Mittagsjournal 1986.11.29

Video-Player wird geladen.
Advertisement
Aktueller Zeitpunkt 00:00
Dauer 00:00
Geladen: 0%
Streamtyp LIVE
Verbleibende Zeit 00:00
1x
  • Marker
  • Beschreibungen aus, ausgewählt
  • Untertitel aus, ausgewählt
    x
    ZOOM HELP
    Drag zoomed area using your mouse or a finger.
    100%

    Rechtliches

    Zitieren

    KI-generiertes Transkript

    Die Zeit in fünf Sekunden ist es zwölf Uhr.
    Zwölf Uhr.
    Hier ist der österreichische Rundfunk.
    Einen schönen Samstagmittag, meine Damen und Herren.
    Herbert Dobrowolny begrüßt Sie zu einer Stunde Information mit folgenden Inhalt.
    Im Journal zu Gast haben wir heute, eine Woche nach der Wahl, den ehemaligen Wirtschaftssprecher der Volkspartei Robert Graf.
    Er nimmt zu den anstehenden Koalitionsverhandlungen und zur Wahlniederlage seiner Parteistellung.
    Dem Thema Koalitionsverhandlungen sind auch einige Kommentare in den heutigen Zeitungen gewidmet, aus denen wir zitieren.
    Dann geht es um Umwelt.
    Zu diesem Themenbereich bringen wir zwei Reportagen.
    Helmut Brandstätter hat sich einen Monat nach dem Brand im Basler Chemieberg von Sandoz in der schweizerischen Stadt umgesehen und Marian Lorenz war in Kiew.
    Sie schildert, wie die Bewohner der 100 Kilometer von Tschernobyl entfernten Stadt mit den Folgen der Reaktorkatastrophe fertig werden.
    Die Kulturredaktion berichtet über ein außergewöhnliches Konzert.
    Friedrich Gulder und Joe Zawinul werden im Konzerthaus gemeinsam in die Tasten greifen.
    Vor all dem noch der Nachrichtenüberblick, den Elisabeth Manners redigiert hat und den Maria Piefel liest.
    Südkorea.
    Die innenpolitische Situation in Südkorea hat sich weiter verschärft.
    Eine Großkundgebung der Opposition in Seoul wurde von der Polizei verhindert.
    Etwa 70.000 Polizisten sperrten alle Zufahrtswege zu dem Versammlungsgelände ab.
    Sie trieben die Demonstranten mit Tränengas und Schlagstöcken auseinander.
    Nach Angaben der internationalen Nachrichtenagenturen gingen die Beamten auch gegen unbeteiligte Passanten vor.
    Mehr als 600 Personen wurden festgenommen.
    Sie werden wegen der Verteilung regierungsfeindliche Flugblätter angeklagt.
    Mehrere Oppositionspolitiker sowie hunderte Regimegegner stehen bereits seit Tagen unter Hausarrest.
    Mit der Kundgebung wollte die Opposition ihrer Forderung nach einer Verfassungsänderung Nachdruck verleihen.
    USA – Sowjetunion Die Entscheidung der USA, die Obergrenze des SALT-II-Vertrages zu überschreiten, hat in der Sowjetunion heftige Reaktionen ausgelöst.
    Parteichef Gorbatschow sprach von einem schweren Fehler Washingtons.
    Das Parteiorgan Pravda sieht einen verantwortungslosen Schritt der Vereinigten Staaten.
    Wörtlich heißt es in der Pravda, die Vereinbarung über die Begrenzung des Wettrüstens sei von Washington bewusst torpediert worden.
    Bedenken über das amerikanische Vorgehen brachten auch die Bundesrepublik Deutschland, Großbritannien, Kanada, die Niederlande sowie Belgien zum Ausdruck.
    Die Obergrenze des SALT-II-Vertrages war gestern mit der Indienststellung des 131.
    Langstreckenbombers der Type B-52 mit Marschflugkörpern an Bord überschritten worden.
    USA.
    Das Präsidialamt in Washington wünscht offenbar die eindeutige Aufklärung der geheimen amerikanischen Waffenlieferungen an den Iran.
    Justizminister Edwin Meese hat Vollmachtarten, alles Notwendige zu tun, um die Untersuchung erfolgreich abzuschließen.
    Meese wird allerdings ebenso wie Vizepräsident Bush, Sterbchef Donald Reagan, Verteidigungsminister Weinberger und Geheimdienstchef Casey verdächtigt
    gegen amerikanische Gesetze verstoßen zu haben.
    Die Namen wurden in einem Bericht des Unterausschusses für Kriminalität des Repräsentantenhauses an das Justizministerium genannt.
    Vermutet wird, die Persönlichkeiten hätten sich des Missbrauches öffentlicher Gelder schuldig gemacht.
    Die Zeitung Washington Post meldete zuletzt, der frühere Außenminister Alexander Haig sei mit den Waffenlieferungen in Zusammenhang gebracht worden.
    Das Blatt schreibt, Haig habe 1981 die Verschiffung militärischer Ersatzteile im Wert von umgerechnet mehr als 200 Millionen Schilling genehmigt.
    Der frühere Außenminister hat dies allerdings bestritten.
    Dänemark, Marokko
    Der dänische Außenminister Ellemann Jensen hat bei einem offiziellen Besuch in Marokko einen Boykott gegen Produkte aus Südafrika angekündigt.
    Diese Maßnahme ist ein Protest gegen die Rassentrennungspolitik der Regierung in Pretoria.
    Die Dänen wollen künftig Erzeugnisse statt aus Südafrika aus den Nachbarstaaten Angola, Botswana, Mozambique, Tanzania, Zambia sowie Zimbabwe beziehen.
    Jensen appellierte an die anderen Länder, dem dänischen Beispiel zu folgen.
    Frankreich Die bürgerliche Regierung des Ministerpräsidenten Chirac ist von dem umstrittenen Entwurf der Hochschulreform offenbar abgerückt.
    Ursprünglich war für gestern Abend eine Debatte in der Nationalversammlung in Paris geplant, jetzt wurde der Gesetzesentwurf den Fachausschüssen für Kultur des französischen Parlaments zugeleitet.
    Das bedeutet, dass die Nationalversammlung frühestens in zwei Wochen über die Reformpläne abstimmen wird.
    In den vergangenen zwei Tagen haben etwa 500.000 Studenten und Gymnasiasten gegen die vorgesehene Hochschulreform protestiert.
    Sie sahen im Text der Gesetzesvorlage unter anderem einen erschwerten Zugang von Hochschülern zu den Universitäten.
    Aus den Geschäftsräumen des Verbandes der Widerstandskämpfer in Lyon sind in der vergangenen Nacht Dokumente über den mutmaßlichen deutschen Kriegsverbrecher Klaus Barbie gestohlen worden.
    Nach Angaben des Verbandes befanden sich die Schriftstücke in einem Panzerschrank.
    Barbie war seinerzeit Gestapo-Chef von Lyon.
    Er ist in der Stadt inhaftiert.
    Der Verband wird beim Prozess gegen ihn durch eine Zivilklage vertreten sein.
    Der Gerichtstermin steht noch nicht fest.
    Spanien.
    24 Stunden vor den Regionalwahlen im Baskenland hat heute eine Bombe und Explosion eine Filiale einer französischen Autofirma zerstört.
    Verletzt wurde niemand.
    Die Sachschäden werden aber als erheblich bezeichnet.
    Die Behörden sehen Terroristen der baskischen Separatistenorganisation ETA als Täter.
    Diese Organisation soll bereits viermal Attentate auf das Verkaufsbüro der Autofirma Peugeot verübt haben.
    Bundesrepublik Deutschland.
    Bisher unbekannte Täter haben heute Anschläge auf zwei Eisenbahnstrecken in Bayern verübt.
    Menschen wurden nicht verletzt, es entstand aber nach Angaben der Behörden Sachschaden von umgerechnet etwa 350.000 Schilling.
    Unter anderem wurde die Frontscheibe der Lokomotive eines in Richtung Augsburg fahrenden Expresszuges zertrümmert.
    Es wird vermutet, dass die Attentate von Kernkraftgegnern durchgeführt wurden.
    Belgien.
    Bei einer Eidparadensendung in der südbelgischen Stadt Charleroi sind 70 Personen verletzt worden.
    In den Sportpalast drängten mehr als 20.000 junge Leute, obwohl die Halle nur 15.000 Menschen fassen kann.
    Die Ordnungskräfte waren offensichtlich völlig überfordert.
    Im Gedränge um die Plätze zogen sich zahlreiche jugendliche Gehirnerschütterungen und Knochenbrüche zu.
    USA.
    Die amerikanischen Diplomaten werden ab Jahresbeginn auf die Immunschwäche Krankheit AIDS untersucht.
    Auch ihre Familienangehörigen sollen sich Tests unterziehen müssen.
    In einer offiziellen Erklärung heißt es, sollten Diplomaten als AIDS-krank eingestuft werden, würden sie nicht mehr im Ausland eingesetzt werden.
    Nun zur Wetterlage.
    Ein großräumiges Hochdruckgebiet bedeckt weite Teile Europas und bestimmt das Wetter in Österreich.
    Die Aussichten bis morgen früh, meist wolkenlos oder heiter.
    Während der Nacht regional wieder Boden- oder Hochnebelbildung.
    Schwachwindig, Nachmittagstemperaturen 1 bis 7 Grad, Tiefstemperaturen der kommenden Nacht minus 5 bis plus 2 Grad.
    Die Prognose für morgen Sonntag.
    Strichweise Boden- oder Hochnebelfelder, sonst allgemein sonnig.
    Schwachwindig, Tageshöchsttemperaturen 1 bis 6 Grad.
    Eine Vorschau auf Montag, keine Wetteränderung.
    Strichweise nebelig trüb, sonst heiter.
    Die Messwerte von 12 Uhr.
    Wien wolkenlos 5 Grad, Ostwind mit 10 Kilometern pro Stunde.
    Eisenstadt wolkenlos 7°C, Südost 10°C, St.
    Pölten heiter 3°C, Süd 10°C, Linz wolkenlos 4°C, Ost 15°C, Salzburg heiter 4°C, Innsbruck wolkenlos 2°C, West 15°C, Bregenz stark bewölkt 0°C, Graz heiter 5°C und Klagenfurt heiter bei 3°C.
    Soweit also Nachrichten und der Wetterbericht im Mittagsschnall.
    Es ist jetzt 12 Uhr und 9 Minuten.
    Im Journal zu Gast ist heute Robert Graf, vor kurzem noch Wirtschaftssprecher der österreichischen Volkspartei.
    Der 57-jährige ÖVP-Politiker legte ja nach der Wahlniederlage seiner Partei die Funktion des Wirtschaftssprechers zurück und weigerte sich auch, dem Verhandlungskomitee der Volkspartei bei den Koalitionsgesprächen mit der SPÖ anzugehören.
    Begründung, er sei ein so bekannter und überzeugter Anhänger einer großen Koalition, dass dies die Verhandlungsposition seiner Partei schwächen würde.
    Die Weigerung Grafs wurde aber auch dahingehend interpretiert, dass er damit sein Missfallen über jene ÖVP-Politiker ausdrücken wollte, die eine kleine Koalition mit den Freiheitlichen anstreben.
    Graf hat dieses Mal nicht mehr für den Nationalrat kandidiert.
    Nach wie vor ist er ja Vizepräsident des ÖVP-Wirtschaftsbundes und Präsident der Burgenländischen Handelskammer.
    Graf gilt aber bei einer eventuellen großen Koalition, gleichsam als sicherer Anwärter auf einem Ministerposten,
    für den Fall des Ausscheidens von Mock sogar als möglicher Vizekanzler.
    Mit Robert Graf sprach Ulrich Brunner.
    Herr Präsident Graf, Sie haben Ihre Funktion als Wirtschaftssprecher der österreichischen Volkspartei zurückgelegt und Sie wollten auch nicht dem Verhandlungskomitee der ÖVP bei den Koalitionsgesprächen angehören.
    Ist das der totale Ausstieg des Robert Graf aus der Politik oder ist das nur ein vorübergehendes Zurücktreten?
    Die Wahrheit liegt wie immer in der Mitte.
    Zuerst zu meinem Rücktritt als Wirtschaftssprecher.
    Ich habe in den letzten Jahren maßgeblich die Wirtschaftspolitik meiner Partei beeinflusst.
    Ich habe sie gemacht.
    Ich trage die uneingeschränkte Verantwortung für vier Jahre wirtschaftspolitische Meinung der Volkspartei.
    Das wurde bei der Wahl sichtlich nicht so honoriert, wie ich es erwartet habe.
    Daher trat ich zurück, um meinen Freund Alois Mock zu entlasten.
    Ich glaube, dass dieser Rücktritt sich gehört hat.
    Das ist die eine Seite.
    auf den zweiten Teil Ihrer Frage besser gesagt, warum ich dem Verhandlungskomitee nicht angehören möchte, auch dazu ein offenes Wort.
    Ich habe in all dieser Zeit vor der Wahl, während der Wahl und auch nachher eindeutig und ausschließlich eine große Koalition zwischen SPÖ und ÖVP gewünscht.
    Meine Partei hat im Moment keinen diesbezüglichen Beschluss, sondern maßgebliche Teile meiner Partei wünschen eine kleine Koalition oder einen Weg in die Opposition.
    Ich hätte also Verhandlungen belastet, denn wenn ein erklärter Fan einer Koalition, einer großen, in einem Verhandlungskomitee sitzt,
    wo Teile der Partei genau das Gegenteil wollen, ist das eine Belastung.
    Daher wollte ich und will auch weiterhin unter diesen Umständen dem Verhandlungskomitee nicht angehören.
    Der dritte Teil Ihrer Frage, ob es ein Protest oder ein Abschied aus der Politik oder nur ein vorübergehender Ausstieg aus der Politik ist, auch der kann klar beantwortet werden.
    Wenn meine Partei einen einstimmigen Beschluss oder mit starker Mehrheit fasst, in eine große Koalition zu gehen, und dann wünscht Dr. Mock, dass ich dem Verhandlungskomitee angehöre, bin ich wieder drinnen.
    Nun hat aber Ihr Parteiobmann Dr. Mock versprochen, keine Scheinverhandlungen mit der SPÖ zu führen.
    Das heißt, Sie hätten ja nach diesem Versprechen ohne weiteres Mitglied des Verhandlungskomitees sein können.
    Ich habe ja Dr. Mock, mit dem ich befreundet bin, nie unterstellt, dass er Scheinverhandlungen führt.
    Meine Partei muss sich!
    Offenlassen Gespräche mit allen.
    Das ist völlig richtig.
    Ich käme nur dann zurück, wenn in meiner Partei die Entscheidung gefallen ist, mit den anderen geht es nicht oder man will nicht.
    Ich bin nur brauchbar, wenn es mit den Sozialisten zu Verhandlungen kommt.
    Alles andere ist dann schon vorbei.
    Nur dann bin ich verwertbar.
    Und wie groß schätzen Sie die Chance ein, dass es doch zu einer großen Koalition kommt?
    50 zu 50.
    Mit Stand von heute.
    Und wo sind die treibenden Kräfte für die kleine Koalition?
    Kommt das aus den Ländern?
    Es kommt aus den Ländern, es kommt zum Teil aus der Bundesparteileitung, aber man muss ja sehr offen sagen, es gibt eine massive Wählermeinung, dass eine große Koalition nicht gut wäre.
    Es gibt eine teilweise Wählermeinung, dass das ein Pakt um den Verlierer wäre.
    Ich glaube aber sagen zu können, dass auch ich eine Meinung haben darf und ich bin hier nicht allein.
    85 Prozent der abgegebenen Stimmen in Österreich haben ein Votum für die beiden großen Parteien gebracht.
    Und ich stehe nicht an zu sagen, wenn die beiden Großparteien koalieren und etwas weiter bringen, dann ist das Odium des Paktums der Verlierer nicht mehr gegeben.
    Und wenn es zu einer großen Koalition kommt und die bringen nichts weiter,
    dann sind wir nicht mehr wert, dass wir abgewählt werden.
    Ich persönlich bekenne mich uneingeschränkt dazu, dass die wirtschaftliche Situation fast zwingend erfordert ein Zusammengehen der beiden Großen und daran hat sich bei meiner Auffassung überhaupt nichts geändert.
    Es gibt aber in der österreichischen Volkspartei die Befürchtung, dass man als Juniorpartner in der Großen Koalition ewig Zweiter bleibt.
    dass man in allen anderen Konstellationen mehr Chancen sieht, die SPÖ bei einer der nächsten Wahlen zu überholen.
    Ist das nicht ein Argument, das dafür spricht, nicht in eine große Koalition zu gehen?
    Jetzt rein aus der Sicht der Parteitaktik.
    Opposition haben wir genug gehabt.
    Und wenn der Wähler uns nicht zur stärksten Partei macht, hat man das zur Kenntnis zu nehmen.
    Würden wir aber in Opposition bleiben, sehe ich unsere Chancen nicht prachtvoll.
    Und eine kleine Koalition, ohne dass ich Herrn Dr. Haider oder seine Partei irgendwie qualifizieren möchte,
    wäre international gesehen nicht gerade das, was ich mir wünschen möchte.
    Das heißt, unter Wertung aller Argumente, unter Betrachtung des Wählerwillens, der für mich eine sehr bedeutende Sache ist, halte ich fest, ich glaube, dass der Beweis anzutreten wäre, was können die beiden Großparteien leisten für dieses Land.
    Und ich glaube, wir könnten sehr viel leisten.
    Dass die österreichische Volkspartei zum Juniorpartner gemacht wurde, das haben wir dem Wähler zuzuschreiben.
    Es ist sein Befehl.
    Wir haben aber auch während des Wahlkampfes gesagt, wenn die Sozialisten die zweiten wären, wünschen wir, dass sie zu seiner Zusammenarbeit in einer Regierung unter Führung meiner Partei bereit wären.
    Dasselbe hat jetzt für uns zu gelten.
    Und wer halt dann besser ist in vier Jahren, wird sich dem Wähler zu stellen haben und der Wähler wird dann entscheiden, ob wir wirklich besser oder schlechter waren.
    Das ist alles.
    Es fehlt noch eine wirkliche Erklärung, warum die österreichische Volkspartei nach der Wahl plötzlich die Große Koalition offenbar in Teilbereichen nicht mehr so liebt wie vorher.
    Liegt es vielleicht daran, dass die Wahlniederlage ein bisschen über der Schmerzgrenze war?
    Nun gut, zum Begriff der Wahlniederlage, sie war für mich eine entsetzliche.
    Ich verhehle das nicht, ich habe das nicht für möglich gehalten und der Wähler hat uns eine derartig deutliche Warnung zugestellt, dass sie mir nicht nur eine schlaflose Nacht, sondern einen ganzen Denkprozess beigebracht hat, ohne dass ich meine Bedeutung jetzt überschätze, aber ich würde auch als Staatsbürger
    und als einfaches Parteimitglied darüber zu denken haben.
    Das andere, hier muss ich einen Widerspruch anbringen, es hat Dr. Mock und auch ich während der Wahlveranstaltungen, und auch ich hatte über 100 gemacht, stets deutlich erklärt, wir möchten so stark wie möglich werden.
    Aber auch bei einer absoluten Mehrheit würden wir die Sozialisten zur Zusammenarbeit einladen.
    Ich war mir der Gefahr dieser Vorgänge völlig bewusst, weil viele Bürger zwar eine Zusammenarbeit der Großen wünschen, aber man sie nicht wählen möchte.
    Und es entstand natürlich der Eindruck,
    Besonders durch die lauten und apodiktischen Erklärungen des Dr. Wranitzki, er würde nur mit uns es wollen.
    Das war gewissermaßen eine tödliche Umarmung.
    Es kam als tödliche Umarmung für die Volkspartei heraus, obwohl ich ihm nicht unterstelle, dass er es so gemeint hat, denn ich wünschte ja auch eine Zusammenarbeit und ich tue das heute noch.
    Aber diese Erklärung ließ im misstrauisch gewordenen Wähler gegenüber Großparteien.
    Und es hätte keinen Sinn zu negieren.
    Der Wähler ist Großparteien gegenüber misstrauisch.
    Und es ließ den Eindruck entstehen, es sei schon paktiert.
    Das heißt aber doch, dass die Wahlkampfführung der ÖVP keine Antwort gewusst hat auf dieses Problem.
    Ein falscher Wahlkampf.
    Ich möchte es nicht so sehen.
    Wir haben Antworten gewusst.
    Wir haben sie vielleicht nicht gut transportiert.
    Wenn der Wahlkampf falsch war, mag es sein.
    Ich bekenne mich auch hier zu einer kollektiven Mitschuld, denn den Wahlkampf abgesteckt hat nicht Dr. Alois Mokum, nicht der Heribert Steinbauer.
    Der Parteivorstand, dem ich damals noch angehört habe, hat die Wahlkampflinie nicht nur abgesegnet, sondern auch ich habe diese Linie mitvertreten.
    Einen Vorwurf, der noch nicht offiziell erhoben wird, der aber unter der Hand verbreitet wird, Schuld an der Niederlage sei der Spitzenkandidat.
    Dr. Mock habe sich gegen Branitski nicht behaupten können.
    Dr. Mock gab sein Bestes.
    Der Dr. Mock ist, wie der Dr. Mock eben ist, ein ehrlicher, geradliniger Politiker, der vielleicht Journalisten nicht so detailliert Dinge gesagt hat, wie der seinerzeitige erfolgreiche Dr. Kreisky, aber das ist auch kein Vorwurf.
    Hätte Dr. Mock versucht, so zu agieren wie der Dr. Kreisky, wäre er unglaubwürdig gewesen.
    Ich glaube, dass er alles getan hat,
    was überhaupt möglich war und ich sehe eine Schuldig-Sprechung des Dr. Mock für eine völlig falsche Reaktion möglicherweise von Leuten, die nicht eingestehen wollen, dass wir alle gleich Schuld haben.
    Herr Präsident Graf, Sie nennen sich einen Freund Mocks.
    Man weiß, dass Sie ihm viele Jahre sehr loyal gegenübergestanden sind und das noch immer tun.
    Können Sie etwas sagen zu der Tatsache, dass Dr. Mock in den letzten Wochen vor der Wahl, nun sagen wir einmal, körperlich nicht in Bestform war?
    Dass Dr. Mock
    Die Kräfte seiner Person, wie eine Kerze von beiden Seiten seit Jahren angezunden hat, habe ich ihm immer gesagt.
    Er hat nicht hausgehalten mit seinen Kräften.
    Dazu kommt natürlich, und hier fülle ich mit Mock, und ich gestehe Ihnen, obwohl es modern ist, dass Politiker nach der Äußerung sagen, sie haben alles schon gewusst.
    Ich habe es nicht nur nicht gewusst, sondern nicht für möglich gehalten, dass meine Partei derartige Verluste erleidet.
    Dieses glaubte auch Mock nicht, nicht weil er überheblich war und ist, sondern er war von der Richtigkeit unserer Ideen, ich sage ausdrücklich unserer, nicht seiner, ich trage das mit, so überzeugt, dass es ihn getroffen haben muss wie einen Keilenschlag.
    Mich hat es nämlich auch so getroffen.
    Dazu kam, dass der Dr. Mock in den letzten zwei Monaten
    Einen Parfumsritt quer durch Österreich, mit früh aufstehen, spät schlafen gehen, gleichzeitig im Parlament sitzend und und, ein Arbeitspensum sich zugemutet hat, das einfach unaushaltbar ist.
    Ja, man muss man einer Wahlkampfführung das nicht auch vorwerfen, dass sie einen Spitzenkandidaten sozusagen verheizt.
    Bitte, der Mock wurde nicht verheizt.
    Der Dr. Mock ist nicht das Produkt seiner Umgebung.
    Er hat sich dieses Arbeitsmaß zugemessen und ich kenne ihn seit vielen Jahren.
    Es wäre ja zu billig zu sagen, dass er sich während der Wahlkampfzeit überarbeitet hat.
    Der Mann hat wie eine Maschine in den letzten zehn Jahren gearbeitet, ohne Rücksicht auf sich.
    Und das Wahlergebnis dazu führte zu dieser vorübergehenden Unpässlichkeit, die öffentlich wesentlich überwertet wurde.
    Ich halte den Dr. Mock für sehr gesund, aber für sehr getroffen und betroffen.
    Und Sie glauben, Mock sollte als Vizekanzler, als Erstamann der ÖVP in eine große Koalition hineingehen?
    Auch hier kann ich keine andere Meinung haben wie vor der Wahl.
    Jawohl, ich wünsche, dass Dr. Mock auch als Zweiter, denn zum Zweiten hat ihn der Wähler gemacht, die Regierung, die Mannschaft der ÖVP anführt.
    Ich wünsche auch, dass er bis zu seinem Parteitag, der regulär glaube ich 1989 kommt, unser Obmann bleibt.
    Und ich wäre sehr unglücklich, wenn es zu einer großen Koalition käme ohne Mock.
    Und ich wäre noch unglücklicher, wenn es zu einer großen Koalition mit oder ohne Mob nicht kommt.
    Aber er sollte die Mannschaft führen, jawohl.
    Themenwechsel.
    Sie gelten seit vielen Jahren als Linksverbinder.
    Das heißt, Sie haben immer schon eine gute Gesprächsbasis zu den Sozialisten gehabt.
    Mit wem in der SPÖ können Sie denn besonders gut?
    Ich habe in der SPÖ allein schon von der Herkunft und von der landsmannschaftlichen Zugehörigkeit zwei besondere Freunde.
    Es ist der Dr. Sinowatz, der am gleichen Tag mit mir in den Landtag einzog.
    Es war 1961.
    Ich bin mit Theodor Kehret, dem Burgenländischen Landeshauptmann, außerordentlich befreundet.
    Mit dem Sie auch die Liebe zu Waffen teilen.
    Aber gewiss.
    Und es hat weder die Freundschaft noch die Liebe zu den Waffen, wenn man sie ordentlich aufbewahrt, irgendjemand geschadet.
    Neben den beiden genannten Herren habe ich mit vielen Sozialisten, die im Laufe einer langen Zeit meine Wege gekreuzt oder ich ihre gekreuzt habe, ein ausgezeichnetes Verhältnis.
    Ich nenne, ohne die Liste komplett sehen zu müssen,
    Heinz Fischer, Leopold Graz, es sei mir gestattet, nur diese beiden zu nennen.
    Ich hatte ja auch mit Bruno Kreisky, und was wichtiger war, er mit mir, eine ausgezeichnete Gesprächsposition.
    Sie haben in der österreichischen Volkspartei nicht nur Freunde.
    Das liegt offenbar daran, dass Sie gewohnt sind, zu sagen, was Sie denken.
    Sie haben sich oft sehr kritisch über die grünen Abgeordneten der ÖVP geäußert.
    Was gefiel Ihnen da nicht?
    Nicht über die Grün-Idee.
    Und natürlich haben Typen wie ich nicht nur Freunde.
    Ich neige zum Anecken, weil ich weder aus Freundlichkeit noch aus Raison eine Meinung, die ich habe, nicht sage, wenn sie gesagt werden muss.
    Oder ich schweige.
    Ich bin unfähig, hohle Komplimente zu machen.
    Und ich war ja schon unter Wittheim Klubobmann-Stellvertreter und daher verantwortlich für verschiedene Dinge, die unangenehm sind, wenn man sie durchsetzt.
    Klubdisziplin.
    Ja, zum Beispiel, und ich war ein Anhänger des Klubzwanges, weil ich darin nicht sehe, irgendeine Handlung von ein paar Finsterlingen, die ein paar Arme hier zwingen, sondern am Ende eines Meinungsbildungsprozesses steht ein Willensbildungsprozess.
    Und dort wünsche ich, dass alle Abgeordneten, auch wenn sie Unrecht haben, das hatte ich auch oft, submitieren und der Mehrheit folgen.
    Das heißt,
    Die Grün-Idee, die teile ich vielleicht, aber die Artikulation in der Phase einer ernsten Auseinandersetzung, wir sind anders und wir sind besser, das missfiel mir, wobei ich ja zugebe, ich habe ja sogar einmal gesagt, wenn jemand nicht aushalten kann die Linie der ÖVP, dann soll er gefälligst nicht schimpfen, sondern zurücktreten.
    Aber dass ich gegen Leute etwas habe, die sitzenbleiben auf ihrem Sessel und über die eigene Partei schimpfen und sich für besser halten, das gebe ich unumwunden zu.
    Auch mit dem CV haben Sie sich angelegt.
    Was gefiel Ihnen da nicht?
    Was gefällt Ihnen da nicht?
    Hier muss ich wieder ein sehr offenes Wort.
    Ich habe eine Unzahl von Freunden, die CVer sind, aber nicht weil, sondern obwohl sie beim CV sind.
    Ich halte den CV als durchaus beachtliche Organisation, wenn er sich nicht für etwas besser haltet.
    Und jahrelang hatte ich das Gefühl, den doch zu haben, dass CVer glauben, sie sind schon deshalb besser, weil sie dort sind.
    Das ist eine Pauschalbeurteilung der Organisation.
    Ich wiederhole, ich bin stolz auf Mitglieder des CFA, dass sie meine Freunde sind, aber wirklich nicht deshalb.
    Wenn es jetzt doch zu einer großen Koalition kommt und die Partei ruft Sie, werden Sie ein Ministeramt annehmen.
    Es passiert aber manchmal in der Politik, wenn einer weggeht, dass er nicht mehr gerufen wird.
    Was dann?
    Ich werde stets dem Dr. Mock zur Verfügung stehen.
    Über die Funktionsgröße oder Art ist jetzt nicht zu reden.
    Ich habe ganz gewiss einkalkuliert und ich habe das schon immer vorher gesagt, Gott sei Dank auch vor der Wahl, dass ich mich aus der aktiven Politik zurückziehen möchte.
    Wenn meine Partei mich nicht ruft in der Form, wie sie das sagen, würde ich das als durchaus natürlich empfinden und normal.
    Ich habe einen einzigen Wunsch.
    Meine Partei in einer großen Koalition zu sehen, mob mit den Sozialisten regierend, ob ich dort dabei bin, ist dann für mich völlig unerheblich.
    Ich spiele keine Rolle.
    Ich danke für das Gespräch.
    Ulrich Brunner sprach mit dem ehemaligen Wirtschaftssprecher der österreichischen Volkspartei, Robert Graf.
    Die abgelaufene Woche stand im Zeichen von ersten Parteikontakten nach der Wahl.
    Wranicki traf Mock, Mock traf Haider, Haider traf Wranicki.
    Zwischen SPÖ und ÖVP wurde vereinbart, Gespräche über die Bildung einer großen Koalition aufzunehmen.
    Diese Gespräche der Verhandlungsteams beider Parteien werden in der kommenden Woche beginnen.
    Bundeskanzler Wranicki rechnet damit, dass die Verhandlungen acht bis zehn Wochen dauern werden.
    die Große Koalition, die Schwierigkeiten ihres Zustandekommens und die Probleme ihrer künftigen Tätigkeit.
    Das alles ist heute auch Thema in den Kommentaren der österreichischen Tageszeitungen.
    Robert Stoppacher hat Zitate ausgewählt.
    Die meisten Leitartikler gehen davon aus, dass sie kommt, die Große Koalition.
    Und einige sprechen auch Warnungen aus.
    So betitelt Karl-Heinz Ritschl in den Salzburger Nachrichten seinen Kommentar mit.
    Plädoyer für eine andere Politik.
    Eine Erneuerung in ÖVP und SPÖ sei notwendig, schreibt Ritschl.
    In Österreich sei der Einfluss der Parteipolitik zu groß.
    Und der Kommentator nennt auch Personen, die seiner Ansicht nach eine neue Politik nicht einleiten können.
    Wenn sich heute schon abzeichnet, dass Alois Mock die Partei nicht zu einem weiteren Wahlkampf führen wird, so gilt das aber auch für eine ganze Zahl anderer Funktionäre, die in keiner Weise den Begriff Wende signalisieren.
    Das gilt genauso für einen Wirtschaftsbundobmann Rudolf Sallinger oder für Herbert Kohlmeier vom ÖAAB, um nur zwei aus einer langen Liste zu nennen.
    Das gilt aber genauso für einen Fred Sinowatz oder Marsch oder Schieder.
    In der Tageszeitung die Presse skizziert Chefredakteur Thomas Korherr seine Vorstellungen von der künftigen Regierung.
    Die neue Große Koalition, die Österreich künftig regieren wird, muss daher, abseits von allen anderen reformatorischen Ideen, von vornherein auch mit dem Verdacht aufräumen, sie werde im buchstäblichen und im übertragenen Sinn nicht zu bezahlen sein.
    Das heißt nicht nur Generalabsage an den Proports auf jeder Etage.
    Das heißt, als ein erstes Signal, Verzicht auf die Staatssekretäre, allenfalls auch auf den einen oder anderen Minister.
    Kurt Vorhofer in der Kleiner Zeitung gesteht den Politikern von SPÖ und ÖVP Ehrlichkeit bei den Verhandlungen zu, meldet aber auch gewisse Zweifel an.
    In jeder der beiden Parteien wird die Grundmelodie große Koalition von Nebenstimmen und Untertönen begleitet.
    Sollte es sich ernstlich spießen, dann ist zu rechnen, dass sich in der SPÖ sofort jene stark bemerkbar machen werden, die für den Weg in die Opposition eintreten.
    In der ÖVP wiederum bekämen jene Auftrieb, die insgeheim heute schon eine schwarz-blaue Koalition mit Haider oder trotz Haider als einzigen realistischen Ausweg angepeilt haben.
    Andere wieder darunter einflussreiche Landespolitiker vertreten die Ansicht, dass die ÖVP ihre vom Wähler erhaltenen tiefen Wunden ohnehin am besten bei Fortsetzung der Oppositionstätigkeit abheilen lassen könnte.
    Soweit die kleine Zeitung.
    In den oberösterreichischen Nachrichten beschreibt Hermann Polz die Situation der ÖVP in den Koalitionsgesprächen als besonders schwierig.
    Und er übt scharfe Kritik an Parteichef Mock und Generalsekretär Graf,
    Beide hätten versagt.
    Nach 16 Oppositionslehrjahren ist die ÖVP so katastrophal durchgefallen, dass sie endlich ihre Unfähigkeit begreifen muss, dieses politische Fach zu erlernen.
    Sie hat daher nur mehr die Chance, wieder in die Regierung zu kommen, um sich dort so überzeugend zu bewähren, dass sie bei den nächsten Wahlen endlich das Ziel der relativen Mehrheit erreicht.
    Mit den Problemen der Volkspartei beschäftigt sich auch Hans Rauscher im Kurier.
    Die ÖVP habe nach ihrer Wahlniederlage noch keineswegs wieder zu sich selbst gefunden.
    Der Erklärungsprozess sei bei weitem noch nicht abgeschlossen.
    Die ÖVP geht also mit einem Team in die Koalitionsverhandlungen, wo die Spitzenleute jederzeit abgelöst werden können.
    Ein mögliches Szenarium sieht daher so aus.
    Mock-Graf kommen mit der SPÖ nicht zu einer Einigung, der Bundespräsident beauftragt Mock mit der Regierungsbildung, man versucht eine kleine Koalition.
    Da aber gibt es einen Aufstand, besonders der Industrie, die weiß, dass ein Vizekanzler Haider eine schwere Belastung für unser Bemühen wäre, mit der EG Verträge zu bekommen.
    Ein neues Team, Kreiner, Robert Graf, geht dann doch auf eine große Koalition ein.
    Im SPÖ-Zentralorgan Neue AZ macht Chefredakteur Manfred Scheuch deutlich, dass die Große Koalition bestehende Gegensätze nicht zudecken könne.
    Zweifellos gibt es bestimmte Sachfragen, an die heranzugehen, es vor allem objektiven Sachverstand braucht.
    Aber in der großen Linie der Politik, in der Beurteilung der Auswirkungen der Sachpolitik, lassen sich die Unterschiede zwischen Sozialisten und Konservativen nicht einfach beiseiteschieben.
    Und dazu kommt, dass eine sensibel gewordene Öffentlichkeit Koalition als Kompromiss nicht in der Form hinzunehmen gedenkt, wie das vor 1966 der Brauch war.
    Erhalten durch Jungtimierung und Proporz.
    Zwei Minuten nach halb eins nun ins Ausland.
    Genau einen Monat ist es her, als in der Nacht von Freitag auf Samstag ein Brand im Basler Werk des Schweizer Chemiekonzerns Sandoz ausbrach.
    Die Folgen dieses Feuers sind ja hinlänglich bekannt, wenn auch nicht im gesamten Ausmaß ihrer Tragweite.
    Denn man weiß einzig und allein, dass chemische Stoffe verbrannten und den Rhein mehr als verschmutzten.
    Unklar ist immer noch, was da überhaupt in Flammen aufgegangen ist, wie viel und welche chemischen Substanzen in den Rhein gelangten.
    Einen Monat danach ist dieser Großbrand in Basel nach wie vor Thema Nummer 1.
    Grund genug für Helmut Brandstätter, sich in Basel umzuschauen.
    Hier sein Bericht.
    Für heute Nachmittag um 4 Uhr haben die katholische und die reformierte Kirche der Stadt Basel zum ökumenischen Gottesdienst in die Elisabethkirche geladen.
    Genau vier Wochen nach dem Brand bei Sandotz und der Rheinverseuchung will man gemeinsam beten.
    Das sieht nach Notstand aus, meint ein Basler, wenn beide Kirchen aus einem scheinbar profanen Anlass zum gemeinsamen Gottesdienst aufrufen.
    Aber Basel ist genau vier Wochen danach noch immer vom Brand gezeichnet.
    Das schmucke Städtchen erscheint auch an normalen Tagen verändert.
    Die sauberen Häuserwände bieten den Graffiti-Malern die ideale Unterlage.
    Poisson ou Poisson, also Fisch oder Gift, fragt einer an der Rheinpromenade.
    Geld stinkt doch, liest man.
    Vater Rhein ist tot.
    Oder ganz einfach, Sandoz, Mörder.
    Kaum ein Basler, der, zumal gegenüber einem Ausländer, nicht sofort das Gespräch auf dem Brand vor vier Wochen bringt.
    Sie glaubten, sie hätten sich an die stinkenden Schlote fast mitten in ihrer Stadt gewöhnt.
    Und immerhin arbeitet fast ein Viertel der Basler bei den Chemischen, wie es hier heißt.
    Doch auch der Präsident des Kantons Baselstadt, der in den ersten Tagen nach der Rheinverschmutzung gemeinsam mit den Sandotsleuten die Beschwichtigungskampagne geführt hat, sagt jetzt, das Vertrauen zur Chemieindustrie ist verloren.
    Das ist Schuld der Sundots, vor allem auch nach dem Brand.
    Erst 17 Tage danach wurde dem Kantonschemiker die vollständige Lagerliste zugestellt.
    Und die bewies, dass die Sundots Sicherheitsverantwortlichen in der Brandnacht dem Kantonschemiker die Unwahrheit gesagt hatten.
    Denn entgegen den ursprünglichen Versicherungen befanden sich doch Stoffe, die durch Feuer Dioxin bilden, im Lager.
    Inzwischen hat man in einer von 14 Russproben Spuren des seit der Seveso-Katastrophe 1976 auch dem Laien bekannten Gift gefunden.
    Ob in der Giftwolke in der Nacht zum 1.
    November eine gesundheitsschädliche Konzentration über die Stadt Basel und über die Grenzen nach Frankreich und Deutschland geweht wurde, wird man vielleicht nie wissen.
    Sofortige Kontrollen haben die Sandox-Manager ja durch ihre falschen Angaben verhindert und Langzeituntersuchungen über die Wirkung von Dioxin auf Menschen gibt es nicht.
    Bei Ratten verursacht es jedenfalls Krebs.
    Natürlich, Sanduz hat versprochen, jeden Schaden zu ersetzen.
    Über 9 Milliarden Schilling-Reserven stehen dafür gut.
    Aber werden alle entstandenen Schäden jemals klar Sanduz zugerechnet werden können?
    Übrigens, abgesehen von zwei Pressekonferenzen, zeigen sich die Sanduz-Manager für die Öffentlichkeit unzugänglich.
    Alle unserer Interviewwünsche wurden abschlägig beschieden.
    Auch vier Wochen danach sind die Aufräumarbeiten noch lange nicht abgeschlossen.
    Der Brandplatz wurde inzwischen überdacht und die Polizei sucht noch immer nach Spuren.
    Die Brandursache steht ja noch nicht fest.
    Unten am Rhein fließt aus dem Abfluss 26 zwar heißes und stinkendes, aber wieder geklärtes Abwasser.
    In der Brandnacht war hier das Löschwasser mit über 1000 Tonnen Gift, vor allem landwirtschaftlichen Chemikalien, viel Quecksilber auch darunter, in den Rhein gelangt.
    Gleich daneben hat ein Schweizer Unternehmen eine Plattform verankert.
    Und von dort steigt jeden Morgen um 8 Uhr der österreichische Anton Frager in die 8 Grad kalte Giftbrühe.
    Seit zwei Wochen saugt der in der Schweiz lebende Kärntner Giftschlamm vom Rheingrund.
    Seit gestern unterstützt von holländischen Kollegen.
    Routinearbeit?
    Keineswegs, sagt Anton Frager, seit 16 Jahren Berufstaucher.
    Erstmals müsse er sich in einem Wasser bewegen, wo jeglicher Hautkontakt gefährlich werden könnte.
    Einige Wochen werden sie noch brauchen, um den vor dem Ausfluss gelagerten Giftschlamm abzusaugen.
    Fische werden frühestens in zwei Jahren wieder den Rhein bei Basel vertragen.
    In acht bis zehn Jahren erwartet man den Fischbestand, wie vor dem 1.
    November 1986.
    Da bleibt vielen nur Zynismus.
    Aktuell und makaber gleichermaßen folgender Witz, der in Basel die Runde macht.
    Basel, das ist die sauberste Stadt der Welt.
    Warum?
    Sie wird zweimal die Woche chemisch gereinigt.
    von Basel nun nach Kiew.
    Knapp sieben Monate nach der Katastrophe im sowjetischen Kernkraftwerk Tschernobyl ist jetzt der zerstörte vierte Reaktorblock endgültig einzementiert worden.
    Die radioaktive Strahlung war auch in den vergangenen Wochen noch so stark, dass die Abdeckung der Betonkonstruktion nach Angaben der Parteizeitung Pravda nur aus einiger Entfernung mit Hilfe von Kränen montiert werden konnte.
    Der Reaktorblock sei jetzt mit einer 61 Meter hohen Betonmauer umgeben.
    Die Anlage sei durch eine mit Zement ausgegossene Stahlkonstruktion, deren Rahmen allein 165 Tonnen wiegt, abgedeckt worden.
    Marion Lorenz hat sich sieben Monate nach der Reaktorkatastrophe die 100 Kilometer entfernte Stadt Kiew angesehen und folgenden Bericht gestaltet.
    Auf den ersten Blick scheint sich das Leben in Kiew und Umgebung sieben Monate nach dem verhängnisvollen Reaktorunglück von Tschernobyl wieder weitgehend normalisiert zu haben.
    Die ukrainische Hauptstadt Kiew mit knapp drei Millionen Einwohnern, die nur 100 Kilometer Luftlinie vom inzwischen zubetonierten Unglücksreaktor entfernt liegt, unterscheidet sich in ihrer täglichen Geschäftlichkeit kaum von den anderen sowjetischen Millionenstädten Moskau oder Leningrad.
    Erst das genauere Hinsehen, sozusagen der Blick hinter die Fassade, offenbart die schwere Bürde, mit der diese ukrainische Metropole leben muss.
    Die verantwortliche Stadtverwaltung versucht, der noch immer bestehenden hochgradigen Strahlenverseuchung mit geradezu lächerlichen Mitteln Herr zu werden.
    Die Radioaktivität in Kiew und dem weiteren Umkreis liegt noch immer erheblich über den Grenzwerten, die die internationale Atomenergiebehörde in Wien für zulässig erklärt hat.
    In den ersten Wochen unmittelbar nach der Reaktorexplosion waren alle Kinder aus Kiew für drei Monate evakuiert worden.
    Die Erwachsenen mussten in der verseuchten Stadt ausharren, wurden aber wenigstens angehalten, Fenster und Türen ihrer Wohnungen kaum zu öffnen und so wenig wie möglich ins Freie zu gehen.
    Doch selbst solche eher oberflächlichen Schutzvorkehrungen legten das Leben in der ukrainischen Hauptstadt weitgehend lahm.
    sodass sie schnell wieder aufgehoben wurden.
    Heute sind alle Kinder nach Kiew zurückgekehrt und an den Schulen wird wieder normal unterrichtet.
    An sämtlichen Ausfallstraßen aus Richtung Tschernobyl finden regelmäßig Strahlenkontrollen an den Fahrzeugen statt.
    Rund jedes dritte Auto weist dabei eine zu hohe Radioaktivität auf.
    Doch auch hier nur eine eher lächerliche Maßnahme.
    Als Entsorgung werden die verseuchten Wagen lediglich kalt abgewaschen.
    Dreimal täglich durchkreuzen dafür ganze Wasserwagenkolonnen sämtliche Straßen und Plätze von Kiew, um sie mit Millionen Litern abzuspritzen und so langsam den radioaktiven Staub aus der Stadt herauszuschwemmen.
    Alles Unkraut und das gesamte Herbstlaub wird von Heerscharen von Freiwilligen in Plastiksäcken zusammengesammelt und außerhalb von Kiew vergraben.
    Und last not least,
    sind sämtliche Soffiosen, Staatsfarmen rund um Kiew wegen der Strahlenverseuchung von Boden- und Gewächshäusern geschlossen worden.
    Das bedeutet angesichts der ohnehin prekären Versorgungslage in der Sowjetunion mit Frischfleisch sowie Obst und Gemüsen im Falle Kiew geradezu katastrophale Nahrungsmittelengpässe.
    In keinem der staatlichen Lebensmittelläden ist außer Konserven und Brot noch irgendetwas zu ergattern.
    Selbst die typischen Wintergemüse wie Kohl, Zwiebeln, Kartoffeln und Karotten sind in Kiew hochbezahlte, in langen Schlangen umkämpfte Mangelware.
    Der einzige Ort, wo man sich gegen Apothekerpreise hin und wieder mit Frischwaren versorgen kann, ist der private Kolchusmarkt.
    Hier verkaufen meist georgische Bauern auf eigene Rechnung aus dem Süden importierte Früchte und Gemüse, für die der nach Vitaminen ausgehungerte Kunde freilich ein Vermögen hinblättern muss.
    Über diese strahlenbedingten Versorgungsengpässe zu reden, stößt bei den verantwortlichen Funktionären in Kiew an eine unüberwindbare Tabuzone, an eine Mauer des Totschweigens, die auch sämtliche Fragen gesundheitlicher und medizinischer Konsequenzen ausgrenzt.
    Die Behörden in Kiew wollen weder zugeben, dass ihr Agrarland verseucht ist, noch gesundheitliche Konsequenzen der Bevölkerung ins Auge fassen.
    Fragen über die jüngst von einem amerikanischen Knochenmarkspezialisten vorgenommenen Blutbildproben bei Bürgern von Kiew
    Über die genetischen Veränderungen in diesem Blut, über eventuelle Fehlgeburten, Erbschäden oder bereits aufgetretene Missbildungen bei den letzten Neugeborenen werden empört und scharf zurückgewiesen.
    Zwei Erlebnisse sind dafür bezeichnend.
    Als unsere Gruppe von UNO-Journalisten vor den Toren Kiews die größte Sophiose, die Staatsfarm,
    Pushka Voditska aufsuchte, wurden wir anfänglich freundlich von Sofjose Direktor Nikolaj Ivanovic empfangen.
    Ivanovic zeichnete ein geschöntes Bild seiner Farm und behauptete, seine Gemüse seien unverseucht geblieben und hätten ohne Beeinträchtigung weiter auf dem Kiefermarkt verkauft werden können.
    Als wir unser Erstaunen ausdrückten und die angeblich vollbepflanzten Treibhäuser persönlich sehen wollten, wurde Ivanovic merklich unruhig.
    Er hüstelte, schwitzte, lief rot an, meinte, da gäbe es wegen eines Kulturwechsels der Pflanzen gerade nicht zu sehen und empfahl uns stattdessen den Sofjose eigenen Kindergarten anzuschauen.
    Nach harten Drängen konnten wir die Gewächshäuser schließlich doch noch in Augenschein nehmen und siehe da, alle waren absolut leer.
    Auch diese größte Kiefer-Sophiose ist stillgelegt.
    Doch offensichtlich gehört es zur offiziellen Verschleierungstaktik, über die Konsequenzen des Unglücks von Tschernobyl so wenig wie möglich mehr zu reden.
    Auch Andronik Petrusjans, der Präsident des Staatskomitees für Atomenergie, lehnte weitere Fragen zu Tschernobyl-Brüsk ab.
    Die Devise lautet offensichtlich, je weniger über die Wahrheit der Folgen des Reaktorunglücks ans Tageslicht gerät, umso geringer ist die Beunruhigung in der Bevölkerung.
    Und tatsächlich, für den westlichen Besucher sind die Gleichmütigkeit, die Geduld und Passivität der Einwohner von Kiew
    gegenüber den Erschwernissen ihres täglichen Lebens als Folge des Reaktorunfalls nur schwer zu verstehen.
    Kein Murren in den Straßenlangen, Warteschlangen vor den Lebensmittelgeschäften, keine Proteste wegen fehlender medizinischer Kontrollen.
    Experten sind der Ansicht, dass man aus Sicherheitsgründen in Kiew nicht nur die Kinder, sondern die gesamte Bevölkerung hätte evakuieren müssen.
    Jetzt muss die Sowjetunion mit der eines Tages wohl genetisch explodierenden Zeitbombe
    der Strahlenverseuchung in Kiew leben.
    Ein Bericht von Marian Lorenz.
    Etwa 1,7 Millionen baskische Wähler sind morgen vor dem Hintergrund heftiger politischer Auseinandersetzungen des ETA-Terrorismus und einer schweren Wirtschaftskrise zu vorgezogenen Neuwahlen des autonomen baskischen Regionalparlaments aufgerufen.
    Die Neuwahlen waren notwendig geworden, nachdem sich die regierende baskische Nationalistenpartei im September gespalten und ihre Minderheitsregierung im Regionalparlament in Vitoria keine arbeitsfähige Mehrheit mehr hatte.
    Aber hören Sie mehr über den Hintergrund des Konflikts im Baskenland von Siegfried Buschlüter.
    Zum dritten Mal seit dem Ende des Franco-Regimes finden am kommenden Sonntag im Baskenland Wahlen zum Regionalparlament statt.
    Es sind vorgezogene Wahlen, weil die regierende baskische Nationalistenpartei PNV nach der Absplitterung eines ihrer Parteiflügel im Regionalparlament von Vitoria-Gasteiz über keine sichere Mehrheit verfügte.
    Grund für die Spaltung dieser mit 121 Jahren ältesten Partei Westeuropas ist das persönliche Zerwürfnis zwischen dem PNV-Vorsitzenden Javier Zayos und dem ehemaligen baskischen Regierungschef Carlos Garacochia.
    Nennenswerte ideologische Unterschiede zwischen der PNV und der von Garacochia angeführten neuen Partei der baskischen Solidarität, Eusko al-Kartasuna, gibt es nicht.
    Beide vertreten den vom Gründer der PNV
    V. Sabino Arana um die Jahrhundertwende entwickelten baskischen Nationalismus.
    Grundelemente dieses Nationalismus sind Rasse, Sprache, Regierung und eigene Gesetze, Charakter und Sitten, historische Persönlichkeit.
    Vier Jahrzehnte frankistischer Diktatur mit Unterdrückung der baskischen Sprache und Kultur konnten das Autonomiestreben der Basken nicht ausmerzen.
    Die Forderung nach einem neuen Autonomiestatut und einer Amnestie für alle politischen Häftlinge wurde nach dem Tode Frankos zum Symbol der Wiedererlangung der demokratischen Freiheiten.
    Am 12.
    Juni 1979 wurde das Statut von Guernica veröffentlicht, das dem Baskenland weitgehende Selbstregierungsrechte zugestand.
    Am 25.
    Oktober 1979 wurde dieses Statut in einem Referendum von 54% der Wahlberechtigten gebilligt.
    Die Hoffnung der Nationalisten auf Selbstbestimmung ist durch das Autonomiestatut von Guernica nicht begraben worden.
    Doch weder dieses Autonomiestatut noch die Wiederherstellung der Demokratie waren für die ETA Anlass, ihren bewaffneten Kampf aufzugeben.
    Die Abkürzung ETA steht für Iuskadi Taaskatasuna, freies baskisches Vaterland.
    Ihren Ursprung hat die Organisation in der nationalistisch gesonnenen Studentenbewegung der 50er Jahre.
    Waren ein starker religiöser Einfluss sowie ein ausgeprägter Antikommunismus die beherrschenden Merkmale der ETA in ihrer Anfangsphase, so entwickelte sie sich im Laufe der Jahre immer mehr zu einer revolutionären, marxistisch ausgerichteten, bewaffneten Organisation.
    Nach mehreren Richtungskämpfen und Spaltungen blieb nur der militärische Flügel, etat militar.
    Über 500 Menschenleben hat sie bisher auf dem Gewissen.
    Ihre Opfer sind überwiegend Polizisten, Zivilgardisten und Militärs.
    Der Abzug der spanischen Sicherheitskräfte aus dem Baskenland gehört zu ihren wichtigsten Forderungen.
    Außerdem die Selbstbestimmung des baskischen Volkes.
    Eine Forderung, die von allen baskischen Nationalisten geteilt wird.
    Die Anerkennung des Rechts auf Souveränität des Baskenlandes ist von der Etat zur Vorbedingung für politische Verhandlungen mit der Zentralregierung in Madrid erhoben worden.
    Eine Forderung, die von der Regierung González kategorisch abgelehnt wird.
    Das politische Sprachrode ETA ist die Koalition Eribatasuna, Volkseinheit.
    Gewalttaten werden von ihr grundsätzlich nicht verurteilt, weil sie sowohl die spanische Verfassung als auch das Autonomiestatut von Guernica ablehnt.
    ETA-Aktionen gelten damit für sie als legitimer Widerstand gegen das herrschende System.
    Dass diese Koalition bei Wahlen auf über 17% der abgegebenen Stimmen kommt, beweist, über wie viel Unterstützung die terroristisch handelnden Separatisten in der baskischen Gesellschaft verfügen.
    Und hier liegt auch der Kern des Baskenproblems.
    Nach diesem Beitrag von Siegfried Buschlüter soll eine spezielle Musikbrücke thematisch auf den Kulturbeitrag vorbereiten.
    Eine der berühmtesten Nummern von Joe Zawinul, Mercy, Mercy, Mercy.
    Joe Zawinul, Jazzpianist und Synthesizerspieler, der eine glanzvolle 30-jährige Karriere in den Vereinigten Staaten unter anderem an der Seite von Miles Davis hinter sich hat, und Friedrich Gulder, klassischer Konzertpianist mit starkem Hang zum Jazz, werden heute Abend um 19.30 Uhr im Wiener Konzerthaus gemeinsam auftreten und spielen.
    Für Gulder bedeutet dieses Konzert eine Fortsetzung seiner Duo-Projekte,
    wie etwa mit dem amerikanischen Pianisten G. Correa.
    Für Zawinul ist es der erste Wien auf Drehzeitlangem ohne seine Gruppe Weather Report bzw.
    ohne seine neue Formation Weather Update.
    Robert Bilek war bereits heute Vormittag im Konzerthaus und hat für den folgenden Beitrag einige musikalische Kostproben mitgebracht.
    Friedrich Gulder und Joe Zawinul an zwei Klavieren bei einer Probe heute Vormittag im Wiener Konzerthaus.
    Technische Vorbereitung für das Treffen der beiden Wiener Klaviergiganten.
    Dem ersten musikalischen Zusammenspiel seit 30 Jahren übrigens, wenn man von dem Konzert absieht, das Gulder und Zawinul am Dienstag in Köln gaben.
    Wie es zu dieser Wiedervereinigung der beiden Spielgefährten aus längst vergangenen Adebar-Zeiten, in denen Gulder noch häufig das Saxophon geblasen haben soll, gekommen ist?
    Durch Zufall.
    Wir haben uns beim Klaviersommer 1986 in München zufällig getroffen, weil der David Null mit seiner Gruppe Weather Update dort gespielt hat und ich auch ein paar Konzerte im Rahmen dieses Festivals gespielt habe.
    Und da hat sich ein Zufallsduo ergeben bei einem dieser Konzerte.
    Das hat fünf Minuten gedauert.
    was wir, wie man in der Musikersprache sagt, aus dem Hut gespielt haben.
    Und das hat uns beiden, wenn ich vielleicht für dich auch sprechen darf, so viel Spaß gemacht, dass wir gesagt haben, das machen wir vielleicht ein bisschen systematischer."
    Doch wie häufig bei Konzerten von Gulder wird auch im Falle dieses Duos der Zuhörer im Unklaren darüber gelassen, was ihn erwartet.
    Was zu erwarten ist, das ist immer hart zu sagen, was zu erwarten ist.
    Ich weiß nicht, was zu erwarten ist.
    Wir werden so gut spielen, wie wir können.
    Und das ist alles, was ich sagen kann darüber.
    Aber irgendwie in Richtung Jazz wird es wahrscheinlich doch gehen.
    Was ist Jazz?
    Was ist Jazz?
    Musik.
    Gute Musik, das ist das Wichtigste.
    Wie man eigentlich sagt, Jazz ist unsere Jazz.
    Wie wir in einer Weise schon auch, wie die Liebe zu der Jazz ist mehr wichtig,
    eine stilistische Authentizität, oder wie man das sagt.
    Wir spielen unsere eigene Jazz, im Grunde genommen.
    Auf alle Fälle soll das Konzert nichts mit Nostalgie und einem Wiederaufleben lassen der 50er Jahre zu tun haben.
    Ich glaube auch im Namen meines Freundes Savino sprechen zu können.
    Wir beide lieben es nicht in die Vergangenheit zu blicken.
    Jeder in Wien weiß, wie wir angefangen haben vor 30 Jahren in Adabei und es gibt eigentlich kaum etwas, was für uns uninteressanter ist als das.
    Als besonderes Zuckerdl wird Savi Null, der seit vielen Jahren nur mehr auf elektronischen Tasteninstrumenten zu hören war, wieder einmal einen ganz gewöhnlichen Konzertflügel bespielen.
    Ich habe meine Liebe zum Klavier noch nicht a hundertprozentig gefunden, aber es ist 85 Prozent und das ist nur durch die Musikalität des großen Gulders.
    Der hat mir in irgendeiner schnellen Weise
    was wiedergegeben, was ich nicht erwartet habe.
    Der Joe hat, wie er selbst sagt, durch die Wiederbegegnung mit mir gelernt, auch das akustische Klavier wieder in sein Instrumentarium einzubeziehen, als ein Instrument unter vielen.
    Er spielt seine Synthies, er spielt seine Melodica, er spielt dieses und jenes und er spielt neuerdings auch wieder akustisches Klavier, allerdings nicht ausschließlich.
    Und Joe Zawinul, der seit 1959 in den USA lebt, auf die Frage nach seinem Verhältnis zu Wien?
    Ich bin ein Wiener, werde immer ein Wiener sein und meine Liebe zu Wien wird immer da sein.
    Das hat überhaupt nichts, da ist kein Rückkehr, das ist halt da.
    Und meine Liebe zu der Musik überhaupt war immer da.
    Und mein Respekt für den Friedrich und seine Spielerei.
    Und als ein Mensch war er auch immer da.
    Jetzt haben wir uns wieder einmal getroffen.
    Und es ist für mich immens großes Spaß, weiterzugehen.
    Für uns sind ja nur zwei Tage vergangen, nicht 30 Jahre.
    Das Konzert von Friedrich Gulder und Joe Zawinul wird übrigens heute Abend zeitversetzt ab 22.25 Uhr in FS1 übertragen.
    Den Stereoton dazu liefert das Programm Österreich 1.
    Und nach diesem Beitrag von Robert Bilek nun nochmals ins Nachrichtenstudio.
    Österreich.
    Robert Graf, bis vor kurzem Wirtschaftssprecher der ÖVP, hat sich nachdrücklich dafür eingesetzt, dass ÖVP-Chef Alois Mock als Vizekanzler in eine große Koalition gehen soll.
    In der Radioreihe im Journal zu Gast meinte Graf, er wäre unglücklich, käme es zu einer großen Koalition ohne MOK.
    Noch unglücklicher aber wäre er, käme eine große Koalition überhaupt nicht zustande.
    Die Chancen der ÖVP in der Opposition wären nämlich nicht prachtvoll und eine kleine Koalition, ÖVP-FPÖ, wäre international gesehen nicht das, was er sich wünsche, sagte Graf.
    Die Argumentation von ÖVP-Generalsekretär Michael Graf zum Thema Konzentrationsregierung ist heute von Wissenschaftsminister Heinz Fischer kritisiert worden.
    Graf hatte gemeint,
    Auch in einer Konzentrationsregierung sei die Kontrolle des Kabinettes in ausreichendem Maß gegeben, weil auch die Abgeordneten der Regierungsparteien das Recht und die Pflicht hätten, die Regierung zu kontrollieren.
    Fischer sagte dazu, nach dieser Philosophie hätte die ÖVP ja auch in der abgelaufenen Gesetzgebungsperiode die Kontrolle der Regierung den Abgeordneten von SPÖ und FPÖ überlassen können.
    Für eine Konzentrationsregierung sprach sich heute der von der ÖVP in das Verhandlungskomitee entsandte steirische Landesrat Josef Riegler aus.
    Südkorea.
    Eine überaus gespannte Situation herrscht zurzeit in der Hauptstadt Seoul.
    Eine Großkundgebung der Opposition wurde von der Polizei verhindert.
    Etwa 70.000 Polizisten sperrten alle Zufahrtswege zu dem Versammlungsgelände ab.
    Demonstranten wurden unter dem Einsatz von Tränengas und Schlagstöcken auseinandergetrieben.
    Nach Angaben der Polizei wurden in den vergangenen Stunden in Seoul 635 Personen festgenommen.
    Die südkoreanische Hauptstadt gleicht nach Korrespondentenberichten einer belagerten Stadt.
    Mit der Großkundgebung wollte die Opposition ihrem Verlangen nach einer Verfassungsänderung nach Druck verleihen.
    USA, Sowjetunion.
    Ungeachtet heftiger Kritik in den Vereinigten Staaten und im Ausland haben die USA das Limit des SALT II-Vertrages über die Begrenzung der strategischen Rüstung überschritten.
    Auf einem Stützpunkt in Texas ist der 131.
    Langstreckenbomber der Type B-52 mit Marschflugkörpern an Bord stationiert worden.
    Die Moskauer Pravda bezeichnet die amerikanische Entscheidung heute als einen verantwortungslosen Schritt.
    Führende amerikanische Politiker haben nach Ansicht eines Kongressausschusses bei den Waffengeschäften mit dem Iran und der Abzweigung von Geldern für Rebellen in Nicaragua gegen das amerikanische Recht verstoßen.
    Namentlich genannt werden dabei Vizepräsident Bush, Justizminister Meese sowie der Stabschef im Präsidialamt, Donald Reagan.
    Der Unterausschuss für Kriminalität im Repräsentantenhaus führt in einem Brief an, diese Personen hätten sich möglicherweise des Missbrauches öffentlicher Gelder schuldig gemacht.
    Australien.
    Pöpst Johannes Paul II.
    hat sich heute in Alice Springs zum Sprecher der Ureinwohner Australiens gemacht und deren Landansprüche nachdrücklich unterstützt.
    Der Papst beklagte, dass viele Ureinwohner in der Vergangenheit gezwungen worden seien, ihre Heimat zu verlassen und in Reservaten zu leben.
    Unter den 16 Millionen Australiern gibt es heute nur noch rund 150.000 Aborigines.
    Bei der Explosion eines mit Treibstoff, Öl und Alkohol gefüllten Tanks sind heute in einem Vorort der Hafenstadt Sydney fünf Menschen getötet und mindestens 13 zum Teil schwer verletzt worden.
    Nach Angaben der Polizei werden noch zwei Personen vermisst.
    Das Unglück ereignete sich auf dem Gelände eines Chemiewerkes.
    Die Opfer sind Schweißer, die in der Nähe des Tanks gearbeitet haben.
    Ein Überlebender berichtete, nach der Explosion seien eine Stichflamme sowie schwarzer Rauch mehr als 100 Meter in die Höhe geschossen.
    Über die Ursache der Katastrophe liegen noch keine Meldungen vor.
    Nur noch die Wetteraussichten bis heute Abend.
    In Beckenlagen strichweise Hochnebel, sonst heiter.
    Nachmittagstemperaturen 1 bis 6 Grad.
    Und damit sind wir am Ende von 60 Minuten Information durch den aktuellen Dienst.
    Die nächste Journalsendung gibt's morgen um 17 Uhr.
    Bis dahin verabschiede ich mich.
    Am Mikrofon war Herbert Dobrowolny.
    Auf Wiederhören.
    Das war's.

    Beiträge dieses Journals

    Nachrichten
    Datum: 1986.11.29 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Wetterbericht
    Datum: 1986.11.29 [Sendedatum]
    Schlagworte: Natur ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Im Journal zu Gast: Robert Graf
    Interview: ÖVP-Wirtschaftssprecher Graf
    Mitwirkende: Brunner, Ulrich [Gestaltung] , Graf, Robert [Interviewte/r]
    Datum: 1986.11.29 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Inlandspresseschau zu Koalitionsgesprächen
    Mitwirkende: Stoppacher, Robert [Gestaltung]
    Datum: 1986.11.29 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Schweiz: erster Monat nach Sandoz - Brand
    Mitwirkende: Brandstätter, Helmut [Gestaltung]
    Datum: 1986.11.29 [Sendedatum]
    Ort: Zürich [Aufnahmeort]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Reportage aus Kiew über Situation nach Tschernobyl
    Einblendung: Sowchose-Direktor Iwanowitsch
    Mitwirkende: Lorenz, Marion [Gestaltung] , Iwanowitsch, Nikolai [Interviewte/r]
    Datum: 1986.11.29 [Sendedatum]
    Ort: Kiew [Aufnahmeort]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Vor Wahlen im Baskenland
    Mitwirkende: Buschlüter, Siegfried [Gestaltung]
    Datum: 1986.11.29 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Kultur: Konzert Friedrich Gulda / Joe Zawinul in Wien
    Einblendung: Musikausschnitte, Pianist Gulda, Jazz-Pianist Zawinul
    Mitwirkende: Bilek, Robert [Gestaltung] , Gulda, Friedrich [Interviewte/r] , Zawinul, Joe [Interviewte/r]
    Datum: 1986.11.29 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten

    Katalogzettel

    Titel Mittagsjournal 1986.11.29
    Spieldauer 01:00:01
    Mitwirkende Dobrovolny, Herbert [Moderation]
    Oberhofer, Ilse [Regie]
    ORF [Produzent]
    Datum 1986.11.29 [Sendedatum]
    Schlagworte Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt
    20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ audio
    Format TKA [Tonband auf Kern (AEG)]
    Sprache Deutsch
    Rechte Mit freundlicher Genehmigung: ORF
    Signatur Österreichische Mediathek, jm-861129_k02
    Medienart Mp3-Audiodatei
    Gesamtwerk/Reihe Mittagsjournal

    Information

    Inhalt

    Nachrichten

    Verortung in der digitalen Sammlung

    Schlagworte

    Gesellschaft , Radiosendung-Mitschnitt
    Mediathek Logo