Mittagsjournal 1976.05.29

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    Rechtliches

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    KI-generiertes Transkript

    Mittagsschonal.
    Guten Tag, meine Damen und Herren.
    Es war soeben 12 Uhr.
    Heute ist Samstag, der 29.
    Mai.
    Redakteur, Mikrofon des Mittagsschanals ist heute Helmut Bock.
    Einige Schlagzeilen für unser Programm, das Sie nach den Nachrichten hören werden.
    Österreich.
    Industrie soll Lehrstellen schaffen, sonst zu wenig Ausbildungsplätze für junge Österreicher.
    Bundesrepublik Deutschland.
    Freie Demokraten halten zum Wochenende Parteitag in Freiburg ab und stellen dabei Weichen für die Bundestagswahl am 3.
    Oktober.
    Jugoslawien.
    Steigende Arbeitslosigkeit bei Frauen kennzeichnet Marktlage.
    Rumänien.
    Überraschende Mobilisierung zeigt weiterer Unterschied im Lager des Warschauer Paktes.
    Vereinigte Staaten von Amerika.
    New Yorker Universität muss zusperren.
    15 Millionen Dollar Schulden.
    Kenia.
    Hinter den Kulissen der Weltkonferenz von Nairobi.
    Der Reichtum der Armen.
    Unsere Kulturredaktion berichtet über ein Symposium in Graz mit dem Titel Film in Österreich und weiters von den Festwochenpremieren im Theater an der Wien, Christoph Kolomb von der Theatergruppe Baró.
    Das ist also das Programm nach den Nachrichten, die Sie jetzt hören werden.
    Chef vom Dienst für diese Nachrichten ist Raimund Heller und gesprochen werden sie von Wilfried Schirlbauer.
    Indonesien.
    Der saudi-arabische Erdölminister Jamani hat sich nach Abschluss der Konferenz der OPEC, der Organisation Erdöl exportierender Länder, auf Bali positiv zu den Ergebnissen der Tagung geäußert.
    Jamani sagte, der Beschluss der OPEC-Minister, den Rohölpreis zumindest bis Ende dieses Jahres nicht zu erhöhen, sei sowohl für die Erdländer als auch für die übrige Welt von großer Bedeutung.
    Jamani bestritt in diesem Zusammenhang nicht, dass es während der Beratungen Uneinigkeiten gegeben hat.
    Saudi-Arabien trat für die Beibehaltung des derzeit geltenden Ölpreises ein.
    Vor allem der Iran und Libyen verlangten Preiserhöhungen.
    Jamani stellte dazu fest, der Mangel an Konsens werde die Einheit der Mitgliedsländer jedoch nicht sprengen.
    Nach Ansicht des Ministers könnte das neue Prämienverrechnungssystem, auf das sich die Konferenz geeinigt hat, eine Reduzierung des Ölpreises um 5 bis 20 Cent je Fass bringen.
    USA.
    Dem Vertrag über die Begrenzung der Atomversuche für friedliche Zwecke, der gestern gleichzeitig in Washington und in Moskau von Präsident Ford und Parteichef Brezhnev unterzeichnet worden ist, steht eine genaue Prüfung durch den Senat bevor, der alle Abkommen ratifizieren muss.
    Leitende Regierungsbeamte befürchten, es könnte schwierig werden, die notwendige Zweidrittelmehrheit im Senat zu erreichen.
    Ein Senator äußerte die Ansicht, dass die Sowjets Atomsätze mit geringerer Sprengkraft durchführen könnten, um einer Inspektion zu entgehen.
    Das Abkommen sieht vor, dass nur Atomtests durchgeführt werden, bei denen nicht mehr als 150 Kilotonnen herkömmlichen Sprengstoffs verwendet werden dürfen und dass die beiden Unterzeichnerländer Kontrollrechte im jeweiligen Versuchsgelände haben.
    Irak.
    Der sowjetische Ministerpräsident Kassigin ist heute zu einem offiziellen Besuch in Bagdad eingetroffen.
    Anschließend reist Kassigin nach Syrien weiter.
    Über den Zweck der Reise wurde von sowjetischer Seite nichts mitgeteilt.
    Die in Beirut erscheinende libanesische Zeitung Al-Safir hatte kürzlich gemeldet, der sowjetische Regierungschef wolle zwischen den miteinander rivalisierenden Baath-Parteien des Irak und Syriens vermitteln.
    Nach dem Bericht des Blattes spielt die Frage der Errichtung einer arabischen Nordfront ebenfalls eine Rolle.
    Libanon.
    Nach einigen Tagen relativer Ruhe ist es in der vergangenen Nacht in Beirut neuerlich zu heftigen Gefechten gekommen.
    Nach jüngsten Meldungen sollen allein gestern in der Hauptstadt und ihrer Umgebung 87 Menschen getötet und 75 verletzt worden sein.
    Unterdessen sind die mutmaßlichen Mörder der Schwester des Sozialistenführers Djungblad festgenommen worden.
    Die Frau war vor zwei Tagen erschossen worden.
    Sambia.
    Präsident Kaunda hat bekannt gegeben, rhodesische Freischärler würden in ihrem Kampf gegen das weiße Minderheitsregime unter Ministerpräsident Smith in Rhodesien auch von sambischem Gebiet aus operieren können.
    Kaunda sagte, die Haltstarrigkeit von Smith erlaube nichts anderes mehr als Gewalt, um die Rechte der farbigen Mehrheit in Rhodesien durchzusetzen.
    Italien.
    Die Kampagne für die am 20.
    Juni stattfindenden Parlamentswahlen hat in der vergangenen Nacht ein Menschenleben gefordert.
    Bei einer Wahlkundgebung der neofaschistischen Partei in Latina, etwa 100 Kilometer südlich von Rom, wurde ein Kommunist erschossen.
    Bei der Veranstaltung war es zu schweren Auseinandersetzungen zwischen Teilnehmern der Kundgebung und linksextremen Demonstranten gekommen.
    Die tödlichen Schüsse sollen nach Augenzeugenberichten aus dem Auto eines neofaschistischen Abgeordneten abgegeben worden sein.
    Der wegen Zugehörigkeit zu rechtsextremen Organisationen mehrfach vorbestrafte Politiker bestreitet die Anschuldigungen.
    Nach den Worten des Generalsekretärs der Christlichen Demokraten, Zacagnini, wird die Demokratia Christiana im Falle eines Wahlsieges der Linken in die Opposition gehen.
    Zacagnini sprach sich neuerlich gegen jede Zusammenarbeit mit den Kommunisten aus und sagte, selbst eine Regierungskoalition mehrerer Parteien unter Einschluss der Kommunisten komme für die Christlichen Demokraten nicht in Frage.
    Morgen und übermorgen werden in Italien die Angestellten der Hotels, Pensionen und Gasthöfe streiken.
    Restaurants und Bars sind von der Arbeitsniederlegung nur morgen betroffen.
    Die Gewerkschaften begründen den Streik damit, dass die im Tarifvertrag des Vorjahres zugesagten Verbesserungen bis heute nicht voll gewährt worden seien.
    Die italienischen Fluggesellschaften sind weiterhin durch einen Pilotenstreik in Mitleidenschaft gezogen.
    Täglich fallen ein Drittel bis die Hälfte der Flüge aus.
    Griechenland.
    Die etwa 30.000 Beschäftigten der staatlichen Krankenhäuser setzen ihren gestern aufgenommenen Streik fort.
    Sie wollen mit dem für 48 Stunden befristeten Ausstand verschiedene Förderungen, in erster Linie jedoch eine Lohnerhöhung von 20 Prozent durchsetzen.
    Österreich.
    Die bisherige österreichische Gesellschaft für Weltraumfragen wird am Montag in eine Gesellschaft für Sonnenenergie und Weltraumfragen umgebildet.
    In das Unternehmen, das bisher die Republik Österreich als alleinigen Anteilseigner hatte, treten vier Gesellschaften ein.
    Die Girozentrale, die österreichische Mineralölverwaltungs AG, die Shell Austria und die österreichische Studiengesellschaft für Atomenergie.
    Das Stammkapital der neuen Gesellschaft wird anlässlich der Umbildung von einer Million Schilling auf ein Vierzehntelmillionen erhöht.
    Das Wissenschaftsministerium will der neuen Gesellschaft die Durchführung von Forschungsarbeiten übertragen.
    USA.
    Wegen Geldmangels ist ab heute die Universität von New York geschlossen.
    Das Parlament des Bundesstaates New York hat sich geweigert, der Hochschule 15 Millionen Dollar zur Bezahlung der Gehälter des Hochschulpersonals zur Verfügung zu stellen.
    Die meisten der 250.000 Studenten der New Yorker Universität haben ihre Jahresschlussexamen noch nicht abgeschlossen.
    Auch die offiziellen Diplome für das Studienjahr sind noch nicht vergeben.
    Die Stadt New York ist bereits seit längerer Zeit in Finanzschwierigkeiten.
    Aus diesem Grund will die Stadtverwaltung ab Juli auch 49 Kinderbetreuungsstätten und etwa 30 Krankenhäuser schließen.
    Schweiz.
    Auf das Gebäude des türkischen Konsulates und auf eine türkische Bank in Zürich sind gestern Abend Bombenanschläge verübt worden.
    Nach Mitteilung der Polizei wurde zwar niemand verletzt, doch entstand erheblicher Sachschaden.
    Israel.
    Die Behörden machen sich ernstliche Sorgen um die Einwanderungsbilanz, die im vergangenen Jahr nur mit einem Überschuss von 500 Personen abschloss.
    Nach den Feststellungen des staatlichen Statistischen Amtes wanderten 17.500 Personen ein, gleichzeitig aber verließen 17.000 wieder das Land.
    Die Jewish Agency, das offizielle Einwanderungsbüro der Regierung, hat angesichts dieser Zahlen eine neue Abteilung für Rückkehrer eingerichtet.
    Durch Anzeigen in ausländischen Zeitungen und auf andere Weise sollen diejenigen, die enttäuscht Israel verlassen hatten, zur Rückkehr angeregt werden.
    Für Rückkehrer stellt die israelische Regierung wieder mit günstige Wohnungen und zinsverbilligte Kredite zur Verfügung und zahlt sogar mitunter das Rückflugticket nach Tel Aviv.
    Frankreich.
    Aufgrund eines vom obersten Gericht des amerikanischen Bundesstaates Florida ausgestellten internationalen Haftbefehls hat die französische Polizei in der Nähe von Paris vier Amerikaner verhaftet, denen Luftpiraterie vorgeworfen wird.
    Die zwei Männer und zwei Frauen werden beschuldigt, am 31.
    Juli 1972 zwischen Detroit und Miami ein amerikanisches Verkehrsflugzeug unter Gewaltandrohung umgeleitet zu haben.
    Da die vier Amerikaner falsche Pässe bei sich trugen, werden sie zunächst wegen Benutzung illegaler Ausweispapiere in Frankreich gerichtlich verfolgt, ehe sie an die Vereinigten Staaten ausgeliefert werden.
    Dänemark.
    Zum ersten Mal in der Geschichte Dänemarks ist für die Autofahrer eine Promillegrenze für den Blutalkohol festgesetzt worden.
    Ab 0,8 Promille Alkoholgehalt im Blut droht dem Lenker künftig eine Geldstrafe sowie der Verlust des Führerscheins.
    Mehr als 1,2 Promille sollen mit dem Entzug des Führerscheins sowie mit einer Gefängnisstrafe zwischen drei und zwei und drei Wochen geahndet werden.
    Nach der bisherigen Gesetzeslage entschieden Polizei und Amtsarzt nach eigenem Gutdünken, ob der Autofahrer noch fahrtauglich war.
    Das waren die Meldungen.
    Untertitel im Auftrag des ZDF, 2021
    Und nun zum Wetter.
    Die Wetterlage.
    Mitteleuropa befindet sich zurzeit im Bereich eines flachen Hochdruckgebietes.
    Eine Front, die heute noch über Westeuropa liegt, greift morgen auf den Ostalpenraum über.
    Die Wetteraussichten bis morgen früh.
    Meist heiter bis wolkig.
    Schwache bis mäßige Winde aus vorherrschend nordwestlichen bis nordöstlichen Richtungen.
    Tageshöchsttemperaturen 17 bis 21 Grad.
    Im Süden und Westen bis 23.
    Frühtemperaturen 1 bis 9 Grad.
    Die Prognose für morgen Sonntag.
    Im Westen stark bewölkt bis bedeckt und aufkommen schauerartiger Niederschläge.
    Sonst zunächst noch sonnig.
    Im Laufe des Tages im Bereich der östlichen Teile der Alpen-Nordseite sowie im Norden, am Abend auch im Osten Ausbildung von Gewittern und Regenschauern.
    Vorstörungseinbruch Süd- bis Südostwind, nachher Winddrehung auf West.
    Tageshöchsttemperaturen im Westen bis 15, sonst bis 24 Grad.
    Die Messwerte abgelesen um 12 Uhr.
    Wien heiter 19 Grad, Nordostwind 5 km pro Stunde.
    Eisenstadt stark bewölkt 19°, Südost 15°, Linz heiter 18°, Ost 10°, Salzburg heiter 20°, Nordost 5°, Innsbruck wolkig 21°, Ostwind 2 km pro Stunde.
    Prägenz-Heiter 17°, Südwest 10°, Graz-Heiter 19°, Windstille und Klagenfurt-Wolkig 19°, Südostwind mit einer Geschwindigkeit von 3 km pro Stunde.
    Und gleich eine Zeitansage, es ist 12.13 Uhr, zwei Minuten vor Viertel eins.
    Und wir beginnen die ausführliche Berichterstattung heute gleich mit einem Blick in die österreichischen Tageszeitungen.
    Die Kommentatoren beschäftigen sich hauptsächlich heute mit dem Exklusivinterview, das Finanzminister Andrusch gestern dem Mittagssjournal gegeben hat.
    Dabei sprach Andrusch, dass das Defizitteuer etwa die 40-Milliarden-Grenze erreichen wird und sprach auch davon, dass die Bundesregierung voraussichtlich von der österreichischen Bevölkerung in der nächsten Zeit Opfer verlangen werde.
    Auszüge aus den heutigen Kommentaren hat Erich Eichinger zusammengestellt.
    Mehrere Zeitungen knüpfen heute in ihren Kommentaren bei den gestrigen Äußerungen von Finanzminister Androsch an, der, wörtlich, eine gewisse Opferbereitschaft der Bevölkerung verlangt hatte.
    In einem Interview im Mittagsjournal sprach Androsch neuerlich von einer Reduzierung der Sparförderung, von Beitragserhöhungen bei den bäuerlichen und gewerblich selbstständigen Sozialversicherungen und schloss Gebühren- und Tariferhöhungen nicht aus.
    Zu den Androsch-Äußerungen meint heute beispielsweise das Salzburger Volksblatt in einem Kurzkommentar.
    Die Österreicher würden Opfer zu bringen haben, stellte er ganz im Kriegs-Deal-Churchills düster fest.
    Kurz gesagt, die Zeit der Lavendel-Schmähs ist zu Ende.
    Was wird es also künftig geben?
    Und abschließend.
    Was ihnen geschehen wird, wissen die Bürger aber weiterhin nicht so richtig.
    Keiner nimmt wohl an, dass eine Senkung des Realeinkommens eintreten wird.
    Was kann ihm also blühen?
    Dass das »mehr« in der Lohntüte niedriger ausfallen wird, als er allenfalls angenommen hat, das wäre nicht tragisch.
    Es muss also doch »mehr« dahinter sein, meint er mit leichtem Misstrauen.
    Transparent ist ihm seine Lage noch immer nicht gemacht worden.
    Speziell auf die Absicht des Finanzministers, den Eckzinsfuß für die Spareinlagen zu senken, geht Victor Reimann unter dem Titel »Der Sparer als Melkkuh« in der Kronenzeitung ein.
    Er schreibt, »Der sozialistische Finanzminister unterscheidet sich in seiner Politik im Grunde überhaupt nicht von seinem Vorgänger, dem ehemaligen ÖVP-Finanzminister Koren, dessen Finanzpolitik Androsch als Oppositionsabgeordneter so heftig bekämpft hatte.
    Ebenso wie Korin höhlt Androsch die Erleichterungen der Steuerreform, die mit großem Eigenlob hinaus besaunt worden war, durch seine Tarif- und Steuerpolitik wieder aus.
    Nun greift, oder besser, vergreift er sich noch am Sparer, was nicht einmal Korin wagte.
    Und weiter.
    Hier offenbart sich aber ein immer geringer werdendes Verständnis für die Belastungsfähigkeit der Bevölkerung.
    Ein Prozent soll dem Sparer gestohlen werden.
    Um zwei Prozent wurde die Mehrwertsteuer erhöht.
    Etliche Prozente betrugen die Erhöhungen bei Erdölprodukten und der Haftpflichtversicherung.
    Gewaltige Erhöhungen erfolgten bei den Posttarifen.
    Bis zu 100 Prozent wird die Kraftfahrzeugsteuer erhöht.
    So geht es immer fortweiter und niemand weiß, wann die Belastungswelle ein Ende findet.
    Soweit die Kronenzeitung.
    Die Presse leitet ihren heutigen Kurzkommentar zu diesem Thema mit dem Satz ein.
    Überraschend offen hat der Finanzminister gestern plötzlich zugegeben, dass ihm die viel zitierten Grausbirnen aufzusteigen beginnen.
    Und setzt dann fort, Androsch hat nun auf einmal erfreulicherweise daran erinnert, dass Leistungen kosten, dass nichts umsonst zu haben ist.
    Er hat sich ganz offiziell an das Kostenbewusstsein des Österreichers gewarnt.
    Es darf indes der geneigten Regierung zugemutet werden, sich den Ball zurückspielen zu lassen.
    Auch Kostenbewusstsein und Opferbereitschaft sind keine Einbahnstraßen.
    Der Kommentar im ÖVP-Organ Neues Volksblatt, Autor Michael Kaltenberger, trägt den Titel »Jetzt brennt der Hut«.
    Man liest »Das war wohl gestern so etwas wie die Bankrotterklärung der Regierungspolitik der Verteilung von Sozialleistungen nach dem Gießkannensystem.«
    Später wird ausgeführt, man soll niemandem die Besserungsfähigkeit absprechen, aber ein wenig ist zu fürchten, dass es wieder einmal die Falschen treffen wird.
    Denn wenn der Finanzminister von der Senkung der Sparförderung spricht, dann heißt das doch, dass Leute bestraft werden, die in neuen, androschen Sinnen ohnehin Leistungen erbringen, also nicht Abbau der Leistungen dort, wo sie nicht notwendig oder nicht berechtigt sind, sondern weiter Aussageln der Fleißigen.
    Zu befürchten ist auch, dass die Regierung den Österreichern den Gürtel ziemlich eng schnallen wird.
    Ein Blick auf die Budgetsituation macht das deutlich.
    Gestern hat der Finanzminister ein Defizit von rund 45 Milliarden angekündigt.
    Gott gebe, dass das hält.
    Doch wie war es 1975?
    Die ersten Abgangsmeldungen lauteten damals auf 16 Milliarden.
    Geworden sind es rund 30 Milliarden.
    Für dieses Budget schätzte der Finanzminister ein Defizit von 31,4 Milliarden.
    Jetzt sind es schon 45.
    Und noch ist nicht das halbe Jahr vorbei.
    Das war unsere heutige Inlands-Presse-Schau.
    In den nächsten Jahren werden die geburtenstarken Jahrgänge die Pflichtschule verlassen.
    Nun, die Eingliederung dieser Schulabgänger in den Arbeitsprozess wurde in den vergangenen Jahren immer wieder zum Gradmesser für die konjunkturelle Situation.
    Das Thema fehlende Ausbildungs- und Lehrplätze war zum Beispiel im Vorjahr ein fixer Bestandteil des Nationalratswahlkampfes.
    Wie sieht es heuer aus?
    Das Institut für Berufsbildungsforschung, das ÖIBF wie es heißt, hat im Auftrag des Handelsministeriums eine Erhebung fertiggestellt, in der das Verhältnis zwischen Angebot und Nachfrage auf dem Lehrlingsmarkt festgestellt werden sollte.
    Mit dem Leiter des Institutes, Dr. Ilan Knapp, sprach Wilfried Seifert.
    Herr Dr. Knapp, werden heuer im Herbst alle Interessenten für Lehrstellen tatsächlich einen Lehrplatz bekommen können?
    Bei Untersuchungen, die das ÖIBF durchgeführt hat, haben wir festgestellt, dass es nur dann möglich sein wird, wenn eine entsprechende Anzahl an Lehrstellen als Plus gegenüber dem letzten Jahr seitens der Wirtschaft zur Verfügung gestellt werden kann.
    Auch wiederum nach unseren Untersuchungen können wir feststellen, dass etwa um die 3.000 Lehrlinge mehr im ersten Lehrjahr im Herbst 76 anstehen werden, vorausgesetzt der gleiche Anteil an Lehrlingen wieder vorkommen wird als im vergangenen Jahr.
    Das heißt, dass zumindest für diese 3.000 Lehrlinge, Lehrstellensuchenden, weil sie sind ja noch keine Lehrlinge, neue Lehrstellen geschaffen werden müssen.
    Entweder in Betrieben, die bisher noch keine Lehrlinge ausgebildet haben, und das ist in einem Großteil der Betriebe.
    Es bildet ja derzeit nur etwa ein Viertel der Unternehmen und Betriebe Lehrlinge aus.
    Oder in Seilwerkstätten beziehungsweise in Institutionen der beruflichen Ausbildung Ausbildungsplätze geschaffen werden müssten.
    Erfreulicherweise ist im Rahmen der verstaatlichten Industrie und größerer Unternehmen festzustellen, dass wo immer es noch geht das Angebot an Lehrstellen, und wenn es nur wenige sind, vermehrt wird.
    Es ist aber genauso festzustellen, dass in vielen Bereichen der Wirtschaft, wie im Gewerbe zum Beispiel, eine Reduktion an Leerstellen festzustellen ist, aber nicht nur in diesem Jahr, sondern schon seit einigen Jahren und daher ein Auseinanderklaffen an der Zahl der Suchenden und des Angebotes.
    würde dieser Trend fortgesetzt werden, wird die Situation in diesen Bereichen sehr brenzlig werden.
    Das Gros kann nur durch die Wirtschaft sichergestellt werden, es kann nie der Staat das tun, weil der Staat hat eben nicht die Leerstellen, sondern die Wirtschaft.
    Daher ist die Aufgabe, die Leerstellen sicherzustellen, eindeutig auf Seiten der Wirtschaft zu suchen.
    Nun ist jetzt also ausgesprochen unwahrscheinlich, dass alle Leerstellen suchen, denn heuer eine Leerstelle tatsächlich finden werden.
    Gibt es irgendwelche Ausweichmöglichkeiten für diese 14- bis 15-Jährigen?
    Die einzige und wahrscheinlich die hoffnungsvollste Ausweichung wird die sein, in eine berufsbehinderte, mittlere oder berufsbehinderte, höhere Schule zu gehen.
    Der Bedarf an qualifizierten Absolventen dieser Schulen steigt und es wird daher notwendig sein, dass
    dementsprechend eine höhere Anzahl von Personen dort ausgebildet wird.
    Allerdings muss in diesem Zusammenhang erwähnt werden, dass wir auch einen sehr großen Bedarf an gut ausgebildeten Facharbeitern haben.
    Sie bilden letztlich das Rückgrat unserer Wirtschaft und das, was jetzt nicht als Facharbeiter ausgebildet werden kann, also die Personen, die es eben jetzt nicht schaffen, weil sie keine Lehrstelle finden,
    werden der Wirtschaft in acht, in zehn Jahren fehlen.
    Das heißt, auch wenn wir sie jetzt nicht unterbringen können, wird die Wirtschaft es spätestens in einem Zeitraum von einigen Jahren zu spüren bekommen und darum unsere Meinung, dass die beste Auswahlmöglichkeit nicht die ist, einen anderen Berufsweg oder Ausbildungsweg zu suchen, sondern in der Wirtschaft selber die Leerstellen zu schaffen.
    Dieses Interview führte Wilfried Seifert.
    Übrigens zu diesem Thema hat sich heute auch der Sozialminister Ingenieur Heuser in der sozialistischen Korrespondenz zu Wort gemeldet.
    Er meint für den Fall, dass in einzelnen Randregionen Österreichs Schwierigkeiten bei der Unterbringung von Jugendlichen
    auf Ausbildungsplätzen auftreten sollten, wurden bereits Vorkehrungen getroffen.
    So sind die Arbeitsämter darauf vorbereitet, ab Schulschluss durch entsprechende Information und die Gewährung von Beihilfen an Lehrlinge verstärkt für einen überregionalen Ausgleich zu sorgen.
    Das heißt, überregionaler Ausgleich könnte auch eine Verschiebung der Arbeitsplätze bedeuten.
    Nun, das Thema fehlende Arbeitsplätze ist ja ein weltweites Thema, seit es die Rezession gibt.
    In der Bundesrepublik Deutschland spricht man von einer Jugendarbeitslosigkeit.
    Und bei unserem südöstlichen Nachbarn in Jugoslawien gibt es eine Arbeitslosigkeit unter den rückkehrenden Fremdarbeitern.
    Besonders also jene, die aus Deutschland und Österreich kommen, finden in der Heimat dann sehr schwer wieder einen Posten.
    Nun gibt es in Jugoslawien ein neues Problem.
    Frauenarbeitslosigkeit.
    Woher kommt das?
    Gustav Kalupa berichtet aus Belgrad.
    Unerwartete Schwierigkeiten haben Frauen und Mädchen bei der Suche nach einer geeigneten Beschäftigung in Jugoslawien zu überwinden.
    Dabei sind sie theoretisch ihren männlichen Kollegen gleichgestellt und stehen ihnen auch alle Berufe offen.
    Umso mehr überrascht, dass unter den Arbeitslosen der Hauptstadt Jugoslawiens das Gro Frauenstellen.
    Entsprechend Angaben des Blattes Politiker rund zwei Drittel.
    Auf den Listen der bei den Arbeitsämtern geführten Arbeitssuchenden stellen Frauen 66 Prozent.
    Nach Berufen aufgegliedert zeigt sich, dass vor allem Frauen und Mädchen mit abgeschlossenem Hochschulstudium und mit höherer Schulbildung, also Matura, und gleichgestellten Abgangszeugnissen von dem jugoslawischen Schulwesen recht zahlreichen Fachschulen keinen passenden Arbeitsplatz finden können.
    Ungewöhnlich hoch ist die Zahl Stellungssuchender medizinisch-technisch Assistentinnen, technischer Zeichnerinnen im Bauwesen Maschinenbau
    Ökonomisten, Finanzsachbearbeiterinnen, aber auch von Fachkräften im fremden Verkehr.
    An qualifizierten Handwerkerinnen wie Schneiderinnen, Zuschneiderinnen, Friseusen, aber auch Verkäuferinnen besteht am Arbeitsmarkt ein Überangebot.
    Volksschullehrerinnen und Mittelschulprofessorinnen, Bibliothekarinnen, Ärztinnen und Chemikerinnen fällt es offenbar besonders schwer, einen passenden Arbeitsplatz zu finden.
    Sie ziehen aber vielfach die Stadt einer freien Stelle in der Provinz vor.
    Fachleute sprechen von einer ungünstigen Struktur der Wirtschaft in Belgrad und von einer unmodernen Orientierung auf typisch weibliche Berufe bei der Wahl der Schul- und Berufsausbildung.
    Dass ein Überangebot an Bürokräften in einer Stadt besteht, wo eine Unzahl von Ministerien und Behörden ihren Sitz haben, findet dadurch keine Erklärung.
    Das althergebrachte patriarchalische Auffassung in die Frauen,
    im Berufsleben benachteiligen und die Chancengleichheit unterminieren, scheint durch die Nachkriegsentwicklung der Gesellschaft in Jugoslawien überholt, zumindest wird solches immer wieder von offizieller Seite beteuert.
    Der Leserbrief einer empörten Frau in einer belgarer Zeitung dagegen behauptet, dass sie bei einem öffentlich ausgeschriebenen Konkurs für die Stelle einer Buchhalterin mit der Begründung abgewiesen wurde, dass sie erst kürzlich geheiratet, demnach auch Kinder zu erwarten hätte,
    und dass die dann gesetzlich vorgeschriebenen Urlaubsmonate dem Betrieb ganz einfach zu teuer kämen.
    Alles scheint also nicht so programmierbar, wie es wünschenswert wäre, was wiederum die Statistik festhält.
    Bei den Männern ist das Verhältnis genau umgekehrt.
    80 Prozent aller registrierten Arbeitslosen sind Hilfsarbeiter.
    Zum Glück scheint die Situation für beruflich qualifizierte Frauen in Laibach und Agram doch etwas besser.
    Besonders problematisch bleibt die Stellung der Frauen nach wie vor auf dem Land.
    Selbst auf Staatsgütern und vergesellschafteten Betriebsformen werden Frauen in der Regel nur in den untersten Arbeitskategorien beschäftigt, sodass der Agrama Wiesnig die Frage aufwirft, sind Frauen Produzenten zweiter Kategorie.
    Von 196 Direktoren großer Genossenschaften sind in Kroatien nur vier Frauen und in den Selbstverwaltungsorganen sind Frauen mit nur etwa sechs Prozent vertreten.
    Völlig anders bietet sich die Stellung der Frau im vorwiegend albanischen Kosovo.
    Sie scheint mit den Maßstäben unseres Jahrhunderts noch nicht messbar.
    Mädchen, die von zu Hause durchbrennen, werden belohnt.
    Sie erhalten sofort einen Freibrat in einem Schülerheim und ihr weiterer Bildungsweg wird durch Stipendien gesichert.
    Über steigende Frauenarbeitslosigkeit in Jugoslawien berichtete Gustav Kaluba.
    Ein Blick auf die Uhr, es ist jetzt 12.26 Uhr, vier Minuten vor halb eins.
    In Jugoslawien gab es vor kurzer Zeit riesige Manöver.
    Milizen wurden einberufen, Reservisten wurden einberufen.
    Es ging darum, dass ein Feind aus dem Osten oder Nordosten in das Land eindringen konnte.
    Nun, man hat diese Manöver erfolgreich abgeschlossen, man sprach vielfach davon, dass diese Manöver auch abgehalten wurden, einfach zu demonstrieren, dass im Falle des Ablebens des großen Staatschefs Jugoslawien das Staat selbst für den Fall, für den Einmarsch aus der Sowjetunion gerüstet sei.
    Überraschend mobilisiert hat in diesen Tagen auch Rumänien.
    Warum?
    Die Einigkeit innerhalb des Warschauer Paktes ist nicht groß, berichtet uns Rainer Allert aus Bukarest.
    In ungewöhnlich großer Zahl werden in diesen Tagen in Rumänien Reservisten aller Waffengattungen zu Übungen anberufen.
    Bei dieser Maßnahme handelt es sich nach Auffassung westlicher Diplomaten in Bukarest um die größte Teilmobilisierung rumänischer Streitkräfte seit dem Spätsommer des Jahres 1968.
    Die Rekrutierung der Reservisten und eine ganze Reihe anderer teilweise recht merkwürdiger Vorgänge werden letztlich zurückgeführt auf einen stark zunehmenden politischen Druck aus Moskau.
    Die Stimmung in Bukarest ähnelt in vielen der des Jahres 1968, kurz nach der Besetzung der Tschechoslowakei durch die Truppen des Warschauer Paktes.
    Die Rumänen hatten sich an dieser Invasion nicht beteiligt.
    Im Gegenteil, sie selbst fürchteten die Besetzung auch ihres Landes.
    Zu der jetzigen Einberufungsmaßnahme, wie auch zu den inzwischen entstandenen Gerüchten, schweigt die rumänische Regierung.
    Inoffiziell wird gegenüber ausländischen Journalisten jedoch deutlich gemacht, dass die rumänisch-sowjetischen Beziehungen gegenwärtig äußerst gespannt sind.
    Mit wachsender Besorgnis werden in Bukarest auch ungarische, bulgarische und sowjetische Publikationen betrachtet, die im Grunde, wenn auch in historisch verschleierter Form, auf Gebietsansprüche an Rumänien hinauslaufen.
    Dabei geht es um die an die Sowjetunion grenzende Moldau, an das an Ungarn grenzende Siebenbürgen, um die Dobrodscher, für die sich die Bulgaren zu interessieren scheinen.
    Besorgnis, ja Bestürzung, hat in Bukarest die sogenannte Sonnenfelddoktrin des amerikanischen Regierungsberaters ausgelöst.
    Sie wird von hohen Funktionären der rumänischen KP als die schlimmste und negativste politische These bezeichnet, die nach dem Zweiten Weltkrieg vertreten worden ist.
    Für Bukarest bedeutet die Sonnenfelddoktrin die
    Aufrechterhaltung und die Anerkennung der Teilung Europas in Machtblöcke und Einflusssphären, sodass die Rumänen unter diesen Umständen langfristig keine reale Chance für ihre Politik der absoluten Souveränität und Unabhängigkeit sehen.
    Sie fühlen sich durch die Sonnenfeldäußerungen direkt den Sowjets ausgeliefert und das ausgerechnet von amerikanischer Seite.
    In dieser Situation erfolgte die Einberufung der rumänischen Reservisten, die für alle völlig überraschend zum Teil in den Nachtstunden kam.
    Fahrzeuge der sogenannten Patriotischen Garde, eine Art Objektschutztruppe, holten die Reservisten direkt von ihren Wohnungen ab.
    Alles ging so rasch vonstatten, dass in vielen Fällen bis jetzt nicht einmal die Familien wissen, wo sich ihre einberufenen Angehörigen befinden.
    Das etwas Geheimnisvolle des Vorgangs sowie zur gleichen Zeit in Rumänien kolportierte Gerüchte über ein spannungsgeladenes rumänisch-sowjetisches Verhältnis haben unter der Bevölkerung zeitweilig panikartige, umfangreiche Hamsterkäufe nach lagerfähigen Lebensmitteln hervorgerufen.
    Über eine bevorstehende sowjetische Invasion wurden spekuliert, genauso wie angeblich bereits erfolgte Grenzverletzungen durch sowjetische Panzer.
    Aus Bukarest berichtete Rainer Allert.
    Es ist jetzt genau halb eins.
    Vor wenigen Tagen beendete man in der Bundesrepublik Deutschland den Parteitag der CDU.
    Grund, am 3.
    Oktober wird in der Bundesrepublik Deutschland gewählt.
    Die Wahlplattformen, wie das jetzt neuerlich heißt, werden überall gesucht und gefunden.
    An diesem Wochenende sucht und findet hoffentlich auch die FDP ihre Wahlplattform.
    Denn morgen und übermorgen wird die FDP in Freiburg im Preisgau zu einem außerordentlichen Parteitag zusammenkommen.
    Die FDP, das ist die Koalitionspartei der Sozialdemokraten, der Regierung also in Deutschland.
    Bei der letzten Wahl hat die FDP acht Prozent der Wählerstimmen erringen können.
    Wird sie das diesmal auch?
    Die CDU stellte ihren letzten Parteitag unter dem Motto Freiheit vor Sozialismus.
    Unter welches Motto wird die FDP diesen Parteitag stellen?
    Eine Vorschau auf diesen Parteitag gibt uns nun Klaus Emmerich.
    Mit 8% sind die Freidemokraten Westdeutschlands, wie sie selber sagen, gut gefahren, jedenfalls mit ihrer Regierungsbeteiligung.
    In der rot-blauen Koalition stellen sie derzeit von 16 Ministern vier und der FDP-Bundesparteiobmann Hans-Dietrich Genscher ist nicht nur Bundesaußenminister, sondern auch stellvertretender Bundeskanzler.
    Alles, was die FDP in den letzten Tagen und Stunden verlautbart, deutet auf ein neues rot-blaues Angebot an die westdeutschen Wähler hin.
    Die Wahlplattform, die die Freien Demokraten an diesem Wochenende ihrem Bundesparteiwahltag vorlegen, ist von Seite zu Seite insgesamt 27 auf ein Bündnis zwischen Sozialdemokraten und Freien Demokraten zugeschnitten.
    So fehlt es nicht an Angriffen auf die Christdemokraten in der Außen-, Wirtschafts-, Bildungs- und Gesellschaftspolitik.
    Gleichzeitig schonen die Freien Demokraten der kleinere Koalitionspartner im Regierungsbündnis ihren größeren Partner, die Sozialdemokraten.
    Nur indirekt wendet sich die FDP in ihrem Streben nach Eigenständigkeit gegen die Sozialdemokraten etwa bei der Betonung des Leistungsprinzips als Möglichkeit zur Selbstverwirklichung.
    Dieses Prinzip müsse gestärkt und auch gegen Widerstände noch durchgesetzt werden.
    Die Wahlplattform der Freien Demokraten sieht darauf ab, als die liberale Partei gewählt zu werden, bezeichnen sich doch auch die Großparteien wie die CDU, CSU und auch die SPD neuerdings als liberal.
    So werden die Tätigkeiten der vier FDP-Minister in der sozialliberalen Koalition von Bonn entsprechend herausgestrichen.
    Die Außendeutschland- und Entspannungspolitik Westdeutschlands wird von der FDP für sich in Anspruch genommen, genauer gesagt für Walter Scheel, den heutigen Bundespräsidenten, als er noch Außenminister war, sowie für den heutigen Bundesaußenminister Genscher.
    In ihrer Plattform verwendet sich die FDP für Fortschritte in der Europapolitik und setzt sich für den Abbau aller Grenzkontrollen ein.
    Sie fordert eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik für alle neuen Staaten der EG.
    Als Vertreter einer Politik marktwirtschaftlicher Vernunft.
    wird der der FDP angehörende Bundeswirtschaftsminister Friedrichs herausgestrichen.
    Auf mehreren Seiten bekennen sich die Liberalen zur Marktwirtschaft.
    Der hohe Bekanntheits- und Beliebtheitsgrad von Friedrich soll in der bevorstehenden Bundestagswahl die Freien Demokraten von den Sozialdemokraten abheben, etwa durch die FDP-Forderung nach Mittelstandsförderung, nach Kontrolle der Großbetriebe oder nach mehr Wettbewerb zugunsten der Verbraucher.
    Ähnlich verhält es sich mit der Agrarpolitik.
    Dem FDP-Landwirtschaftsminister Josef Ertel wird zugeschrieben, dass die bundesrepublikanische Landwirtschaft jetzt an der allgemeinen Wohlstandsentwicklung teilnehme.
    Wie eine liberale Gesellschaftspolitik Freiheitsräume schafft, etwa auch in der Bildungspolitik, beschäftigt die Wahlplattform der FDP ebenso wie das Thema Staat und Gesellschaft.
    Nur der freiheitliche Rechtsstaat ist ein wirklich starker Staat, steht da zu lesen.
    Oder so viel Freiheit wie möglich, so viel Sicherheit wie nötig.
    Bundesinnenminister Mayhofer wird als glaubwürdiger Garant für diese Politik bezeichnet.
    Nach dieser FDP-Wahlplattform soll es also bei Sozialliberalismus bleiben.
    Die FDP will die Demokratisierung der Gesellschaft behutsam, aber ohne abrupte Reformen weiterführen.
    Und sie möchte vor allem bei den westdeutschen Wechselwählern die Zweifel wegwischen, ob nach sieben Jahren rot-blauer Koalition der sogenannte Vorrat an Gemeinsamkeiten aufgebraucht ist oder nicht.
    Klaus Emmerich gab eine Vorschau auf den Parteitag der Freien Demokraten in Deutschland, die bei diesem Parteitag ihre Wahlplattform für den 3.
    Oktober für die Bundestagswahl in Deutschland finden wollen.
    Die Welthandelskonferenz in Nairobi, in Kenia, wurde überraschend um einen Tag verlängert.
    Man war aber trotzdem nicht im Klaren, ob es zu einem positiven Abschluss kommen werde.
    Eines war nur klar, die Dolmetschen sind um einen Tag zu früh abgereist.
    Man wusste nicht, wie wird man weiterhin miteinander reden können.
    Konnte man denn überhaupt miteinander reden?
    Auf der einen Seite die reichen Länder, auf der anderen die sogenannten Armen mit ihren riesigen Rohstoffhintergründen.
    Diese Rohstoffhintergründe sollten nun finanziert werden und dafür suchte man eigentlich eine richtige Plattform.
    Sind diese armen Länder, die auf der UNCTAD-Konferenz in Nairobi zusammenkamen, wirklich arme Länder?
    Hören Sie dazu einen Hintergrundbericht von Klaus Stiebler.
    Mancher Beobachter, der im Konferenzsaal saß und sich lange genug mit den Problemen der dritten Welt beschäftigt hat,
    konnte kritische Überlegungen bei diesen vielen beschwörenden Appellen und bitteren Anklagen gegen die reichen Industrienationen dicht verdrängen.
    Denn fast ohne Ausnahme genießen jene, die in Nairobi als Ankläger für die Armen und Unterdrückten in der dritten Welt auftreten, in ihren eigenen Ländern privilegierte Positionen.
    Präsident Marcos etwa erschien zu seinem Plädoyer für die Armen in Nairobi mit Sonderflugzeug und einem Rufstart von etwa 60 Mitgliedern.
    Zimmerfluchten in Luxushotels standen für ihn und seine Begleitung bereit.
    Präsident und First Lady traten jeden Tag in feinstem, frisch gebügeltem Batiste auf.
    Die erlesenen Accessoires der Delegation ließen unschwer ihre Herkunft aus den teuersten Geschäften in Hongkong und New York erkennen.
    Um gebührend über das Auftreten des eigenen Staatschefs zu berichten, hatte die philippinische Nachrichtenagentur eine Telex-Standleitung für mehrere Tage gemietet.
    Ein Luxus, den sich nicht einmal internationale Nachrichtenagenturen bei solchen Anlässen leisten.
    Manche Delegationen aus Staaten der Dritten Welt bei der Welthandelskonferenz sind größer als die aus reichen Industrienationen.
    Die Organisatoren solcher internationalen Treffen wissen längst,
    wie empfindlich gerade Repräsentanten der Entwicklungsländer sind, wenn es um die Unterbringung in Luxushotels, die Größe der Wagen oder die Anreise in den Erster-Klasse-Kabinen internationaler Flugbezirkschaften geht.
    Alle solche Privilegien werden mit Selbstverständlichkeit in Anspruch genommen und ohne große Bedenken den Steuerzahlern in den eigenen armen Ländern aufgebürdet.
    Die herrschende Elite in den Staaten der dritten Welt kennt bei der Selbstbedienung aus dem Staatssäckel Traumskrupe.
    Denn man kämpft zumindest in den eigenen Reden ja für die gute Sache der Armen und Unterdrückten.
    Bekenntnisse zum Sozialismus und zur größeren Gerechtigkeit in der Welt kommen fatalerweise jenen Führern am leichtesten über die Lippen, die am entschlossenen an den Privilegien der Herrschenden festhalten.
    Tansanias Präsident Julius Nyerere, der sich selbst als unermüdlichen Streiter für einen afrikanischen Sozialismus und für die Gleichheit in Armut ausgibt, bevorzugt für sich selbst Maßanzüge aus feinstem Tuch und Schuhe aus erlesenem Leder.
    Der Verhaltenskodex der Staatspartei TANU schreibt allen politischen Führern äußerste Bescheidenheit in ihren persönlichen Ansprüchen vor und legt sie etwa auf Wagen der unteren Mittelklasse als Dienstfahrzeuge fest.
    Präsident Nyerere benutzt selbstverständlich das letzte Mercedes-Modell mit erheblichem Hubraum.
    Auf dem Flughafen von Dar es Salaam wartet ständig eine mittelgroße Maschine auf ihn.
    Präsident Kenneth Kaunda im Nachbarland Zambia besitzt ein persönliches Fable für goldene Uhren und Bleistifte.
    Im Neunlöcher-Golfplatz hinter der eigenen Staatsresidenz kann er keinen Widerspruch zum selbstprogrammierten sambischen Sozialismus erkennen.
    Präsident Yomo Kenyatta, in Kenia stehen ständig ein halbes Dutzend Staatsresidenz und drei Mercedes 600 Luxuslimousinen zur Verfügung.
    Präsident Zamora Machel, der gerade die Vereinten Nationen um eine jährliche Hilfe von 400 Millionen Dollar ersucht hat, um Mosambik vor dem Wirtschaftsbankrott zu retten, findet nicht das geringste dabei, ständig einen Boeing-Jet der nationalen Fluggesellschaft für seine eigenen Zwecke zu benutzen.
    Er ist tausendlos zu Konferenzen und Treffen unterwegs.
    Zurzeit etwa unternimmt er eine kleine Weltreise durch die Hauptstädte des kommunistischen Lagers und verursacht damit Ausgaben von mindestens einer Million Mark in harten Devisen monatlich für sein bitterarmes Land.
    Nirgends klaffen die Einkommensunterschiede stärker, nirgends geht es den Reichen so unverhältnismäßig viel besser als in den armen Ländern dieser Welt.
    Bescheidenheit und Verzicht, selbstloser Einsatz für die Gemeinschaft,
    sind leider bei jenen am wenigsten ausgeprägt, die so gerne auf internationalen Konferenzen zu flammenden Anklagen gegen die reichen Nationen neiden.
    Sie hörten einen Hintergrundbericht von Klaus Stiebler zur UNCTAD-Konferenz, zur Welthandelskonferenz, die heute in Nairobi in Kenia zu Ende gehen wird.
    Über diese Konferenz werden wir übrigens auch noch in unserem Abendjournal heute um 18.15 Uhr genaueres berichten, wieder von Klaus Stiebler.
    Es ist jetzt 12 Uhr und 40 Minuten, 5 Minuten vor dreiviertel eins.
    Vielleicht könnte man zu diesem letzten Bericht von Klaus Stiebler noch eines sagen.
    Die dritte Welt ist im Umbruch und ganz besonders Afrika.
    Angola, Rhodesien, Mozambique und nun vielleicht als nächstes Land Südafrika.
    Die weißen Südafrikas haben sich nun ein neues Gesetz geschaffen, das sie vielleicht retten soll.
    Sie hoffen es.
    Böse Zungen behaupten, es sei ein SS-Gesetz.
    Hören Sie dazu unseren Südafrika-Korrespondenten Paul Schumacher.
    In wenigen Tagen wird sich die südafrikanische Regierung einer der striktesten Sicherheitsgesetzgebungen der westlichen Welt bedienen dürfen.
    Ursprünglich das sogenannte State Security oder Staatssicherheitsgesetz wurde es von der größtenteils liberalen englischsprachigen Presse in Südafrika kurzerhand SS-Gesetz genannt.
    Die nationale Regierung reagierte wie üblich empfindsam auf den Vergleich mit Nazi-Deutschland und benannte jetzt das Gesetzeswerk um.
    Allein die durchgreifenden Machtbefugnisse bleiben dieselben.
    So kann der Justizminister Jimmy Krüger zukünftig jeden verhaften lassen, von dem er annimmt, dass er, so wörtlich, die Sicherheit des Staates oder die Aufrechterhaltung von Law and Order gefährdet.
    Solchermaßen Verdächtige können ein Jahr lang, je nach Willkür aber auch unbegrenzt, festgehalten werden, ohne dass sie die Möglichkeit hätten, Anwälte, Gerichte oder selbst Familienmitglieder zur Rate zu ziehen.
    Bisher gab es zwar schon ähnliche Gesetze in Südafrika, die sich jedoch ausschließlich gegen Kommunismusverdächtige richteten.
    Eine andere Stelle des SF-Gesetzes sieht vor, dass potenzielle Zeugen unter gleichen Bedingungen verhaftet, außerdem hinderliche Personen oder Organisationen gebannt oder verboten werden können.
    Weiterhin hat jeder Polizist das Recht, jeden ihm verdächtig erscheinenden bis zu sieben Tagen ohne Haftbefehl aber mit Verlängerungsmöglichkeit festzunehmen.
    Beide Oppositionsparteien im südafrikanischen Parlament, die Vereinigte Partei weniger vehement als die progressive Reformpartei, lehnten die Sicherheitsgesetzgebung in dieser Form ab.
    Dennoch wird das die nationalen Regierenden nicht davon abhalten, zukünftig noch rigoroser zu regieren und wenn nötig jegliche Apartheidsopposition im Keim zu ersticken.
    Die Machtverhältnisse im Kapstadt der Parlament sind eindeutig.
    Die Regierungspartei stellt mehr als zwei Drittel aller Abgeordneten.
    Und obendrein droht sich gegenwärtig die zweitstärkste Partei, die United oder Vereinigte Partei, über für und wider die neuen Gesetze restlos zu zerstreiten.
    Schon jetzt stehen die zukünftigen Leidtragenden der neuen Gesetzgebung fest.
    Etwa die liberalen englischsprachigen Zeitungen des Landes, die seit Jahren eine konsequente Anti-Apartheid-Linie verfolgt haben.
    An der Spitze die Johannesburger Morgenzeitung, Rent Daily Mail.
    Doch auch schwarze wie weiße Studentenorganisationen, die beispielsweise schwarze Arbeiter für gewerkschaftliche Rechte interessieren wollten, werden zukünftig vom Damoklesschwert der neuen Gesetzgebung bedroht sein.
    Offiziell verweist die Regierung aber auch auf die Bedrohung aus den schwarzafrikanischen Nachbarstaaten, wie etwa Mozambik und Angola.
    Und indirekt musste Justizminister Krüger zugeben, dass auch die Apartheid-Politik zur Verschärfung der Lage beigetragen habe.
    Er sprach von einer Polarisierung von Schwarz und Weiß im Lande und erkannte wörtlich, Millionen von Schwarzen sagen heute bereits zu unserem schwarzen Volk, warum nur einen Teil des Apfels akzeptieren, wenn wir den ganzen Apfel in
    Paul Schumacher berichtete über das neue Sicherheitsstaatsschutzgesetz in Südafrika.
    New York, die Sieben-Millionen-Stadt, ist pleite.
    Die Universität von New York, und das ist das Neueste aus dieser Stadt, ist seit heute wegen Geldmangels geschlossen.
    Betroffen davon sind 250.000 Studenten, von denen ein großer Teil die Jahresexamen noch nicht abgeschlossen haben.
    Das Parlament des Bundesstaates New York hat sich gestern geweigert, der Hochschule den Betrag von 15 Millionen Dollar zur Verfügung zu stellen, der für die Auszahlung der Gehälter für die Lehrer notwendig gewesen wäre.
    New York ist pleite und die Universität geschlossen.
    Dieter Dölken meldet sich nun direkt aus New York.
    Die seit heute früh wirksame Schließung der New Yorker Stadtuniversität ist eine nach außen hin dramatisch wirkende späte Begleiterscheinung der andauernden kommunalen Finanzkrise und der von ihr verursachten Einsparungsmaßnahmen in New York.
    Die Stadtuniversität ist mit einer Viertelmillion Studenten und 27.000 Mitarbeitern im Lehr- und Hilfspersonal eine der größten Hochschulen der Welt.
    Sie konnte gestern fällige Gehälter im Gegenwert von 270 Millionen Schilling nicht auszahlen und ihr Kanzler Robert Kibbe ordnete daraufhin nach Unterrichtung der Direktoren der 20 Einzelinstitute die zeitweilige Stilllegung der Universität an.
    Tatsächlich aber wäre sie wegen des um den Amerikanischen gefallenen Gedenktag am Montag verlängerten amerikanischen Wochenendes ohnehin bis zum Dienstagmorgen geschlossen geblieben.
    Die Maßnahme des Kanzlers hat also einstweilen fast nur demonstrative Bedeutung.
    Sie hat offenkundig zum Ziel, politischen Druck auf das Parlament des Bundesstaates zu locken.
    Dort befindet sich ein Finanzierungsplan für die Hochschule in der Beratung.
    Dieser sieht bis zum Semesterende die Zuweisung von zusätzlichen 430 Millionen Schilling an die Stadtuniversität vor.
    Daneben aber auch den Beschluss, dass sie ihre Rolle als einzige praktisch gebührenfreie öffentliche Hochschule der gesamten Vereinigten Staaten aufgibt.
    Bisher erheben private amerikanische Universitäten Vorlesungsgebühren von bis zu 125.000 Schilling pro Student und Jahr.
    Die New Yorker Stadtuniversitäten begnügen sich mit 16.000 Schilling im Jahr.
    Die Stadtuniversität hingegen verlangt nur einen geringfügigen Kostenzuschuss von 2000 Schilling im Jahr.
    Dies führt dazu, dass fast die Hälfte der Studenten der Stadtuniversität aus Familien stammen, die ihnen ein Studium an anderer Stelle nicht finanzieren könnten, zumal also aus dem Kreis der Schwarzen und sonstige Minderheiten.
    Darüber hinaus betreibt die Stadtuniversität eine sogenannte offene Zulassung ohne Quoten und abschreckende Prüfungsverfahren.
    Gerade diese angebliche soziale Großzügigkeit der Stadtverwaltung war von Kritikern der New Yorker kommunalen Finanzpolitik stets scharf attackiert worden.
    Sobald, woran nicht gezweifelt wird, zusätzliche Mittel aus der New Yorker Staatshauptstadt Albany eintreffen, kann die Stadtuniversität binnen eines Tages wieder eröffnet werden.
    Angst versetzt sind dennoch jene 30.000 bis 40.000 Studenten, die dort zurzeit im Examen stehen und jene, die von einer bis Ende Juni befristeten Aufnahmesperre betroffen werden.
    Dieter Dölken berichtete aus New York über die Pleite der Stadtuniversität von New York.
    New York ist also pleite und wegen der anhaltenden Finanzkrise müssen im Juli voraussichtlich auch 49 Kinderbetreuungsstätten geschlossen werden.
    Auch die Schließung von 30 Krankenhäusern in der Stadt New York steht bevor.
    Was das für eine Sieben-Millionen-Stadt bedeutet, können Sie sich selbst ausrechnen.
    So, und jetzt, zwölf Minuten vor ein Uhr, kommen wir direkt zu den Kulturberichten im Journal.
    Zuerst einmal nach Wien.
    Bei den Wiener Festwochen hat heute im Theater an der Wien Paul Claudels Schauspiel das Buch des Christoph Kolumbus, Christoph Kolumb, Premiere.
    Es handelt sich dabei um ein Gastspiel der Compagnie Renaud-Parrot, die sich zurzeit auf einer Tournee durch Westeuropa und die Sowjetunion befindet.
    Die Inszenierung des Christoph Kolumb stammt von Jean-Louis Parrot selbst, die Musik komponierte Darius Millau.
    Kostka Hetzer berichtet über die Aufführung.
    Auf der Bühne ein Schiff mit geblähten Segeln.
    Feierlicher Einzug von Chor und Orchester.
    Das Buch von Christoph Kolumbus wird hereingebracht und vom Ansager aufgestellt.
    Er betet um Kraft, das Buch des Mannes, der die Welt vereinigt hat, richtig erzählen zu können.
    Das Spiel um Christoph Kolumbus, dem Entdecker Amerikas, kann beginnen.
    Die Inszenierung ist 23 Jahre alt.
    Und wie Jean-Louis Barraud in seiner Autobiografie Erinnerungen für Morgen erzählt, ist Christoph Kolumbus die Synthese all dessen, was er Barraud immer mit dem Theater erreichen wollte.
    Sozusagen ein künstlerisches Manifest.
    In dieser Teil von meiner Lebe, die ich mit Paul Claudel vertreten habe, weil wir fast 20 Jahre zusammen gearbeitet haben,
    In dem Abschnitt meines Lebens, in dem ich mit Paul Claudel zusammengearbeitet habe, und das waren fast 20 Jahre, war Christophe Colombus für uns die Gelegenheit, eine Art Theaterästhetik zu präsentieren, die man als totales Theater bezeichnet hat.
    Aber diese Bezeichnung ist verwirrend.
    Als totales Theater bezeichnet man eine Art von Theater, das Licht, Film, Gesang, Tanz und Pantomime, natürlich Text und alle anderen Künste, wie zum Beispiel Malerei und Musik, vereinigt.
    Für uns aber ist totales Theater ein Theater, das den menschlichen Körper in der Totalität seiner Ausdrucksmittel benutzt.
    Das heißt,
    Wir wollen den Schauspieler, der seinen Körper wie ein Instrument benutzt, der alles verkörpern kann, zum Beispiel einen Sessel oder Wasser oder alles in seiner Umgebung.
    Diese Aufführung gibt uns Gelegenheit, in einer Art von Spektakel alle Möglichkeiten des menschlichen Körpers zu zeigen.
    Bei dieser Inszenierung ging es baro weniger um die tatsächlichen geschichtlichen Ereignisse als um den Menschen Christoph Kolumbus, der ein suchender, ein schöpferischer Mensch war.
    Um seiner Berufung zu folgen, setzt er sich über alle Schwierigkeiten hinweg und schreckt nicht vor Grausamkeiten zurück.
    Hier konnte sich Claudel, der zum Katholizismus übergetreten war, nie ganz von Nietzsche freimachen.
    Es geht also um den schöpferischen Menschen in diesem Stück.
    Ein Mensch, den Barrault mit einem neugierigen, grausamen Kind vergleicht.
    Der Dichter Claudel, der Komponist Darius Milot,
    und der Schauspieler und Regisseur Barrault haben also damals, vor über 23 Jahren, bei diesem Stück, das ursprünglich als Oper konzipiert war, zusammengearbeitet.
    Zusammenarbeit und Kommunikation ist ein großes Wort für Jean-Louis Barrault.
    Seine Truppe wurde vor 30 Jahren in Paris gegründet.
    Seit drei Jahren spielt sie im Theater d'Orsay, einem Mittelding zwischen einer Scheune und einem Zirkus.
    Es ist eine Art Kommunikationszentrum für Schauspieler und Zuschauer.
    Man sieht und spielt Theater, man isst zusammen, man diskutiert.
    Die Barriere-Zuschauer-Raumbühne scheint weitgehend aufgehoben zu sein.
    Kostka Hetzer berichtete über die heutige Aufführung der Compagnie Renaud-Barraud von Paul Claudel's Schauspiel »Das Buch des Christoph Kolumbus«.
    Vielleicht erinnert sich mancher von Ihnen noch an Jean-Louis Barraud als Filmschauspieler.
    Kinder des Olymp war einer seiner ganz großen Filme.
    Und das bringt uns auch zu unserem nächsten Thema.
    Film in Österreich.
    Aber diesen Film in Österreich gibt es den überhaupt noch.
    Die Aktion der Gute Film feiert heute heuer ihr 20-jähriges Bestandsjubiläum.
    Aus diesem Anlass veranstaltet die Aktion der Gute Film zurzeit in Graz ein viertägiges Symposium zum Thema Film in Österreich.
    Aus Graz meldet sich dazu Gudrun Gröbelbauer.
    Wenn der Film Luxus für die Reichen ist, dann ist er für die Armen eine Notwendigkeit.
    Mit diesen Worten charakterisierte der österreichische Regisseur Axel Korti zu Beginn dieses Symbosiums die Bedeutung einer Kunstform, die in Österreich noch immer ein Ghetto-Dasein führt.
    80 Tagungsteilnehmer aus dem gesamten Bundesgebiet bemühen sich nun um Vorschläge, wie man diese Situation ändern könnte.
    Hauptthema der Referate und Diskussionsrunden sind Fragen der Produktions- und Abspielförderung des Films in Österreich.
    Dabei wird immer wieder die Notwendigkeit eines Filmförderungsgesetzes betont.
    Axel Korti meinte dazu, dass ein entsprechender Gesetzesentwurf seit Jahren zwischen den zuständigen Ministerien, dem Unterrichts- und dem Handelsministerium hin- und hergeschoben werde, ohne dass man den Betroffenen, den Filmemachern Möglichkeit zu Gesprächen geboten habe.
    Zu den Richtlinien eines Filmförderungsgesetzes sagte Corti, dass man ausschließlich kulturpolitisch relevante Filme unterstützen müsse, unabhängig von ökonomischen Überlegungen.
    Voraussetzung dafür sei allerdings die Risikobereitschaft der Produzenten.
    Corti forderte weiters die Kontingentierung der Ein- und Ausfuhr von Filmen.
    Derzeit kommt in Österreich auf den Import von 100 ausländischen Filmen der Export eines österreichischen Filmes.
    Ministerialrat Hermann Lein vom Unterrichtsministerium wies darauf hin, dass man in den letzten Jahren verschiedene Modelle der Filmförderung erprobt habe.
    In letzter Zeit sei man von der Förderung bestimmter Unternehmen zur Projektförderung übergegangen.
    Das Unterrichtsministerium habe in diesem Jahr 25 Millionen Schilling auf dem privaten Kapitalmarkt zur Filmförderung aufgenommen.
    Die Möglichkeit einer raschen Verwirklichung des neuen Filmförderungsgesetzes, über dessen Einzelheiten er nichts sagte, deutete Diplomkaufmann Herbert Thieber, der Sekretär des Handelsministers, an.
    Noch heuer werde man den Gesetzentwurf dem Ministerrat zuleiten.
    Dass man in der Schweiz in puncto Filmförderung bereits einen Schritt weiter ist als in Österreich, bewies ein Referat des Präsidenten der Schweizer Filmjournalisten Urs Jäcki.
    Seit 1963 gibt es in der Schweiz das Bundesgesetz für das Filmwesen.
    Als Förderungsmaßnahmen sieht es Beiträge für Drehbücher, die Herstellung von Filmen,
    Qualitätsprämien für fertige Filme sowie Beiträge für die Infrastruktur und das Marketing vor.
    In Österreich ist die Zahl der Kinos seit 1958 von 1200 auf 600 gesunken.
    Angesichts dieser Entwicklung wurde bei dieser Tagung auch die Schaffung eines Kinofonds diskutiert.
    Die Aktion der Gute Film beabsichtigt in Zusammenarbeit mit Filmclubs, Kinobesitzer vertraglich zu Veranstaltungsserien mit Qualitätsfilmen zu verpflichten.
    Etwaige Defizite sollen aus dem Kinofonds gedeckt werden.
    Das Symposium wird durch eine Reihe von Filmaufführungen ergänzt, wobei neben einer Werkschau über den österreichischen Film der vergangenen zehn Jahre auch Experimentalfilme aus jüngster Zeit auf dem Programm stehen.
    Gudrun Gröbelbauer von unserer Grazer Redaktion berichtete über ein Symposium, das vier Tage dauert und das zum Thema hat Film in Österreich.
    Zum Abschluss des Journals wie immer noch einmal Nachrichten.
    Indonesien.
    Der saudi-arabische Ölminister Jamani hat sich kurz vor seinem Abflug aus Bali sehr zufrieden auf die Ergebnisse der OPEC-Konferenz geäußert.
    Besonders wies Jamani auf den Beschluss der 13 OPEC-Staaten hin, die Rohölpreise bis Ende des Jahres nicht zu erhöhen.
    Österreich.
    Dr. Knapp vom Institut für Berufsbildungsforschung erklärte heute in einem ORF-Interview, es werde im Herbst nur dann gelingen, alle Lehrstellensuchenden unterzubringen, wenn die Wirtschaft mehr Lehrplätze als in den vergangenen Jahren zur Verfügung stellen könne.
    Davon dürften etwa 3.000 Lehrstellensuchende betroffen sein.
    Als Ausweichmöglichkeit nannte Knapp den Besuch einer berufsbildenden mittleren oder höheren Schule.
    Sozialminister Häuser hat in einer Anfrage Beantwortung mitgeteilt, es seien bereits Vorkehrungen getroffen für den Fall, dass in einzelnen Randregionen Österreichs Schwierigkeiten bei der Unterbringung von Jugendlichen an Ausbildungsplätzen auftreten sollten.
    Die Arbeitsämter sind nach Angaben Häusers darauf vorbereitet, ab Schulschluss durch entsprechende Information und durch Beihilfen an Lehrlinge verstärkt für einen überregionalen Ausgleich zu sorgen.
    Jugoslawien.
    Nach dem Bericht des ORF-Korrespondenten in Belgrad bereitet den Behörden die zunehmende Frauenarbeitslosigkeit große Sorge.
    Obwohl den Frauen in Jugoslawien theoretisch alle Berufe offen stehen und sie den männlichen Kollegen gleichgestellt sind, ist der Anteil der Frauen an den Arbeitslosen auf zwei Drittel angestiegen.
    Es besteht vor allem ein Überangebot an Hoch- und Mittelschulabsolventinnen, qualifizierten Facharbeiterinnen und weiblichen Bürokräften.
    Rumänien.
    Nach einem Bericht des ORF-Mitarbeiters in Bukarest werden in diesen Tagen Reservisten aller Waffengattungen zu Übungen einberufen.
    Es ist die größte Teilmobilisierung in Rumänien seit dem Spätsommer 1968 nach der Besetzung der Tschechoslowakei durch die Truppen der Warschauer Paktstaaten.
    In dem Bericht wird als Grund für die Teilmobilisierung ein zunehmender starker Druck aus Moskau angeführt.
    Wie der ORF-Mitarbeiter erklärte, seien die rumänisch-sowjetischen Beziehungen zurzeit äußerst gespannt.
    Ursache seien zum Teil in den Zeitungen der Oststaaten erhobene Gebietsansprüche, die vor allem die an die Sowjetunion grenzende Moldau und das an Ungarn grenzende Siebenbürgen betreffen.
    Italien.
    Morgen und übermorgen werden die Angestellten der Hotels, Pensionen und Gasthöfe streiken, um Tariferbesserungen durchzusetzen.
    In der Nacht von heute auf morgen tritt in Italien die Sommerzeit in Kraft.
    Um Mitternacht werden die Uhren um eine Stunde vorgestellt.
    Gleichzeitig gilt im Liniennetz der italienischen Staatsbahnen der Sommerfahrplan.
    Griechenland.
    Die etwa 30.000 Beschäftigten der staatlichen Krankenhäuser setzen ihren gestern aufgenommenen Streik fort.
    Sie wollen mit dem für 48 Stunden befristeten Ausstand verschiedene Forderungen, in erster Linie jedoch eine Lohnerhöhung von 20 Prozent durchsetzen.
    Schweiz.
    Auf das Gebäude des türkischen Konsulates und auf eine türkische Bank in Zürich sind gestern Abend Bombenanschläge verübt worden.
    Nach Mitteilung der Polizei wurde zwar niemand verletzt, doch entstand erheblicher Sachschaden.
    Mit diesen Meldungen aus aller Welt beenden wir jetzt eine halbe Minute vor 1 Uhr Mittag das Mittagsjournal.
    Ausführliche Berichte hören Sie heute wieder um 18.15 Uhr im Programm Österreich 1 beim Abendjournal.
    Nachrichten aber bringt der aktuelle Dienst zu jeder vollen Stunde im Programm Österreich 3.
    Für Redaktion und Technik sage ich Ihnen auf Wiederhören.

    Beiträge dieses Journals

    Nachrichten
    Datum: 1976.05.29 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 70er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Wetterbericht
    Datum: 1976.05.29 [Sendedatum]
    Schlagworte: Natur ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 70er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Inlandspresseschau: Androsch Bevölkerung muß Opfer bringen
    Mitwirkende: Eichinger, Erich [Gestaltung]
    Datum: 1976.05.29 [Sendedatum]
    Schlagworte: Politik ; Medien und Kommunikation ; Wirtschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 70er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Lehrstellenerhebung 1976 ergibt zuwenig Lehrplätze
    Interview: Dr. Ilan Knapp Österreichisches Institut für Berufsbildungsforschung (ÖIBF)
    Mitwirkende: Seifert, Wilfried [Gestaltung] , Knapp, Ilan [Interviewte/r]
    Datum: 1976.05.29 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Bildung ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 70er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Steigende Arbeitslosigkeit in Jugoslawien
    Mitwirkende: Chalupa, Gustav [Gestaltung]
    Datum: 1976.05.29 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Politik ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 70er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Massenmobilisierung in Rumänien
    Mitwirkende: Allerdt, Rainer [Gestaltung]
    Datum: 1976.05.29 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Politik ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 70er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Vorschau auf FDP Parteitag
    Mitwirkende: Emmerich, Klaus [Gestaltung]
    Datum: 1976.05.29 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Politik ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 70er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Wohlstand der Armen, Konferenz in Nairobi
    Mitwirkende: Stiebler, Klaus [Gestaltung]
    Datum: 1976.05.29 [Sendedatum]
    Ort: Nairobi [Veranstaltungsort]
    Schlagworte: Politik ; Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 70er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    "Sicherheitsstaatsschutzgesetz" in Südafrika
    Mitwirkende: Schumacher, Paul M. [Gestaltung]
    Datum: 1976.05.29 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Politik ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 70er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Universität der Stadt New York wegen Geldmangels geschlossen
    Mitwirkende: Dölken, Dieter [Gestaltung]
    Datum: 1976.05.29 [Sendedatum]
    Ort: New York City
    Schlagworte: Gesellschaft ; Wissenschaft und Forschung ; Wirtschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 70er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Premierenvorschau "Das Buch des Christoph Kolumbus" - "Christophe Colomb" von Darius Milhaud Paul Claudel, Gastspiel der Compagnie Renaud-Barrault
    Einblendung: Jean Louis Barrault
    Mitwirkende: Hetzer-Molden, Koschka [Gestaltung] , Barrault, Jean-Louis [Interviewte/r]
    Datum: 1976.05.29 [Sendedatum]
    Ort: Wien, Theater an der Wien [Ort der Aufführung]
    Schlagworte: Kultur ; Bildung ; Musik ; E-Musik ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 70er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Grazer Symposion "Film in Österreich"
    Mitwirkende: Gröbelbauer, Gudrun [Gestaltung]
    Datum: 1976.05.29 [Sendedatum]
    Ort: Graz [Veranstaltungsort]
    Schlagworte: Politik Österreich ; Kultur ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 70er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten

    Katalogzettel

    Titel Mittagsjournal 1976.05.29
    Spieldauer 00:59:56
    Mitwirkende Bock, Hellmuth [Moderation]
    Dobrovolny, Herbert [Regie]
    ORF [Produzent]
    Datum 1976.05.29 [Sendedatum]
    Schlagworte Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt
    20. Jahrhundert - 70er Jahre
    Typ audio
    Format TKA [Tonband auf Kern (AEG)]
    Sprache Deutsch
    Rechte Mit freundlicher Genehmigung: ORF
    Signatur Österreichische Mediathek, jm-760529_k02
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