600 Delegierten zu versammeln.
    Es soll ein Parteitag des Wechsels von Obmann-Mock zu Obmann-Regler werden.
    Ein Parteitag, der die Aufarbeitung parteiinterner Spannungen, die wochenlang die ÖVP bestimmt hatten, beenden soll.
    Wir haben vor Beginn einige Delegierte über ihre Erwartungen und Einschätzungen befragt.
    Also ich bin mit dem, wie ich mag, entfernt wurde nicht zufrieden.
    Was hat Sie daran gestört?
    Die Art und Weise, also so geschwind weg.
    Da hätte sie einen anderen Abgang verdient.
    Aber einen Abgang?
    Einen Abgang, doch, ja.
    Für die nächsten Wahlen, also nach meiner Ansicht, wäre es nichts mehr gewesen.
    Welche Stichworte fallen Ihnen denn zum Namen Josef Riegler ein?
    Seriosität, Ruhe.
    Entkoalitionär, sehr sachbezogen und sehr umweltbewusst.
    Und zu all das mag?
    Ein sehr korrekt Arbeiter, sehr ruhig, mit wahnsinnigen Zukunftsplänen und großem Durchsetzungsvermögen.
    Welche Begriffe verbinden Sie denn mit dem Namen Josef Riegler?
    Kontinuität, Ruhe.
    Souveränität in allen Bereichen und vielleicht jene Ausgeglichenheit und jene Person, die wieder die Motivation auch für uns Kleinstfunktionäre bringen wird.
    Ja, wir alle hoffen, dass es wieder aufwärts geht.
    Da wollen ja wir Steirer, wenn man auch immer heißt, das wilde Bergvolk über den Semmering, aber mit einem guten Beispiel vorangehen, allen die Hände reichen,
    für uns Österreich.
    Und da hoffen wir heute, dass es doch einmal zu keinem Streit, sondern zu einer gemeinsamen Lösung kommt.
    Ob jetzt der Obmann, Rieger heißt oder Mock oder sonst wie, es sind alle gute Leute.
    Kurz vor halb elf ziehen dann Mock und Regler gemeinsam in den Festsaal ein.
    Das Motto Aufbruch und Erneuerung prangt riesig hinter dem Parteitagspräsidium.
    Es folgen Begrüßungen durch Mock und Erhard Busseg, der ja als Wiener ÖVP-Chef so etwas wie Hausherr ist.
    Dann der Bericht des scheidenden Obmanns.
    Mit innerer Bewegung ergreife ich das Wort, sagt Mock, weil ihr mir zehn Jahre lang das Vertrauen gegeben habt.
    Sehr ausführlich, dankt Mock allen Mitarbeitern in dieser Zeit.
    Mein politisches Programm war immer der selbstständige Mensch, sagt Mock.
    Mit diesem Leitbild sei es gelungen, eine mitregierende Partei zu werden und das Handlungsprogramm der Regierung weitgehend zu bestimmen.
    Und Mock bilanziert Erfolge.
    Die Privatisierung habe gegriffen, die verstaatlichte Industrie werde umstrukturiert, die größte Steuerreform der Zweiten Republik sei erreicht, neue Formen der Demokratie würden praktiziert, ebenso Umweltpolitik als Beitrag zur Lebensqualität.
    und die Europapolitik sei zur großen Vision des ausgehenden 20.
    Jahrhunderts geworden.
    Trotzdem, meint Mock, wir stehen erst am Anfang der Realisierung einer neuen Gesellschaft.
    Wenn aber der politische Wettbewerb, die parlamentarische Arbeit geprägt seien von AKH, Lukona und Norikumsskandal, wenn der Eindruck entstehe, dass Korrektheit, Anstand und Pflichtgefühl missachtet würden, werde sich der Bürger von der Politik abwenden, gleichgültig wie groß die sachpolitischen Leistungen seien.
    Die ÖVP jedenfalls habe der österreichischen Politik ein neues Profil gegeben, betont Mock.
    Der ethische und religiöse Grundwasserspiegel in der Gesellschaft scheine immer mehr abzusinken, sagt er.
    Die sich daraus ergebende Chance müsse die ÖVP nützen, unter anderem durch eine Politik des umfassenden Lebensschutzes, einer Politik für die Erhaltung der Schöpfung.
    Ohne Moral geht es nicht, unterstreicht Mock.
    Die ÖVP vertrete das Leistungsprinzip.
    Und das stehe nicht im Gegensatz zur Chancengleichheit.
    Es gehe aber um mehr.
    Tüchtigkeit sei wichtig, aber auch Tugend.
    Und?
    Freiheit ist der Motor der Politik.
    Doch benötigen wir immer wieder Autorität.
    Ja, Demokratie braucht Autorität.
    Nicht eine Autorität, die auf eine laute Stimme baut.
    Auf die Angst des Anderen abgestellt ist.
    auf die Abhängigkeit der Mitbürger, der Mitarbeiter setzt, sondern eine Autorität, die auf Einsicht, Festigkeit und Vorbildhaftigkeit aufbaut.
    Svavita in modo, fortita in re, verbindlich in der Vorgangsweise, fest in der Sache, das soll auch unsere zukünftige Devise sein.
    Es folgt dann in der Rede Alois Mox ein Plädoyer für einen neuen Patriotismus.
    Dieser neue Patriotismus verdrängt nicht die dunklen Stunden der Geschichte, sondern weiß, dass wir daraus gelernt haben.
    Dieser neue Patriotismus setzt auf die Vorzüge unserer Mentalität, unserer geistigen, wissenschaftlichen, sozialen und kulturellen Errungenschaften.
    Dieser neue Patriotismus ist geschichtsbewusst,
    Optimismus, optimistisch, versöhnlich, europaorientiert, weltoffen und damit auch zukunftsorientiert.
    Und der scheidende Obmann Mock dann am Ende seiner Rede?
    Tragen wir die Hoffnung, liebe Freunde, die uns heute hier eint, hinaus zu unseren Freunden, zu unseren Mitbürgern, zu unseren Sympathisanten.
    Erheben wir uns
    vom bequemen Stuhl des Zuschauers, den wir allzu oft benutzen.
    Arbeiten wir zusammen!
    Miteinander werden wir es schaffen.
    Starker Applaus am Ende der Rede von Alois Mock.
    Und außerhalb der Tagesordnung meldet sich dann der designierte Obmann Josef Riegler zu Wort, um Alois Mock für dessen Tätigkeit zu danken.
    Riegler würdigt die Erfolge Mocks als Politiker und kommt dann auf die Bürden der Obmannschaft zu sprechen, die Mock genauso kennengelernt habe.
    Gerade die abgelaufenen Wochen waren für uns alle eine schwere Herausforderung.
    Wir können das offen aussprechen, dass wir in der Diskussion über einen Neubeginn eine Krise durchzustehen hatten.
    Und wenn wir heute daran gehen können, miteinander diesen Neubeginn zu gestalten, dann haben wir dir, lieber Alois Mock, dafür sehr viel zu danken.
    Das sind einige der Überlegungen, die uns bewogen haben, Alois Mock zum Ehrenobmann der österreichischen Volkspartei vorzuschlagen.
    Ich tue dies und ich bitte Sie per Akklamation um Ihre Zustimmung.
    Der so per Applaus zum Ehrenobmann gewählte Alois Mock geht dann noch einmal ans Rednerpult.
    Die Ehrenobmannschaft zu übernehmen sei für ihn nicht nur eine Frage der Höflichkeit, sagt Mock, sondern auch eine Verpflichtung, den neuen Obmann aktiv zu unterstützen.
    Und dann quasi der persönliche Wahlvorschlag Mocks.
    Der Bundesparteitag, liebe Freunde, wird heute Joschi Riegler zum neuen Bundesparteiobmann wählen.
    Ein Mann mit reicher politischer Erfahrung.
    Ein Mann mit Sensibilität für das Neue, mit der Toleranz und der Kraft zur Führung der österreichischen Volkspartei.
    Das eine oder das andere dieser Eigenschaften mag sich auch bei anderen Personen finden.
    Aber was besonders zählt, Riegler ist ein Mann mit Charakter.
    Er hat nicht nur
    ein Anrecht oder kann rechnen damit, in der Stunde des Erfolges unsere Zustimmung und einen Applaus zu finden, sondern er hat einen moralischen Anspruch, die ganze Zeit seine Amtsführung, und besonders dann, wenn es Schwierigkeiten gibt, auf aktiven Anspruch und Unterstützung eines jeden Mitglieds der österreichischen Volkspartei.
    Und mit einem großen Blumenstrauß bedankt sich die Partei schließlich bei ihrem scheidenden Obmann.
    Die Wahlen werden wie gesagt am Nachmittag stattfinden.
    Wir geben jetzt zurück ans Studio.
    Vom Bundesparteitag der ÖVP, bei dem es am Nachmittag zum Wechsel an der Parteispitze von Mock zu Riegler kommen wird, berichteten Bettina Reuter und Gisela Hopfmüller.
    Vier Minuten nach Viertel eins, wir bleiben im Inland.
    Wenn am kommenden Montag der Lukona-Untersuchungsausschuss seine Ermittlungstätigkeit wieder aufnimmt, dann soll damit inhaltlich neues Gebiet betreten werden.
    Die Untersuchung soll sich ab jetzt nämlich auf den gesamten Bereich des Bundesheeres im Zusammenhang mit der Lukona konzentrieren.
    Da gibt es ja zwei Themenkomplexe, die interessieren, nämlich einerseits die Überlassung von ausgedientem Heeresmaterial an den Brokschverein Zivil und Militär und Sprengstoffversuche von Broksch in Zusammenarbeit mit dem Heer bzw.
    möglicherweise die Überlassung von Sprengstoff an Udo Broksch.
    Der Grün-Abgeordnete Peter Pilz äußerte heute aber die Befürchtung, dass dieser Komplex vom Ausschuss möglicherweise derzeit nicht behandelt werden könnte, weil Unterlagen fehlen und weil wichtige Zeugen überraschend im Krankenhaus sind.
    Franzin Bürger.
    Gleich mehrere Hindernisse für die weitere Arbeit des Lukone-Untersuchungsausschusses befürchtet der grüne Abgeordnete Peter Pilz.
    Zum einen sind sowohl der seinerzeitige Chef des Truppenübungsplatzes Hochfilzen, Oberst Kaltner, als auch seit einigen Tagen Major Johann Edelmeier im Spital.
    Edelmeier ist jener Bundesheeroffizier, der seinerzeit Sprengstoffversuche für Udo Proksch veranstaltet hat.
    Und gerade bei ihm äußert Pilz hörbar Zweifel, ob Edelmayr ausgerechnet jetzt ins Spital musste, wo er doch am kommenden Dienstag vor dem Lukone-Ausschuss aussagen sollte.
    Edelmayr unterzieht sich laut Pilz einer Knieoperation, die, wie Pilz von Chirurgen erfahren haben will, üblicherweise nicht dringend sei.
    Wir werden uns den Grund für den Spitalsaufenthalt Edelmayrs genau ansehen, sagt Pilz.
    Zum Zweiten hat der Lukone-Untersuchungsausschuss bereits vor einiger Zeit
    eine ganze Reihe von Akten vom Verteidigungsministerium angefordert.
    Wir haben angefordert die Akten über den Tod von Lütgendorf.
    Wir haben angefordert die Information des Generaltruppeninspektors an den Bundesminister, die dieser am 22.
    März 1988 verlangt hat und die inzwischen vom Generaltruppeninspektor abgeliefert worden ist.
    Eine große ressortinterne Untersuchung.
    Wir haben den kompletten Heeresnachrichtenamt-Akt angefordert.
    Wir haben nichts davon bekommen.
    Das einzige, was wir heute haben, ist ein offensichtlich neu zusammengestellter und möglicherweise gesäuberter Akt des Heeresnachrichtenamtes.
    sonst überhaupt nichts.
    Und so etwas sei dem Ausschuss noch nie passiert, beklagt Peter Pilz.
    Aus den drei anderen betroffenen Ressorts, nämlich Justiz, Innen- und Außenministerium, seien auf Anforderung des Ausschusses im Wesentlichen die Lucona-Unterlagen komplett überstellt worden.
    Aus dem Verteidigungsministerium nicht, sagt Pilz.
    Das ist alles vom gesamten Ausschuss mit Beschluss angefordert worden.
    Und nur im Verteidigungsministerium müssen wir jedem einzelnen Aktenstück hinten nachlaufen und müssen wir offensichtlich dem Verteidigungsminister Stück für Stück beweisen, dass da noch ein Akt ist, dass dort noch ein Akt ist.
    Das ist einfach eine völlig unmögliche Vorgangsweise.
    Es sei nicht klar, ob der Lukone-Untersuchungsausschuss irgendwelche Zwangsmaßnahmen zur Beischaffung von Akten habe, meint Pilz.
    Aber bieten lassen könne er sich diese Vorgangsweise nicht.
    Was nun weiter geschehen soll, das wollen die Grünen in der nächsten Lukone-Ausschusssitzung am kommenden Montag in einer Geschäftsordnungsdebatte klären.
    Die Grünen vermuten also, dass die Lukone-Ermittlungen des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses zum Teil blockiert werden, Franz Simbürger berichtete vor einer Pressekonferenz des Grün-Abgeordneten Peter Pilz.
    Sie haben es vermutlich schon in den Nachrichten gehört.
    Auf der Wiener Flughafenautobahn ist heute früh ein Bombenanschlag verübt worden.
    Der Sprengsatz hinterließ einen vier Meter breiten Krater am Rand der Fahrbahn.
    Zwei vorbeifahrende Autos wurden beschädigt.
    Über die Hintergründe des Anschlages herrscht derzeit Unklarheit.
    Neres von Paul Tesarek vom Landesstudio Wien.
    Genau um 8.29 Uhr detonierte die Bombe am Rande der Fahrbahn Richtung Wien, unmittelbar neben der Freudenauer Galopprennbahn.
    Der Sprengsatz, eine Propangasflasche mit selbst gebasteltem Sprengstoff, wurde über Funk gezündet.
    Er riss ein etwa 4 Meter breites Loch in den Abhang neben der Autobahn.
    Die Leitschiene wurde stark aufgebogen, ein Lichtmast in unmittelbarer Nähe, blieb hingegen nahezu unbeschädigt.
    Nur die Lampe, in 11 Meter Höhe, wurde offenbar durch einen Stein zertrümmert.
    Die übrigen Trümmer wurden in einem Umkreis von etwa 200 Metern gefunden.
    Es scheint also einem glücklichen Zufall zu verdanken zu sein, dass nur drei Autos beschädigt wurden.
    Ein PKW und zwei LKW, die gerade vorbeikamen, wurden von der Druckwelle erfasst und in die Höhe gehoben.
    Verletzt wurde dabei niemand.
    Bekennerbriefe oder Aussagen von Augenzeugen liegen bisher nicht vor.
    Auf die Hintergründe des Anschlages und die Täter gibt es daher nach Angaben der Exekutive bisher keinerlei Hinweise.
    Paul Tesarek vom Landesstudio Wien hat berichtet und sechs Minuten vor halb eins kommen wir jetzt ins Ausland.
    Vor einem Monat begannen sie.
    Die Studentenproteste in China und die schon zu Beginn dieser Proteste erhobenen Forderungen nach mehr Freiheit, mehr Demokratie und gegen Korruption wurden in den nun zu Massenprotesten gewordenen Studentenaufstand noch ergänzt um die Rücktrittsforderung, gerichtet an den 85-jährigen starken Mann Chinas Tang Xiaoping.
    In den letzten Tagen demonstrierten Millionen Menschen aus allen Berufs- und Altersschichten auf dem Platz des himmlischen Friedens in Peking.
    Aber auch in einigen Provinzstädten unterstützten Hunderttausende den Aufstand gegen das herrschende System.
    Gestern endete der als historisch bezeichnete Besuch des sowjetischen Staats- und Parteichefs Gorbatschow in China, der erste Besuch eines sowjetischen Staatschefs im ebenfalls kommunistischen China seit 30 Jahren.
    Und Gorbatschow war sicherlich so etwas wie eine Symbolfigur für die Demonstrierenden, Symbol für die Änderungsfähigkeit eines Systems.
    In Peking ist es jetzt frühe Abend und die Frage an unseren China-Sonderkorrespondenten Helmut Opletal stimmen Meldungen, wonach die Massenproteste abgeebbt seien.
    Wie ist die aktuelle Lage derzeit in Peking?
    Ja, ich war am Nachmittag auf dem Kenan-Mem-Platz im Zentrum der Stadt und es ist aufgefallen, dass heute zumindest wesentlich weniger Leute demonstriert haben als in den letzten beiden Tagen, aber es waren auch heute wieder zumindest einige Zehntausend, wenn nicht mehr als Hunderttausend.
    Aber man hat den Eindruck, dass die Protestbewegung an sich nicht abgeebbt ist, sondern es scheint vielmehr ein Tag des Abwartens zu sein, wo man einmal
    sehen will, wie sich die politische Führung entscheidet, welche Stellungnahmen sie abgibt.
    Gestern tauchten Gerüchte auf, wonach der kleine starke Mann Chinas Deng Xiaoping zurückgetreten sei.
    Das war ja eine Forderung der Demonstrierenden, die Hauptforderung mittlerweile.
    Ist es beim Gerücht eigentlich geblieben oder gibt es wirklich Anzeichen für einen Rückzug Dengs?
    Nein, es gibt keine solche Anzeichen.
    Ich glaube, dieses Gerücht hat sich als falsch
    herausgestellt.
    Auch auf dem Platz glaubt niemand mehr, dass das passiert ist.
    Es gibt weder in den chinesischen Nachrichtensendungen noch im
    Fernsehen, noch in den Zeitungen irgendwelche Hinweise, dass das passiert ist.
    Aber auch heute wieder waren viele Transparente zu sehen, die die Absetzung, den Rückzug von Deng Xiaoping aus der Politik gefordert hat.
    Diese Transparente sind eigentlich erst in den letzten zwei Tagen aufgetaucht.
    Vorher war die Person von Deng irgendwie tabu und man hat das höchstens indirekt durch symbolische Anspielungen gefordert.
    Wie kann es in China jetzt eigentlich politisch, innenpolitisch weitergehen?
    Ist es überhaupt realistisch anzunehmen, dass Deng Xiaoping zurücktritt?
    Hat die Führung Chinas überhaupt die Macht, ihn dazu zu zwingen oder zu überreden?
    Deng heißt ja vermutlich nicht umsonst der starke Mann.
    Ja, wahrscheinlich, wenn er das nicht von sich aus tut, glaube ich kaum, dass es passieren wird.
    Und wie gesagt, dafür gibt es bis jetzt keine Anzeichen.
    Aber es ist doch offensichtlich der einzige Weg,
    der hier relativ rasch diese Unruhen besänftigen könnte, der die Forderungen, die Hauptforderung erfüllen könnte.
    Sonst weiß man im Augenblick nicht recht, wie es weitergehen soll, denn eine Hinhaltetaktik, die man ja wie die Studentenbewegung begonnen hat, zunächst einmal versucht hat von Seiten der Führung,
    dürfte kaum mehr erfolgreich sein.
    Dazu hat sich diese Protestbewegung schon zu sehr zu einer Bürgerbewegung ausgeweitet, die quer durch alle Bereiche der Bevölkerung geht.
    Und dann bleibt eigentlich der Führung als Alternative nur mehr ein hartes Durchgreifen.
    Also sie könnte versuchen, den Platz in Peking zu räumen, militär einzusetzen.
    Auch da gibt es in der Zwischenzeit schon
    eine Reihe von Berichten, dass sich Militäreinheiten weigern sollen, gegen die Studenten eingesetzt zu werden, gegen die Studenten vorzugehen.
    Es zirkuliert hier in Peking ein Brief der 38.
    Armee mit 108 Unterschriften von Offizieren, die ausdrücklich sagen, sie wollen nicht gegen die Studenten eingesetzt werden.
    Der offensichtlich innenpolitische Zwist auch in der chinesischen Führung wird ja unter anderem dadurch dokumentiert, dass zum Beispiel Ministerpräsident Li Peng vor Studentenvertretern sagte, ganz China sei im Chaos und in Peking herrsche bereits die Anarchie.
    Der Parteichef Zhao Ziyang wiederum soll bei einem Gespräch mit den Studenten in den heutigen frühen Morgenstunden ihnen zugesagt haben, ihre Forderungen werden erfüllt, aber eben nicht von heute auf morgen.
    Gibt es Anzeichen für diesen innenpolitischen Zwist?
    Diesen innenpolitischen Zwist gibt es ganz bestimmt.
    Das war auch heute früh bei diesem Treffen des Parteichefs und des Ministerpräsidenten mit den hungerstreikenden Studenten auf dem Tiananmen-Platz.
    Ziemlich eindeutig zu sehen.
    Zhao Ziyang, der als Vertreter des liberalen Flügels in der Partei gibt, wurde mit Applaus bedacht.
    Li Peng stand die meiste Zeit mit eiserner Mine dort und sagte fast kein Wort.
    Und tatsächlich sind die Studenten auf dem Platz heute gespaltener Meinung.
    wie sie diesen Versuch des Kontaktes, des Dialoges von der Parteiführung beurteilen sollen.
    Ein Teil der Studenten hat sich positiv dazu geäußert.
    Es war ja eine der Forderungen, dass die Parteiführung überhaupt mit ihnen spricht.
    Ein anderer Teil verlangt weiter, dass die beiden Minimalforderungen, die auch gestern ein Studentenführer im Fernsehen formuliert hat,
    verwirklicht werden, nämlich dass ein auch in den Medien direkt übertragener Dialog der Führung mit den selbst gewählten Studentenvertretern zu diesen politischen Kernfragen der Demokratisierung, der Liberalisierung, um die es geht, durchgeführt wird.
    Und die zweite Forderung ist eine formelle Entschuldigung der
    Parteiführung und des Parteiorgans Volkszeitung für einen Leitartikel Ende April, in dem die Studentenbewegung als handvoll Anarchisten denunziert worden ist, die das Land ins Chaos treiben will.
    Und das ist den Studenten deswegen so wichtig, weil dieser Leitartikel in der Zeitung eigentlich aus der Feder genau jenes Mannes stammte, um den es geht.
    Das waren nämlich Auszüge aus einer Rede, die Deng Xiaoping auf einer Parteiführungssitzung gehalten hatte und der selbst
    diese harte Verurteilung der Studentenbewegung betrieben hat.
    Nehmen Sie an, dass diese Proteste sicherlich noch länger weitergehen werden?
    Ja, im Moment sieht es nicht so aus, als ob das sehr schnell aufhören könnte.
    Es gibt eigentlich für die Führung eine Reihe von Gefahren, die darin liegen, dass das jetzt nicht rasch beendet wird.
    Das eine wäre natürlich, wenn es hier zu Gewalttätigkeiten kommen würde, zu Plünderungen, gewaltsamen Ausschreitungen bei Demonstrationen.
    Es hat in zwei Provinzstädten heute übrigens solche gewaltsamen Ausschreitungen gegeben.
    In Xining im Landesinneren und in Guiyang in der Provinz Guizhou, wo Autos umgestürzt wurden und Geschäfte geplündert wurden und dann Polizei gegen die Demonstranten eingesetzt werden musste.
    Das könnte natürlich dazu führen, dass sich die Konfrontationen verschärfen.
    In Peking ist es bis jetzt friedlich verlaufen.
    Auch hat es noch keinen Streikaufruf an die Arbeiter gegeben.
    Aber heute zirkulierten zum Beispiel in Peking Flugblätter, die davon sprachen, dass wenn gewisse Forderungen bis heute Mitternacht nicht erfüllt sind,
    ein solcher Generalstreik morgen beginnen soll.
    Das ist wahrscheinlich nur von einer Gruppe der Arbeiter gemacht.
    Also man weiß nicht, ob das wirklich dazu kommen könnte.
    Aber trotzdem, diese Drohung steht im Hintergrund.
    Und dann natürlich ist die Frage, was mit den hungerstreikenden Studenten passiert.
    Es sind immer noch einige Tausend auf dem Tiananmen-Platz.
    2000 sind schon in Spitäler eingeliefert worden.
    Der Gesundheitszustand von vielen verschlechtert sich von Stunde
    zu Stunde und wenn es hier zu einer Katastrophe kommt, könnte natürlich ein solcher Funke erst recht eine Explosion auslösen.
    Danke Helmut Opletal in Peking.
    Unser nächster Bericht kommt aus jenem Land, das einigen Chinesen durch die Reformbestrebungen Gorbatschows zum Vorbild wurde, in die Sowjetunion.
    Gorbatschow selbst sieht sich seit gestern mit einer neuen Facette des Problems Macht der Zentralregierung in Moskau bzw.
    der Teilrepubliken konfrontiert.
    Die Autonomiebestrebungen einiger Sowjetrepubliken haben sich zum Teil schon in beschlossenen Verfassungsänderungen dokumentiert.
    Die Republiken Estland und Lettland sind gestern noch einen großen Schritt weitergegangen.
    Sie haben nämlich Gesetze beschlossen, die ihnen weit mehr wirtschaftliche Unabhängigkeit gewähren sollen, als es der Führung in Moskau lieb ist.
    Und die gestrigen Beschlüsse unterlaufen auch Empfehlungen einer eigens eingesetzten Kommission, die prüfen sollte, wie viel Freiheit den 15 Sowjetrepubliken gegenüber Moskau eingeräumt werden sollte.
    Über diese Beschlüsse haben übrigens die offiziellen Moskauer Medien noch nicht berichtet, die Sowjetbürger wissen also noch nichts davon.
    Sie schon, denn aus Moskau berichtet Raimund Löw.
    Noch im vergangenen Herbst hat es einen Aufruhr gegeben, als der estnische oberste Sowjet ein Vetorecht über jedes in Moskau erlassene Gesetz beschloss.
    Gorbatschow, der Staatspräsident, hielt den Estlern eine Strafpredigt und das Präsidium des obersten Sowjets erklärte die Entscheidung für verfassungswidrig.
    Doch gegenüber den Beschlüssen, die jetzt die Parlamente Litauens und wiederum Estlands verabschiedet haben, erscheint die damalige Vorgangsweise richtige Entsaghaft.
    In Vilnius, der litauischen Hauptstadt, haben die Abgeordneten eine Proklamation der staatlichen Souveränität erlassen, die genau nach estnischem Beispiel das Primat der litauischen Gesetzgebung über jenes der Sowjetunion verfügt.
    Eine eigene litauische Staatsbürgerschaft wurde eingeführt.
    Grund und Boden, Wälder und Gewässer, Bodenschätze sowie sonstige natürliche Reichtümer sind nach einem neuen Paragrafen der litauischen Republiksverfassung jetzt Eigentum der litauischen Sowjetrepublik und nicht mehr der Sowjetunion insgesamt, wie es in der Verfassung der UdSSR steht.
    Nach Monaten der eher gespannten Beziehungen zwischen Staats- und Parteiführung in Litauen und der nationalistischen Sayudis-Bewegung
    war gestern ein Tag der nationalen Begeisterung.
    Als die Sitzung des obersten Sowjets zu Ende war, gingen die Menschen unter den alten Fahnen des selbstständigen Litauens auf die Straße.
    Es wurde gefeiert.
    Denn das oberste Parlament der Republik hatte ein Tabu gebrochen und jetzt auch ganz offiziell das geheime Zusatzprotokoll des Hitler-Stalin-Paktes aus dem Jahr 1939 angeprangert, das ein Jahr später, 1940, zum Anschluss des Baltikums an die Sowjetunion geführt hat.
    Bis jetzt bestreiten die offiziellen sowjetischen Stellen überhaupt die Existenz dieses Dokuments.
    Und wie in alten Zeiten ist noch immer von einem freiwilligen Eintritt der baltischen Staaten in die Sowjetunion die Rede.
    Eine Geschichtslüge, der Litauen und Esten jetzt ganz offiziell entgegenhalten, was die Bürger der baltischen Staaten schon seit jeher empfinden.
    Ihre Staaten sind, so der Text wörtlich, 1940 gewaltsam und in illegaler Weise von der Sowjetunion annektiert worden.
    Der oberste Sowjet-Litauns sieht einen Ausweg aus der gegenwärtigen Situation nur in der Wiederherstellung der staatlichen Souveränität, die nur unter Bedingungen der freien Selbstbestimmung geschaffen werden kann."
    Ende des Zitats.
    Der zur gleiche Zeit in Talen tagende estnische oberste Sowjet beschloss eine ähnliche Erklärung zum Thema Hitler-Stalin-Pakt.
    Moskau steht jetzt in dieser für das historische Selbstbewusstsein der Sowjetunion so entscheidenden Frage einer gemeinsamen Front der baltischen Staaten gegenüber.
    Die Esten, die sich nach dem Donnerwetter aus Moskau vom vergangenen Herbst einige Zeit zurückgehalten haben, brechen diesmal in einer anderen, nicht weniger entscheidenden Frage vor, in der Bestrebung nach wirtschaftlicher Selbstständigkeit.
    Einstimmig beschlossen die Abgeordneten in Tallinn die Einführung einer eigenen estnischen Währung, gültig ab dem 01.01.1990.
    Mit Rubeln wird man dann, zumindest nach dem Willen der Deputierten in Tallinn, in Estland nichts mehr kaufen können.
    Reisende aus Moskau sollen ihre Rubel in die neue Währung wechseln müssen, für die man auch schon einen Namen gefunden hat, den KORUS.
    Die eigene estnische Währung ist das Kernstück eines ganzen Bündels radikaler Maßnahmen, mit denen Estland sich von den Wirtschaftsentscheidungen Moskaus abkoppeln will.
    Wir wollen souverän sein, sagte der estnische Ministerpräsident, unsere Wirtschaft selbst unter Kontrolle haben und mit den anderen Sowjetrepubliken ebenso wie mit dem Ausland vorteilhafte
    Aus Moskau berichtete Raimund Löw.
    Nächstes Thema Wirtschaft und damit in unser Nachbarland Bundesrepublik Deutschland.
    Als größtes Gangsterstück der Nachkriegsgeschichte bezeichnete gestern ein Aktionär der Coop AG Frankfurt die Vorgänge rund um diesen Handelskonzern.
    Gegen den ehemaligen Vorstandschef des Konzerns, Bernd Otto, aber auch gegen seine ehemaligen Vorstandskollegen und gegen Aufsichtsräte laufen Ermittlungsverfahren wegen Bilanzfälschung und Veruntreuung.
    Der Verlust des in Milliardenhöhe verschuldeten, angeschlagenen Konzerns wird für das Vorjahr auf mindestens 100 Millionen Deutsche Mark geschätzt.
    Während in der jüngsten Ausgabe der Zeitschrift der Spiegel Otto vorgeworfen wird, er habe Millionen von D-Mark in dunkle Kanäle verschwinden lassen, beschuldigt der ehemalige Vorstandsdirektor die Banken.
    Diese wollten sich auf Kosten von Coop sanieren, sagt Otto.
    Gestern fand nun eine außerordentliche Aktionärsversammlung statt.
    Ein Bericht von Kurt Rammersdorfer.
    Die Wut vieler Kleinaktionäre mehr noch, aber die Enttäuschung war bei der gestrigen außerordentlichen Hauptversammlung von Coop nicht zu überhören.
    Ein Geschädigter bringt es auf den Punkt.
    Wir müssen doch eins feststellen.
    Wir sind alle in einem unwahrscheinlichen Ausmaß belogen und betrogen worden.
    Und ich nehme mich da nicht aus.
    Ich bin auf all das reingefallen, was hier gesagt worden ist.
    Aber nicht nur viele Kleinaktionäre fielen um ihre sauer verdienten Sparkroschen um.
    Auch die deutsche Bankenwelt, die den Handelsriesen hochgepäppelt und finanziell lange Zeit über Wasser gehalten hat, schaut kräftig durch die Finger.
    Auf rund sechs Milliarden Schilling haben die Banken vorläufig verzichtet.
    Nur so war es möglich, die drohende Pleite gerade noch abzuwenden.
    Vor Weihnachten war die Lage schon so trist gewesen, dass nicht einmal die Weihnachtsgelder für die knapp 50.000 Beschäftigten bezahlt werden konnten.
    Kein Ruhmesblatt für die deutschen Gewerkschaften, denn sie waren bis Ende 85 Hauptaktionär bei Coop.
    Auch der mittlerweile fristlos entlassene Vorstandschef Bernd Otto kam aus dem Einflussbereich der Gewerkschaft.
    Otto eine schillernde Figur, die es trefflich verstand, sich innerhalb des DGB hochzuturnen.
    Er brachte es vom einfachen Färber zum Vorstandsvorsitzenden bei Coop.
    Er tauschte die Arbeitskluft mit dem Nadelstreif.
    Seit 1980 war Otto der Boss und er verstand es vorzüglich, einen Handelskoloss auf die Beine zu stellen, der sich vordergründig sehen lassen konnte.
    Die Koop schluckte mehr als 100 ehemalige Konsumgenossenschaften.
    Trotzdem, es blieb ein Koloss auf tönernen Beinen, der gewaltige Verluste ansammelte.
    Otto und seine Vorstandskollegen wussten dies jedoch bestens zu verschleiern.
    Ein Geflecht von 300 in- und ausländischen Firmen wurde gebildet, die Unternehmen wurden ineinander verschachtelt, die Sache war einfach nicht mehr zu durchschauen.
    Außer von Otto und seinen inzwischen ebenfalls geschassten Kollegen.
    Die Aufsichtsräte wurden bei Laune gehalten, sei es durch Lustreisen nach Fernost oder durch diverse Zuwendungen in Millionenhöhe.
    Otto und seine Kumpanen strebten die Alleinherrschaft an, ein Ziel, das nicht ganz erreicht wurde.
    Denn letzten Herbst flog alles auf, der Skandal war perfekt.
    Denn Otto und seine Helferselfer dürften sich auch selber nicht so knapp an der Koop-Kasse bedient haben.
    Ein Skandal, der die Dimensionen der Neu-Heimat-Affäre wohl übertrifft.
    Und es gibt sogar eine Querverbindung.
    Denn oberster Kontrollor bei Coop war niemand geringer als der wegen der neuen Heimataffäre gefeuerte Gewerkschaftsboss Alfons Lappers.
    Sowohl gegen ihn als auch gegen Otto und seine früheren Vorstandskollegen ermittelt jetzt die Staatsanwaltschaft.
    Eine Tatsache, die Otto relativ kalt lässt.
    Denn er sitzt im warmen Südafrika, wo es ihm offensichtlich finanziell an nichts mangelt.
    für den neuen Aufsichtsratspräsidenten der Koop.
    Denn früheren Wirtschaftsminister Hans Friedrichs gilt es jetzt, eine traurige Bilanz zu ziehen.
    Zusammengebrochen ist eine große Illusion.
    Die Illusion eines expansiven, stabilen, rentablen und solide geführten Unternehmens.
    Zerrissen ist ein feingesponnenes,
    Aus meiner subjektiven Sicht Tarn- und Täuschungsnetz nationaler und internationaler Gesellschaften und gesellschaftsrechtlicher Beziehungen.
    Die Sanierung von Coop wird noch mindestens fünf Jahre dauern, denn im abgelaufenen Jahr muss der Handelsriese einen Verlust von mehr als einer Milliarde Schilling verbuchen.
    Es könnte auch noch mehr werden, denn derzeit ist es kaum möglich, eine endgültige Bilanz zu ziehen.
    Das Wirrwarr in den Büchern ist einfach zu groß.
    Die Zukunft von Coop hängt letztlich am Wohlwollen der deutschen Banken.
    Wenn sie mitspielen, wird Coop überleben.
    Wenn nicht, ist der Handelsriese wohl kaum mehr zu retten.
    Kurt Ramosdorfer hat berichtet.
    Die Ultraviolettstrahlen über der Antarktis haben um bis zu 1000% zugenommen.
    Die Eismassen beginnen zu schmelzen.
    Wissenschaftler warnen vor Gesundheitsschäden und Klimaveränderungen.
    Das sind kurz gefasst die Ergebnisse von Forschungsarbeiten chilenischer Wissenschaftler in der Antarktis.
    Und die Auswirkungen der löchrigen Ozonschicht auf Menschen ist nicht nur in der Antarktis selbst zu verspüren.
    Aus Australien wird eine deutliche Zunahme von Hautkrebserkrankungen auf das Ozonloch zurückgeführt.
    Und deshalb war es auch kein Zufall, dass 200 Mediziner aus fünf Kontinenten in Hobart, in Australien, die erste internationale Konferenz über gesundheitsschädliche Auswirkungen des Ozonlochs abhielten, Dieter Hintze informiert.
    Only mad docs and Englishmen go out in the midday sun.
    Nur verrückte Hunde und Engländer gehen in den Mittagssonne raus.
    Dieser Titel des alten Liedes von Noel Carle gilt in Zukunft noch mehr als bisher, wenn sich die Australier die Empfehlungen eines Wissenschaftlerkongresses in Hobart, der Hauptstadt der Insel Tasmanien, zum Thema Ozonschicht und Gesundheit zu Herzen nehmen.
    Hobart war für den Kongress auch deshalb ausgesucht worden, weil die zugewanderten Europäer in Australien schon heute sechsmal so häufig
    von den Hauptkrebsarten Basis-Zellkarzinoma und den meist tödlichen Melanoma befallen werden wie in Europa.
    Auf Tasmanien ist die Hauptkrebsanfälligkeit noch einmal doppelt so hoch wie im restlichen Australien und das obwohl es der Antarktis näher liegt als dem Äquator.
    Ob das auch an der im Durchschnitt älteren Bevölkerung Tasmaniens oder bereits an den Auswirkungen des Ozonloches über der Antarktis liegt,
    Dazu legten sich die Wissenschaftler aber noch nicht fest.
    Tatsache ist jedoch, dass über der Stadt Holbart im gerade zu Ende gegangenen Sommer die Ozonschicht mit 275 Dobson-Einheiten um 10% dünner, aber die UVB-Einstrahlung schon um 20% stärker war als vor 10 Jahren, als damals noch 310 Dobson-Units Ozonschicht gemessen worden waren.
    Als einzig wirksame Empfehlung gegen die weiter zunehmende Hautkrebshäufigkeit wusste Professor Terry Dwyer von der Sydneyer Menzies Stiftung die Australien nur zu warnen und ich zitiere ihn hier wörtlich.
    Bleibt zukünftig in der Zeit des höchsten Sonnenstandes im Hause und bewegt euch auch sonst nur in ärmelanger und fußlanger Kleidung und gut behütet in der Sonne.
    Ende des Zitats.
    Selbst das Bestreichen der Haut mit Sonnencremes mit dem Schutzfaktor 15 plus
    sei keine Versicherung gegen Hautkrebs, obwohl die Creme erwiesenermaßen vor Sonnenbrand schützt.
    Professor Margit Kreupke von der Texas University wies nach, dass die steigende UVB-Strahlung wegen der Zerstörung des Ozonschutzschildes in der Atmosphäre zu einer deutlichen Schwächung des Immunsystems beim Menschen führt, weshalb zukünftig Infektionskrankheiten einschließlich Aids wesentlich schlimmere Verläufe nehmen können.
    Und der Meeresbiologe Dr. William Wood trug seine Theorie vor, dass mit dem Abbau des Ozonschildes und der verstärkt auf die Erde einfallenden UV-Strahlen auch die Meeresalgen in den riesigen Wasserflächen des Südpolarmeeres zerstört und mit ihnen die gesamte Meeresnahrungskette mit nicht abzusehenden Schäden für Fische, Wale, Robben und Pinguinherden und schließlich natürlich auch den Menschen zu erwischen.
    Bedrohliche Meldungen also aus Australien über die Auswirkungen des Ozonlochs, die der Hinze hat, berichtet.
    Dreiviertel eins ist es jetzt.
    Wie Sie schon in den Nachrichten gehört haben, hat das österreichische Statistische Zentralamt heute die Steigerungsrate des Verbraucherpreisindex für den April dieses Jahres veröffentlicht.
    Hans Adler berichtet Näheres und vergleicht mit den wichtigsten Handelspartnern.
    In den 2,4% Steigerung des Verbraucherpreisindex ist die Rechnung für die drei Treibstoffpreissteigerungen enthalten, mit denen die Mineralölindustrie heuer das Frühjahr eingeläutet hat.
    Erklärterweise enthielten diese Preissteigerungen, die inzwischen zum Teil wieder rückgängig gemacht wurden, neben den Auswirkungen des Tankerunglicks in Alaska auch einen gemessenen Anteil Dollarkurssteigerung.
    Und diese Dollarkurssteigerung scheint vorerst noch nicht vorbei, auch wenn sie bisher noch nicht allzu heftig ausgefallen ist.
    Für uns ist dabei bedeutsam, dass die Nationalbank den Schilling an die Mark koppelt.
    Zwischen Mark und Dollar herrschen aber derzeit etwas untypische Verhältnisse.
    Es gibt ein deutliches Abwandern von Geld aus der Mark in den Dollar, das man in Deutschland mit der neuen Quellensteuer und mit der nicht gerade glücklich laufenden Abrüstungsdebatte zwischen den Deutschen und ihren NATO-Partnern in Zusammenhang bringt.
    Das heißt,
    Wenn sich der Schilling in seinem Kurs deutlich an die Mark hängt und das Duter, die Kursentwicklung, zeigt es, dann werden wir vielleicht auch den einen oder anderen Prozentpunkt Inflation zusätzlich in Kauf nehmen müssen.
    Allzu ernst sehen aber offensichtlich auch die deutschen Währungshüter die Situation nicht, denn sonst hätte die Deutsche Notenbank in ihrer gestrigen Sitzung sicherlich an der Zinsenschraube gedreht.
    Mit höheren deutschen Zinsen hätte man ja versuchen können, die Geldwanderung aus der Mark in den Dollar umzukehren.
    weil hohe Zinsen nun einmal ein Anreiz für die sehr beweglichen Großanleger sind.
    Man hat es nicht getan.
    Vielleicht auch, um zu sagen, das haben wir gar nicht notwendig, die Amerikaner können sowieso nicht endlos einer Dollarkurssteigerung zusehen, sonst nehmen bei ihnen die Importe zu und dann ade, du schöne Handelsbilanz.
    Innerösterreichisch sind neben dem Treibstoff im vergangenen April vor allem die Äpfel teurer geworden.
    Daher haben die Saisonwaren diesmal nur wenig zu einer besseren Optik der Preisentwicklung in Österreich beigetragen.
    Wirklich dämpfend haben dagegen die niedrigeren Zwischensaisonpreise im Fremdenverkehr gewirkt.
    Das ist aber sicherlich eine nur vorübergehende Erscheinung.
    Daher hängt auch großteils von den vorhin erwähnten Entwicklungen zwischen Deutschland und Amerika ab, ob sich die Inflationsrate in Österreich heuer an die niedrigen Prophezeiungen der Wirtschaftsforscher halten wird oder nicht.
    Jedenfalls haben wir im April mit unseren 2,4% Preissteigerung einen vermutlich noch nie dagewesenen zweiten Platz in Westeuropa hinter Holland und noch vor der Schweiz, Deutschland und Frankreich erreicht.
    Und nach diesem Bericht von Hans Adler und noch vor dem Kulturbeitrag im Mittagsjournal ein Hinweis auf das Radioprogramm von heute Abend.
    Heute kommt Arnulf Baring zu Wort, einer der bekanntesten deutschen Publizisten.
    Der Professor für Zeitgeschichte und internationale Beziehungen an der Freien Universität Berlin ist spätestens seit seinem Bestseller Machtwechsel über die Ära Brandtschel für politisch Interessierte ein Begriff.
    In einem neuen Buch befasst sich Baring nun mit der Lage Deutschlands zwischen Ost und West.
    Er kommt zur Auffassung, dass ein in einem Nationalstaat wiedervereinigtes Deutschland politisch nicht wünschenswert ist.
    Wenn es uns gelänge, etwa jetzt durch die Gorbatschow-Lockerungsanstrengungen in Osteuropa, der DDR, aber eben nicht nur der DDR, sondern auch anderen osteuropäischen Staaten, mitteleuropäischen Staaten, den Status Österreichs zu verschaffen, dann wäre das Wesentliche geleistet, so wie es zwischen der Bundesrepublik und Österreich keine ernsthaften Spannungen gibt.
    und die Frage einer Vereinigung eher auf beiden Seiten Herzklopfen und Befürchtungen als Hoffnung erwecken würde, wäre es ja auch mit der DDR, wenn die DDR eben ein freies Land sein könnte.
    Ich glaube also, dass alle gut beraten sind, wenn sie die Veränderungen, die wir erhoffen,
    im Rahmen der gegenwärtigen Grenzen erwarten.
    Sobald jemand in Europa oder anderswo in der Welt Grenzen verschieben möchte, ändern möchte, aufheben möchte, gibt es, glaube ich, eine instinktive Abneigung aller Beteiligten, außerhalb dieser vielleicht unmittelbar Beteiligten, aber auch bei denen selbst, sich dagegen zu sträuben und zu sagen, was mag das an neuen Problemen geben.
    Arnulf Baring, heute Abend im Journal Panorama, um 18.20 Uhr in Österreich 1.
    Ein Journal Panorama, das Ferdinand Olbert gestalten wird.
    Genau zehn Minuten vor 13 Uhr Kultur im Mittagschanal.
    Die am vergangenen Donnerstag eröffneten 42.
    Filmfestspiele von Cannes sind zu zwei Drittel gelaufen.
    Insgesamt stellen sich bei diesem größten Filmfestival der Welt 22 Streifen aus zwölf Ländern der vom deutschen Regisseur Wim Wenders geleiteten Jury.
    Österreich ist mit drei Filmneuheiten immerhin in prominenten Nebenreihen des Festivals vertreten und hat überdies versucht mit einem Empfang auf sich aufmerksam zu machen.
    Mit einer akustischen Impression von diesem Empfang beginnt auch Hans Langsteiner seinen Zwischenbericht aus Cannes.
    Österreichs Botschafter in Paris, Wolfgang Schallenberg, beim gut besuchten Österreich-Empfang zur Halbzeit der heurigen Filmfestspiele von Cannes.
    Jury-Mitglied Peter Handtke war erschienen, nicht aber Klaus-Maria Brandauer, der schon am Vormittag das ganze Team der Josef-Roth-Verfilmung Das Spinnennetz bei der offiziellen Pressekonferenz trotz Ankündigung allein gelassen hatte.
    Wikis Dreieinviertelstundenstreifen fand vor allem der unerwartet blutrünstig gefilmten Feme-Mardewegen hier in Cannes sehr geteilte Aufnahme.
    Es geht um einen skrupellosen Aufsteiger in den Wirren der Weimarer Republik.
    Ihn spielt der so unbekannte wie vorzügliche DDR-Darsteller Ulrich Mühe.
    Brandauer kommt als sein jüdischer Gegenspieler zuletzt im wahrsten Wortsinn unter die Räder.
    Mit dabei im Spinnernetz Armin Müller-Stahl, der die Absicht dieses vom ORF mitproduzierten Streifens so umriss.
    Die Bedeutung so eines Filmes besteht ja unter anderem auch darin, dass man der nächsten Generation
    erklärt, wie unsere Zeit, die Vorbereitung des schrecklichsten Teils unseres Jahrhunderts, nämlich des Zweiten Weltkrieges, Informationen weiterzuliefen, zu erklären, wie unsere Zeit war.
    Zur Erinnerung, passt auf, lasst diese Zeit nicht wieder geschehen.
    Den Wurzeln des Faschismus spürt noch ein zweiter, viel beachteter Wettbewerbsbeitrag nach.
    Harold Pinter schrieb das Drehbuch zum amerikanischen Streifen Reunion, Wiederbegegnung, der das ungleiche Schicksal eines Freundespaares im Stuttgart der 30er Jahre schildert.
    Dem Juden gelingt die Flucht nach Amerika.
    Der adelige sogenannte Arier wird als Attentäter gegen Hitler hingerichtet.
    Regisseur Jerry Schatzberg hält den Kampf gegen den Antisemitismus für ein leider aktuelles Thema.
    Solange es ihn und alle anderen Farmen des Rassismus gäbe, so lange müsse man darüber Filme machen, sagt Schatzberg.
    Es muss wieder und wieder und wieder gemacht werden.
    Hoffentlich sind die Filme, die wir machen, beeindruckend und sie werden andere denken.
    Ich glaube nicht, dass Antisemitismus von überall weg ist.
    Solange wir Antisemitismus haben,
    Explizit politische Stoffe wie dieser sind freilich mehr Ausnahme als Regel in einem Festival, das heuer, künstlerisch durchaus hochwertig, beherrscht wird von Filmen, die gleich serienweise von Liebesleid, Einsamkeit und der Suche nach dem Lebenssinn handeln.
    Es sind Röntgenbilder einer ihres Zusammenhalts beraubten Konsumgesellschaft, die hier über die Kinoleinwände huschen.
    Familientragödien oder Gleichnisse von metaphysischem Zuschnitt.
    So durchleitet im preisverdächtigen kanadischen Beitrag der Jesus von Montreal ein junger Jesusdarsteller nach einem Unfall die Passion Christi am eigenen Leib.
    Die amerikanische Tragikomödie Sex, Lügen und Videobänder kreist um körperliche wie seelische Impotenz.
    Und der australische Regisseur Fred Skepsi zeigt in »Ein Schrei in der Dunkelheit« das authentische Schicksal einer biederen Hausfrau und Mutter, die zu Unrecht der Ermordung ihres eines von einem herumstreunenden Hund entführten Babys angeklagt wird.
    Meryl Streep ist in dieser dramatischen Rolle wie immer großartig, wenngleich sie eigentlich lieber Komödien spielen würde.
    Nur bietet man ihr keine an.
    No, I always look for comedy.
    Weniger komisch als symbolträchtig tragisch geht es auch in jenen Filmen zu, mit denen Österreich in den Nebenreihen des Festivals für künstlerisches Renommee sorgt.
    Vor allem die Boris Vian verfilmung »Die toten Fische« des erst 31-jährigen Debutanten Michael Sünegg stieß hier auf Interesse.
    Sünegg gelang in dem eindrucksvoll stilisierten Schwarz-Weiß-Film die optische Umsetzung surrealer Visionen.
    Ein unterdrückter Assistent fischt in trüben Tümpeln nach Briefmarken, ohne es seinem Chef und Auftraggeber je recht machen zu können.
    Eine Szene daraus mit Erwin Leder und Hannes Weidinger.
    Diese Marken hier sind alle völlig unbrauchbar.
    Das stimmt nicht.
    Ich habe Stunden gebraucht, um sie zu fischen.
    Ich habe höllisch aufgepasst.
    Und von 60 sind höchstens zwei beschädigt.
    Die ich haben wollte, sind nicht dabei.
    Ich will die 200er von Guajana aus dem Jahr 1855.
    Bereits in Cannes gelaufen ist Michael Schottenbergs Erstlingsfilm Caracas.
    Heute Nachmittag folgt noch Michael Haneckes ungewöhnliche Familientragödie Der siebente Kontinent.
    Für die Preisverleihung am kommenden Dienstagabend kommen diese Titel, da außer Konkurrenz gezeigt, leider nicht in Frage.
    Den Zwischenbericht über die Filmfestspiele in Cannes lieferte Hans Langsteiner.
    Und im Mittagsjournal vier Minuten vor 13 Uhr nun als letzter Programmpunkt noch ein Nachrichtenüberblick.
    Österreich.
    In der Wiener Hofburg hat der ÖVP-Bundesparteitag begonnen.
    Im Mittelpunkt steht der Wechsel an der Parteispitze von Alois Mock zu Josef Riegler.
    Mock meinte in einem Rechenschaftsbericht, die ÖVP habe der österreichischen Politik ein neues Profil gegeben.
    Auf Vorschlag seines Nachfolgers Riegler wurde Mock von den mehr als 600 Delegierten durch Akklamation zum ÖVP-Ehrenobmann gewählt.
    Mock würdigte Riegler als Mann mit Charakter und reicher politischer Erfahrung und rief zur Unterstützung des neuen ÖVP-Obmanns auf.
    Riegler wird am Nachmittag zum neuen ÖVP-Chef gewählt.
    Der grüne Abgeordnete Pilz befürchtet, dass die Untersuchungen des Lukone-Ausschusses über die Rolle von Bundesheersprengstoff im Fall Proksch behindert werden.
    Zwei wichtige Zeugen, Bundesheeroffiziere, seien ausgerechnet vor ihrer Einvernahme in der kommenden Woche ins Krankenhaus eingeliefert worden, erklärte Pilz.
    Der Ausschuss habe wichtige, bereits seit längerem angeforderte Akten aus dem Verteidigungsministerium nicht erhalten.
    Auf die Wiener Flughafenautobahn ist heute früh ein Sprengstoffanschlag verübt worden.
    Unbekannte Täter brachten eine mit Sprengstoff gefüllte Propangasflasche durch Funkfernsteuerung zur Explosion.
    Die Bombe riss einen etwa vier bis fünf Meter großen Krater in die Fahrbahn.
    Drei Autos wurden beschädigt, verletzt wurde niemand.
    Bisher gibt es weder ein sogenanntes Bekennerschreiben noch einen anderen Hinweis auf die Hintergründe des Anschlags.
    Der Aprilindex der Verbraucherpreise ist im Jahresabstand um 2,4 Prozent gestiegen.
    Im März lag die Preissteigerung in Österreich bei 2,2 Prozent.
    Grund für die Zunahme der Verbraucherpreise sind ein 12-prozentiger Preisanstieg bei Obst und die Verteuerung der Treibstoffe um mehr als 10 Prozent.
    Sowjetunion.
    Die Parlamente der baltischen Sowjetrepubliken Litauen und Estland haben Gesetze über weitgehende wirtschaftliche Unabhängigkeit von der Zentralregierung in Moskau beschlossen.
    Das Parlament in Litauen erklärte die Republik für souverän und ermöglichte durch ein Gesetz die Einführung eines eigenen Währungssystems.
    In Estland wurde Privateigentum begrenzt zugelassen.
    Außerdem wird die volle Verfügungsgewalt über das Gebiet der Republik, den Luftraum, die Gewässer und die natürlichen Rohstoffvorkommen gefordert.
    China.
    Nach den jüngsten Großdemonstrationen für mehr Freiheit und Demokratie hat sich die Situation leicht entspannt.
    Die hungerstreikenden Studenten drohen der chinesischen Führung, jedoch mit einem Aufruf zum landesweiten Generalstreik sollten ihre Forderungen nicht bis morgen Vormittag erfüllt werden.
    Eine neu gegründete, unabhängige Arbeitervereinigung hat die Belegschaften aller Betriebe in Peking aufgerufen, um Mitternacht in einen unbefristeten Streik zu treten.
    Nahe Osten.
    Ein israelischer Soldat und drei Palästinenser sind heute früh bei einer Schießerei im israelisch besetzten Westjordanland getötet worden.
    Nach israelischen Angaben setzten sowohl die Soldaten als auch die Palästinenser automatische Waffen ein.
    Es war der erste derartige Zwischenfall seit Beginn des palästinensischen Volksaufstandes in den besetzten Gebieten vor eineinhalb Jahren.
    Zum Schluss noch die Wetteraussichten für Österreich bis heute Abend.
    Im Süden zeitweise teils heiter, teils wolkig.
    Lokal auch Gewitter und Regenschauer.
    Nachmittagstemperaturen 19 bis 26 Grad.
    Gleich ist es 13 Uhr, genauer gesagt in einer halben Minute und damit endet ein Mittagsjournal am Freitag.
    Im Namen aller Mitarbeiter verabschiedet sich Christel Reis.
    Noch einen angenehmen Freitag, schönes Wochenende.
    Auf Wiederhören.
    Das war's für heute.

    Beiträge dieses Journals

    Nachrichten
    Datum: 1989.05.19 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Vorschau auf das Wochenendwetter
    Mitwirkende: Ragette, Gerd [Gestaltung]
    Datum: 1989.05.19 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Eröffnung des ÖVP-Bundesparteitags, Mocks Abschied, Riegler dankt Mock, Mock schlägt Riegler vor
    Einblendung: Funktionäre, Musik, scheidender ÖVP-Obmann Mock, zukünftiger ÖVP-Pbmann Riegler
    Mitwirkende: Hopfmüller, Gisela [Gestaltung] , Roither, Bettina [Gestaltung] , Anonym, Delegierte am ÖVP-Parteitag [Interviewte/r] , Mock, Alois [Interviewte/r] , Riegler, Josef [Interviewte/r]
    Datum: 1989.05.19 [Sendedatum]
    Ort: Wien, Kongresszentrum in der Hofburg [Aufnahmeort]
    Schlagworte: Politik Österreich ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Grüne zu Lucona-Ausschuß
    Einblendung: Ausschußmitglied Pilz
    Mitwirkende: Simbürger, Franz [Gestaltung] , Pilz, Peter [Interviewte/r]
    Datum: 1989.05.19 [Sendedatum]
    Schlagworte: Politik Österreich ; Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Explosion auf der Flughafenautobahn
    Mitwirkende: Tesarek, Paul [Gestaltung]
    Datum: 1989.05.19 [Sendedatum]
    Schlagworte: Politik ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    China: Aktueller Bericht der Studentendemonstrationen - moderatorgespräch
    Interview: Korrespondent Opletal
    Mitwirkende: Reiss, Christl [Gestaltung] , Opletal, Helmut [Interviewte/r]
    Datum: 1989.05.19 [Sendedatum]
    Ort: Peking [Aufnahmeort]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Politik ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    UdSSR: Estland und Litauen beschließen wirtschaftliche Autonomie
    Mitwirkende: Löw, Raimund [Gestaltung]
    Datum: 1989.05.19 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Bundesrepublik Deutschland: Coop-Skandal, Vorstandschef soll Millionen DM ins Ausland gebracht haben
    Einblendung: Aufsichtsratspräsident Friderichs
    Mitwirkende: Rammerstorfer, Kurt [Gestaltung] , Friderichs, Hans [Interviewte/r]
    Datum: 1989.05.19 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Australien: Alarmierende Zunahmen der Hauterkrankungen - Folge des Ozonlochs?
    Mitwirkende: Hinze, Dieter [Gestaltung]
    Datum: 1989.05.19 [Sendedatum]
    Ort: Adelaide [Aufnahmeort]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Medizin ; Wissenschaft und Forschung ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Neueste Inflationsdaten: Analyse des April-Index
    Mitwirkende: Adler, Hans [Gestaltung]
    Datum: 1989.05.19 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Trailer Panorama: Buch "Neuer deutscher Größenwahn"
    Einblendung: Publizist Baring
    Mitwirkende: Olbort, Ferdinand [Gestaltung] , Baring, Arnulf [Interviewte/r]
    Datum: 1989.05.19 [Sendedatum]
    Schlagworte: Kultur ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Zwischenbericht Filmfestspiele Cannes
    Einblendung: Botschafter Schallenberg, Schauspieler Stahl, Regisseur Schatzberg, Schauspielerin Streep, Filmszenenausschnitt
    Mitwirkende: Langsteiner, Hans [Gestaltung] , Schallenberg, Wolfgang [Interviewte/r] , Mueller-Stahl, Armin [Interviewte/r] , Schatzberg, Jerry [Interviewte/r] , Streep, Meryl [Interviewte/r]
    Datum: 1989.05.19 [Sendedatum]
    Ort: Cannes [Aufnahmeort]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Film ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten

    Katalogzettel

    Titel Mittagsjournal 1989.05.19
    Spieldauer 00:59:37
    Mitwirkende Reiss, Christl [Moderation]
    ORF [Produzent]
    Datum 1989.05.19 [Sendedatum]
    Schlagworte Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt
    20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ audio
    Format TKA [Tonband auf Kern (AEG)]
    Sprache Deutsch
    Rechte Mit freundlicher Genehmigung: ORF
    Signatur Österreichische Mediathek, jm-890519_k02
    Medienart Mp3-Audiodatei
    Gesamtwerk/Reihe Mittagsjournal

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    Gesellschaft , Radiosendung-Mitschnitt
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