Mittagsjournal 1988.01.18

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    Rechtliches

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    KI-generiertes Transkript

    Die Zeit in fünf Sekunden ist es 12 Uhr.
    12 Uhr.
    Hier ist der österreichische Rundfunk.
    Rückkontakt beim Mittagschanal, sagt eine Fritz Wendl als Redakteur im Studio.
    In den nächsten 60 Minuten erwarten wir Beiträge unter anderem zu folgenden Themen.
    Die neuesten Aussagen und Verdächtigungen im bundesdeutschen Nukem-Atom-Skandal.
    Die philippinischen Kommunalwahlen wurden von zahlreichen Gewaltakten überschattet.
    In der DDR kam es bei Demonstrationsversuchen anlässlich einer Gedenkkundgebung für Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht zu zahlreichen Verhaftungen.
    In Österreich zog ÖVP-Finanzstaatssekretär Dietz Bilanz seiner einjährigen Regierungsbeteiligung.
    Kann sich SPÖ-Klubobmann Fischer eine große Steuerreform auch mit einem Volumen von über 30 Milliarden Schilling vorstellen?
    Beginnen die Sozialpartner heute Verhandlungen über Einsparungen bei der Notstandshilfe?
    Und am Mittwoch steigt in der Wiener Staatsoper einer vom Fernsehen live übertragenes großes Spektakel.
    Rossinis Il Viaggio Arans.
    Und bei uns geht es jetzt mit einer von Edgar Theider zusammengestellten Meldungsübersicht weiter, die Wolfgang Grimerschmitt liest.
    Österreich.
    CA-Generaldirektor Androsch hat eine Verschiebung seines Prozesses beim Landesgericht für Strafsachen in Wien beantragt.
    Über seinen Rechtsanwalt Herbert Schachter stellte Androsch den Antrag, die für morgen und übermorgen vorgesehene Fortsetzung des Prozesses wegen Verdachts der falschen Zeugenaussage nicht durchzuführen und vor Weiterführung der Verhandlung den Akt an einen anderen Richter zu übertragen.
    In dem Antrag wird Befangenheit des Richters geltend gemacht.
    Bundesrepublik Deutschland, Belgien.
    Der Aufsichtsrat und die Gesellschaft der Versammlung der Hanauer Nuklearfirma Nukem sind heute zu einer außerordentlichen Sitzung zusammengetreten.
    Dabei soll über die neuesten Vorwürfe gegen Nukem beraten werden.
    Der Betrieb, der in der vergangenen Woche zwangsweise geschlossen worden ist, steht im Verdacht, Pakistan seit Jahren zumindest mit kerntechnischem Wissen versorgt zu haben.
    Außerdem dürfte die deutsche Atomfirma zu Beginn der 80er Jahre hoch angereichertes Uran aus dem belgischen Kernforschungszentrum MOL gekauft haben.
    Der Direktor des Forschungszentrums schloss nicht aus, dass MOL wegen finanzieller Probleme einen Teil seiner Uranbestände verkauft haben könnte.
    Vorher hatten die belgischen Grünen erklärt, Beweismaterial für derartige Transaktionen zu haben.
    Auf dem Gelände einer Bundesgrenzschutz-Kaserne in Lübeck haben Kernkraftgegner die Blockade von drei Atomtransporten fortgesetzt.
    Nach wie vor demonstrieren etwa 100 Menschen vor den Toren der Kaserne gegen die geplante Verladung von drei Lastwagen mit 21 Tonnen Uranhexafluorid nach Schweden.
    Philippinen.
    Unter reger Beteiligung der Bevölkerung haben heute auf den Philippinen die ersten freien Kommunalwahlen seit 17 Jahren stattgefunden.
    Mehr als 27 Millionen Stimmberechtigte waren aufgerufen, neue Provinzgouverneure, Bürgermeister und Stadträte zu bestimmen.
    Vereinzelt kam es zu Zwischenfällen wie Schießereien und Bombenanschlägen, bei denen mehrere Menschen verletzt wurden.
    Nach Gerüchten über eine geplante Rebellion von Anhängern des Eckdiktators Marcos regelte das Militär die Hauptstadt Manila weitgehend ab.
    Haiti.
    Die Bevölkerung hat die von der Militärregierung kontrollierten Präsidenten- und Parlamentswahlen überwiegend boykottiert.
    Westliche Diplomaten vermuten, dass nur etwa 5 bis 10 Prozent der wahlberechtigten Bürger ihre Stimme abgegeben haben.
    Es wurden zahlreiche Manipulationen gemeldet.
    Ein kurz vorher verabschiedetes Gesetz erlaubte es den Soldaten, sich in den Wahlbüros aufzuhalten und bei der Stimmabgabe zuzusehen.
    Ursprünglich hätten die Wahlen am 29.
    November vergangenen Jahres abgehalten werden sollen.
    Sie mussten jedoch nach einem Blutpaar durch Anhänger des Eckdiktators Duvalier abgebrochen werden.
    Argentinien.
    Die Meuterei in der Armee weitet sich aus.
    Auf mindestens zwei Heeresstützpunkten in West-Argentinien sind heute Revolten zur Unterstützung des flüchtigen Oberstleutnants Aldo Ricco ausgebrochen.
    Ricco wird gesucht, weil er vor einem Jahr eine Meuterei angeführt hat.
    Staatspräsident Alfonsin hat die Streitkräfte aufgerufen, die Ordnung wiederherzustellen.
    Österreich.
    Die Mineralölfirma Avanti senkt mit sofortiger Wirkung die Preise für Dieseltreibstoff um 48 Groschen.
    Der Liter Diesel kostet nunmehr 7 Schilling 20 statt bisher 7 Schilling 68.
    Seitens der Gesellschaft British Petroleum wurde betont, es sei nicht auszuschließen, dass BP seine Dieselölpreise auf ein ähnliches Niveau senken werde.
    Eine solche Maßnahme werde allerdings frühestens erst morgen wirksam.
    Die ÖMV teilte mit, sie werde sich dieser nochmaligen Ölpreissenkung wahrscheinlich nicht anschließen.
    Die jüngste Benzin- und Dieselpreissenkung um 20 Roschen je Liter wurde am 13.
    Jänner durchgeführt.
    Auf der Westautobahn im oberösterreichischen Bezirk Welsland haben sich heute Vormittag Massenkarambolagen ereignet.
    Das erste Unglück im Bereich der Eitertalbrücke auf der Richtungsfahrbahn Wien ereignete sich bei dichtem Nebel und bei Straßenglätte.
    Unfallursache dürfte zu hohe Geschwindigkeit und zu geringer Abstand der Autofahrer gewesen sein.
    Kurze Zeit später fuhren mehrere Fahrzeuge auf der Gegenfahrbahn aufeinander auf.
    Durch die Karambolagen, in die etwa 30 Fahrzeuge verwickelt waren und bei denen mehrere Personen verletzt wurden, waren beide Fahrtrichtungen der Westautobahn zeitweilig völlig blockiert.
    Die Wetteraussichten bis morgen früh.
    Überwiegend heiter, nur im Norden sind noch einige Wolkenfelder vorhanden.
    Am Nachmittag liegen die Temperaturen zwischen 0 und 7 Grad, während der Nacht sinken die Temperaturen auf minus 9 bis 0 Grad.
    Die Aussichten für morgen?
    Im Süden ist es teilweise stärker bewölkt, Niederschlag ist nur wenig zu erwarten.
    Im übrigen Bundesgebiet ist es zeitweise sonnig und über den Niederungen können stellenweise aber Nebelfelder auftreten.
    Die Tageshöchstwerte erreichen Werte von 0 bis 7 Grad.
    Die Vorschau Freitag.
    Ab Donnerstag wird es veränderlich bewölkt sein und zeitweise werden Niederschläge auftreten.
    Die Schneefallgrenze wird über 1000 Meter Höhe liegen.
    Die Messwerte abgelesen um 12 Uhr.
    Wien wolkenlos 7°, Eisenstadt Heiter 6°, St.
    Pölten Heiter 2°, Linz Nebel 0°, Salzburg wolkig Nebelschwaden 3°, Innsbruck wolkenlos 5°, Bregenz bedeckt durch Hochnebel 3°, Graz Nebel minus 2° und Klagenfurt Nebel minus 3°.
    Das waren die Nachrichten und das Wetter.
    Es ist 12.07 Uhr und wir kommen jetzt zum Beitragsteil des Mittagschanals.
    Im Skandal um die bundesdeutsche Atomfirma Nukem gibt es zwar nach wie vor keine endgültigen Beweise, dass spaltbares, zum Bau von Atombomben brauchbares Material nach Pakistan oder Libyen verschoben wurde, aber immer wieder neue, gelinde gesagt beunruhigende Details über, ebenfalls verharmlosend ausgedrückt, leichtfertigen Umgang mit zur Massenvernichtung geeigneten Substanzen.
    Das belgische Kernforschungszentrum MOL, das schon beim Atommüll-Tourismus-Skandal der Nukem-Tochterfirma Transnuclear zu trauriger Berühmtheit gelangt war, wird nun von belgischen Grünen beschuldigt, Anfang der 80er Jahre hoch angereichertes Uran an Nukem verkauft zu haben.
    Dafür soll es auch unwiderlegbare Beweise geben.
    Dies wird in MOL auch gar nicht ausgeschlossen.
    Dort heißt es jedoch, die Verwendung des Urans habe in jedem Fall der Kontrolle durch die Internationale Atomenergieorganisation in Wien unterstanden.
    An deren Möglichkeiten zu effektiver Kontrolle gibt es allerdings einige Zweifel.
    Detaillierte Stellungnahmen dazu sind am Nachmittag in einer Pressekonferenz der Atombehörde zu erwarten.
    Den derzeitigen aktuellen Informationsstand zum Nukem-Skandal fasst nun aus Bonn Helmut Brandstetter zusammen.
    Die Politiker nützten das vergangene Wochenende zu markigen Aussagen.
    Der baden-württembergische Ministerpräsident Lothar Späth, CDU, sprach im Beeifer des Wahlkampfes in seinem Bundesland von einer katastrophalen Sauerei bei Nukem.
    Die Kernkraftgegner pilgerten in ihrer Argumentation gestärkt, vermehrt zu den umstrittenen Atombauplätzen, vor allem nach Wackersdorf.
    Die Journalisten forschten nach neuen Details und die Staatsanwälte im hessischen Hanau suchen noch immer nach Beweisen, wonach bundesdeutsche Unternehmen den Atomwaffensperrvertrag vielleicht gemeinsam mit dem belgischen Atomzentrum MOL verletzt hätten.
    Aber nicht eifrig genug forschen sie, wirft der Chefredakteur des Bonner Energiereports der Strafverfolgungsbehörde vor.
    Diese Fachzeitschrift hatte als erste Einzelheiten des Atomskandals beschrieben.
    Chefredakteur Dieter Kassink gestern Abend
    dem ZDF.
    Aber weder Landes- noch Bundesbehörden noch der Staatsanwalt hätten Interesse an seinen Recherchen gezeigt.
    Niemand hat nach unseren Unterlagen gefragt, was denn tatsächlich belegbar ist.
    Wir haben ja immer wieder gesagt, auch dem Herrn Weimar gesagt, wir können belegen die Verbindung zwischen Mohl und Pakistan.
    Alles andere liegt bei uns nicht auf dem Tisch.
    Aber dennoch noch mal der deutliche Hinweis, weder das Haus Weimar, weder Ministerpräsident Wallmann, seine Vertreter natürlich, oder das Haus Töpfer haben in körperlicher Form sich hier vorgestellt und haben nach Unterlagen gefragt, aber auch nicht die Staatsanwaltschaft.
    Die belgischen Grünen wiederum wollen über Beweise zum Nachweis einer deutsch-belgisch-pakistanischen Atom-Connection verfügen.
    Ein Sprecher erklärte, man wisse, dass das belgische Atomzentrum in Mol bei Antwerpen 1981 wegen finanzieller Probleme einen Teil seiner Uranbestände an die Hanauer Nukem verkauft hätte.
    Der Direktor von Mohl erklärte unterdessen, er könne das nicht ausschließen.
    Nukem wiederum hat nachweislich über Kontakte zu Pakistan verfügt, radioaktives Material aber, wie beteuert wird, nur für friedliche Zwecke geliefert.
    Einer anderen deutsch-belgischen Verbindung ist das Nachrichtenmagazin Spiegel auf der Spur.
    Der Spiegel will Beweise für Lieferungen einer kerntechnischen Pilotanlage nach Pakistan haben, die das Land in die Lage versetzt, das notwendige Plutonium für eine Atombombe zu produzieren.
    Diese Lieferung soll die deutsche Nukem über die Brüsseler Belgo Nuclear durchgeführt haben.
    Belgo Nuclear bestreitet diese Angaben.
    Der Generaldirektor des Unternehmens gab aber Kontakte zu Libyen und Pakistan zu, natürlich nur für friedliche Zwecke, und überwacht von der Internationalen Atomenergieorganisation in Wien, IAEO.
    Aber genau die Fähigkeit dieser Atomenergieorganisation stellt der Spiegel in seinem Bericht deutlich in Frage.
    Laut Spiegel hätte in den Kontrollbüchern der Behörde für das Jahr 1986 eine Menge spaltbaren Materials gefehlt, die zur Herstellung von 70 Atombomben ausreichen würde.
    Ein IAEO-Sprecher erklärte dazu, seine Behörde wisse, wo das Material geblieben sei.
    Ein anderer Sprecher der Behörde gab gegenüber der Deutschen Presseagentur Schwierigkeiten der IAEO zu, da die zu kontrollierenden Unternehmen selbst Ort und Ausmaß bestimmten, es zu wenig Kontrolleure und Schwierigkeiten mit dem technischen Gerät gebe.
    Pakistan lässt, wie andere Länder, die den Atomwaffensperrvertrag nicht unterzeichneten, seine Einrichtungen nur teilweise kontrollieren.
    Umso unverständlich erscheint es, dass deutsche und belgische Unternehmen jahrelang beste Kontakt zu dem Land hatten, das mit Gaddafis finanzieller Hilfe die islamische Atombombe bauen will.
    Dass dabei auch der Atomwaffensperrvertrag verletzt wurde, dafür fehlen die Beweise aber noch.
    Das war Helmut Brennstedter aus Bonn.
    In der DDR wird alljährlich mit einer Großkundgebung der beiden sozialistischen Revolutionäre Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht gedacht, die Ende 1918 maßgeblich an der Gründung der kommunistischen Partei Deutschlands beteiligt waren und im Jänner 1919 im Zug des sogenannten Zeitungsaufstands in Berlin ermordet worden waren.
    Die diesjährige Kundgebung verlief jedoch anders als die offizielle DDR, die es geplant hatte.
    Während an der Spitze der Kundgebung Erich Honecker und die weiteren SED-Führungsrepräsentanten marschierten, kam es etwas weiter hinten zu Zusammenstößen, als Demonstranten versuchten Transparente mit offenbar gefährlichen Luxemburg-Losungen wie dem berühmten Zitat »Freiheit ist immer nur Freiheit der Andersdenkenden« zu entrollen.
    Hatte es ursprünglich geheißen, es seien zu 30 Festnahmen gekommen, so war dann im Lauf der Nacht von etwa 100, zumindest vorübergehend inhaftierten, die Rede.
    Näheres berichtet Barbara Kudenhofe-Kalergi.
    Bisher ist die Opposition in der DDR stets nur in mehr oder minder geschlossenen kirchlichen Räumen aufgetreten.
    Die gestrige Liebknecht-Luxemburg-Demonstration war das erste Mal, dass autonome Menschenrechts- und Friedensgruppen in Ostberlin massenhaft auf die Straße gegangen sind.
    In einem eigenen Marschblock und mit einem Transparent mit dem berühmtesten, aber in der DDR wenig zitierten Wort von Rosa Luxemburg, Freiheit ist immer die Freiheit der Andersdenkenden.
    Getragen wurde die Demonstration von der Initiative Frieden und Menschenrechte und der Arbeitsgruppe Staatsbürgerschaftsrecht der DDR.
    Das ist eine Gruppe, die die Rechte jener DDR-Bürger vertritt, die nach dem Westen ausreisen möchten.
    Mit unter den Festgenommenen war offenbar auch der Liedermacher Stefan Kravtschik, der in letzter Zeit so etwas wie der legitime Nachfolger von Wolf Biermann geworden ist und der nun auch für kirchliche Räume ein totales staatliches Auftrittsverbot hat.
    Die alljährliche sogenannte Kampfdemonstration zum Jahrestag der Ermordung von Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg 1919 gehört zum stehenden Ritual der DDR, die ja die revolutionären Traditionen der deutschen Arbeiterbewegung für sich übernommen hat.
    Liebknecht und Luxemburg haben im Ersten Weltkrieg die Antikriegsopposition in der SPD angeführt, später den Spartakusbund gegründet, die Keimzelle der kommunistischen Partei, und sie wurden zu Beginn der Weimarer Republik von rechtsradikalen Freikorpsleuten in Berlin ermordet.
    An der diesjährigen offiziellen Demonstration, ein Marsch vom Frankfurter Tor in der Berliner Innenstadt zur Gedenkstätte in Friedrichshain, nahm Staatschef Honecker mit der ganzen Parteispitze teil.
    Die Losung lautete, das Vermächtnis Rosa Luxemburgs und Karl Liebknechts lebt in unseren Taten für Frieden und Sozialismus.
    Dazu hielt auch Politbüro-Mitglied Egon Krenz eine Ansprache über die Friedenspolitik der DDR.
    Dass dieses selbe Vermächtnis nun von den autonomen Friedensgruppen und Wehrdienstverweigerern übernommen wird, hat die Behörden offenbar besonders erbost.
    Das Luxemburg-Wort über die Freiheit der Andersdenkenden war seinerzeit von der deutschen Revolutionärin auf die Praxis der Bolschewiken in der Sowjetunion gemünzt gewesen und lautet komplett, eine Freiheit nur für eine einzige Partei ist keine Freiheit.
    Die Polizei und die offiziellen Demonstranten, vor allem Kampfgruppen aus den Betrieben, hatten es, so berichten Augenzeugen, besonders auf dieses Transparent abgesehen.
    Sie verdeckten es mit ihren offiziellen Transparenten vor den Fernsehkameras und sorgten dafür, dass die autonomen Demonstranten schnell abtransportiert wurden.
    Mit den gestrigen Vorfällen beschäftigt sich heute auch das Konsistorium der Ostberliner Evangelischen Kirche, die sich bisher immer bemüht hat, opponierenden Jungen gegen die Behörden beizustehen.
    Diesmal ist es freilich schwieriger.
    Viele Autonome wollen jetzt selber aus dem schützenden Raum der Kirche heraustreten und als Staatsbürger, gestützt auf Gorbatschows Glasnost, auch in der Öffentlichkeit Meinungsfreiheit in Anspruch nehmen.
    Auf den Philippinen fanden heute die ersten Kommunalwahlen der Ära Aquino statt.
    Als Beispiel für geglückte Demokratisierung im Inselreich können sie aber keineswegs bezeichnet werden.
    Schon im Wahlkampf sind an die 90 Menschen ermordet worden, darunter fast 40 Kandidaten.
    In 10 der 75 Provinzen wurden die Wahlen überhaupt gleich auf einen späteren Zeitpunkt verschoben.
    Und auch sonst herrschten nicht selten Zustände wie in den Zeiten unter Diktator Marcos.
    Nicht einmal sonderlich überraschend war es dann, dass auch wieder einmal Putschgerüchte auftauchten, die Hauptstadt Manila militärisch zerniert wurde und es hieß, Marcos Anhänger würden Truppen zur Rückkehr an die Macht versammeln.
    Auf den Philippinen sind bereits beschlossen.
    Mit der Auszählung der Stimmen wurde begonnen.
    Hochrechnungen der Ergebnisse von Manila sollen in den Abendstunden verfügbar sein.
    Doch es wird noch Tage und Wochen dauern, bis die Stimmen aus allen Regionen ausgezählt sind.
    In elf der 73 philippinischen Provinzen wurde der Wahlgang aus Sicherheitsgründen auf Februar verschoben, um Armeeeinheiten rotieren zu können.
    Nachdem während des Wahlkampfes mindestens 87 Personen getötet wurden, dürfte, soweit Berichte vorliegen, der Wahltag selbst relativ friedlich verlaufen sein.
    Dennoch sind mindestens auch heute zwei Menschen gestorben.
    Die Warnungen vom Generalstab Jeff Ramos vor möglichen Aktionen von angeblich 3.000 Rebellensoldaten haben sich nicht realisiert.
    Lediglich die Präsenz von Panzerfahrzeugen auf den Autobahnen nach Manila stiftete Verwirrung bei der Bevölkerung.
    Nach all den Putschversuchen kann man sich hier nie ganz sicher sein, ob es sich auch immer um loyale Truppeneinheiten handelt.
    Einige Unregelmäßigkeiten und Manipulationsversuche rund um die Walburnen wurden gemeldet.
    In Teilen Manilas und anderen Regionen drohen Stromausfälle, die abendliche Auszählung zu erschweren und möglicherweise sogar zu gefährden.
    Die Nacht nach einem Wahltag ist immer besonders kritisch, denn es ereignet sich traditionellerweise während der Dunkelheit, dass Wahlurnen gestohlen, Stimmen gefällt und alle erdenklichen Arten von Manipulation betrieben werden.
    Diese seit 18 Jahren ersten freien Lokalwahlen sind besonders wichtig.
    Sie sollen nicht nur für Präsidentin Aquino der letzte Schritt zu Freiheit und Demokratie sein, sondern vor allem die heiß umkämpften Machtpositionen in den Regional- und Lokaladministrationen neu verteilen.
    Da alle Zentralregierungen in Manila ihre 7107 Inseln naturgemäß nur sehr begrenzt kontrollieren können, sind die Lokaladministrationen, die Gouverneure, Bürgermeister und Gemeindeversteher umso mächtiger und Lokalwahlen für den politischen Alltag der Filipinos oft noch wichtiger als Präsidentschafts- oder Nationalratswahlen.
    Bemerkenswert ist, dass 1987 über 79 neue politische Parteien registriert wurden, 26 davon von landesweiter Bedeutung.
    Diesmal waren 116 Parteien an dem Wahlgang beteiligt, in einem Staat, der vor zwei Jahren noch von der Markus-Einheit-Partei beherrscht wurde und nur wenige Oppositionsparteien zuließ.
    Aus dieser strukturellen Veränderung sind zwei gegensätzliche Schlüsse zu ziehen.
    Die vielen neuen Parteien sind nach Jahrzehnten des Rigiden-Markus-Regimes Zeichen von Neuorientierung der politischen Kräfte und würden sich letztlich durch Koalitionen wieder auf wenige Großparteien konzentrieren.
    Oder aber, dass die 116 Parteiorganisationen gesellschaftlichen Zerfall signalisieren.
    Das Zersplittern der politischen Kräfte in einem Staat, der auch militärisch von zu vielen Armeen beherrscht wird.
    Das Ergebnis der Lokalwahlen wird sich auf die nationale Politik auswirken, denn es wird bereits heute um die Positionen für die Präsidentschaftswahlen von 1992 gewürfelt.
    Trennungen und Neukoalitionen der politischen Kräfte im Senat und Kongress werden in den kommenden Wochen als Folge der heutigen Lokalwahlen erwartet, abgesehen von den außerparlamentarischen Kräften.
    die pinischen Politik zwei große Parteien bilden.
    Eine Allianz unter Präsidentin Aquino und die vom Senatspräsidenten Salonga geführte liberale Partei.
    Beide Organisationen kommen aus der Marcos-Opposition und haben zuletzt für die heutigen Lokalwahlen die früheren Marcos-Politiker und ihre Gefolgschaft integriert.
    Viele der alten Gesichter aus den Marcos-Jahren präsentieren sich heute wieder ganz frisch als Cori- oder Salonga-Kandidaten.
    Es wird noch Tage und Wochen dauern, bis endgültige Ergebnisse feststehen und die Vielzahl der zu erwartenden Streitereien und Untersuchungen ausgetragen werden.
    Mit dem Wahltag sind die Wahlen noch lange nicht vorbei.
    Für viele Filipinos geht das große Zittern weiter.
    Die Angst, dass es in den bevorstehenden Stunden der Nacht oder in der Folge neuen Gewalttaten kommen könnte.
    Das war Michael Brauner aus Manila.
    In Bozen tritt heute Nachmittag das zweithöchste Gremium der Südtiroler Volkspartei, der Parteiausschuss, zusammen.
    Die mehr als 100 Funktionäre werden dabei möglicherweise eine Entscheidung treffen, die weit über das hinausgeht, was sonst in solchen Sitzungen zur Debatte steht.
    Es geht, relativ überraschend auch für die Sitzungsteilnehmer, um den Abschluss des gesamten Südtirol-Autonomie-Pakets.
    Zwar sollen die Funktionäre der SVP nur über die Vorlage der italienischen Regierung zur Gleichstellung der deutschen Sprache bei Gericht, Polizei und Ämtern befinden, damit wäre aber, so scheint es jetzt, wohl auch die Grundsatzentscheidung über den raschen Autonomieabschluss verbunden.
    Aus Bozen berichtet Reinhard Frauscher.
    Auf dem Tisch liegt ein Vorschlag der Regierung, der aus der Sicht des Südtiroler schlechter ist als alles, was bisher aus Rom angeboten wurde.
    Gleichzeitig damit steht die Aufforderung im Raum, diesem Vorschlag möglichst rasch zuzustimmen, weil das Parlament vor einem Jahr den Abschluss des Südtirol-Pakets schon bis Ende 1987 gefordert hatte.
    Aber diese immer wieder veränderten und höchst komplizierten Details im Versuch, die deutsche Sprache den Gerichten und Behörden in Südtirol aufzuzwingen,
    verstehen in der SVP ohnehin nur wenige Funktionäre.
    Für die meisten von Ihnen stellt sich heute eine viel weitreichendere Frage.
    Sollen Sie mit dem Ja zum Regierungsvorschlag auch Ja zu dem damit wohl verbundenen raschen Abschluss des gesamten Autonomie-Paketes sagen?
    Und auf diese Frage trauen sich in der SVP derzeit nur wenige eine klare Antwort zu geben.
    Denn was nach dem Paketabschluss kommen soll, darauf hat sich in der SVP bisher fast niemand vorbereitet.
    Und doch, ganz plötzlich, so scheint es nun, ist es soweit.
    Diese Situation hat nun in der SVP zu einer Polarisierung geführt, wobei die zwei führenden Südtiroler Unterhändler in Rom jeweils eine Gruppe anführen.
    Auf der einen Seite steht Landeshauptmann-Stellvertreter Alfons Benedikter.
    Er hat bisher schon immer die Maximalforderungen vertreten und damit auch oft Erfolg gehabt.
    Er sieht noch mindestens zwölf größere Streitpunkte neben der Sprachenfrage offen und ist auch in der Sache selbst strikte gegen eine Annahme des jetzigen Regierungsvorschlages.
    Dies war allerdings auch schon vor fünf Jahren, als die damalige römische Regierung all das zugestanden hätte, was die SVP heute noch fordert.
    Damals war Benedikta, wie erst vor wenigen Tagen die Gegenseite enthüllte, ebenfalls strikt gegen einen Abschluss und verzögerte ihn in Geheimpolitik mit allerlei taktischen Schritten.
    Auf der anderen Seite steht Südtirols Spitzenparlamentarier in Rom, der Rechtsprofessor Roland Ritz.
    Er gilt als der Exponent des gemäßigten Flügels der Partei.
    Er meint, dass trotz wesentlicher Mängel des Regierungsvorschlages jetzt der absolut letztmögliche Zeitpunkt für eine einvernehmliche Lösung gekommen sei.
    Denn im Herbst stehen Landtagswahlen vor der Tür, wo große neofaschistische Erfolge zu erwarten sind, die wiederum jede Konsenslösung unmöglich machen würden.
    Zwischen Benedikter und Ritz, zwischen Fundis und Realos sozusagen steht die große Mehrheit der Partei.
    Und mit ihr so scheint es auch Obmann Magniago, der seit Jahren schon über keine spezielle Hausmacht mehr verfügt.
    Diese große noch unentschlossene Gruppe sieht zwar die Notwendigkeit, die Gunst dieser offenbar letzten Stunde zu nutzen.
    Andererseits fürchtet sie sich aber ebenso wie die Gruppe um Benedikter vor der Zukunft.
    Die letzten Jahre haben nämlich gezeigt, dass Italien durchaus fähig und willens ist, die Südtiroler Autonomie kräftig auszuhöhlen, trotz der bereits rund zu Dreiviertel beschlossenen Durchführungsbestimmungen.
    Derzeit werden rund 40 Prozent der Empotsen beschlossenen Landesgesetze von der Regierung nicht genehmigt, oft unter fadenscheinigen Gründen.
    Wichtige Höchstgerichtsurteile berücksichtigen immer weniger die Sonderstellung Südtirols in der italienischen Verfassung und immer öfter wird mit einfachen Gesetzen die Autonomie geschwächt, so zum Beispiel durch die Aussetzung des ethnischen Proporzes bei den Staatsbahnen durch eine Scheinprivatisierung.
    Nach dem Paketabschluss würde in allen diesen Streitfällen der Südtiroler nur mehr der Weg zum internationalen Gerichtshof in Den Haag bleiben.
    Ein langer und wenig effizienter Weg.
    Denn tatsächlichen politischen und moralischen Druck Österreichs auf die italienische Regierung gibt es dann nur mehr in abgeschwächter Form.
    Kein Wunder also, dass in dieser Situation die Ratlosigkeit in der SVP größer ist als in den letzten zwei Jahrzehnten.
    Schon haben einige Kommentatoren die heutige Entscheidung mit der von 1969 verglichen, als man sich für Paket und gegen aktuelle Selbstbestimmung entschied.
    Einige Kommentatoren, der Wirtschaft nahestehend, haben sogar gemeint, Österreich solle mit Italien zusammen über die Köpfe der Südtiroler hinweg entscheiden, denn diese könnten sich nie zu einer Lösung durchringen.
    Wie es jetzt, zwei Stunden vor dieser Sitzung aussieht, hat tatsächlich wieder einmal der Kompromissweg die besten Chancen.
    Die SVP weist darin einige Details des Regierungsvorschlages zurück und geht wieder mit einem Gegenvorschlag nach Rom.
    Die altbekannte Taktik auf Zeitgewinn also.
    Diesmal allerdings in einer Situation, die nicht mehr viel Zeit lässt und, so meinen manche in der SVP, dazu genutzt werden sollte, eine außerordentliche Landesversammlung einzuberufen.
    Sie könnte dann, abseits der bisher immer praktizierten Geheimpolitik, über den endgültigen Abschluss des Pakets befinden.
    Das war Reinhard Frauscher aus Bozen.
    Und bevor wir im Mittagschanal nach Österreich kommen, jetzt zwischendurch ein paar Takte Musik.
    Untertitelung des ZDF, 2020
    Untertitel der Amara.org-Community
    Untertitel der Amara.org-Community
    In einer Minute wird es halb eins.
    Die erste Hälfte des Mittagsschornals stand im Zeichen von Auslandsberichterstattung.
    Wir berichteten über das Neueste zum bundesdeutschen Atom-Nuk-Heim-Skandal, über die philippinischen Kommunalwahlen und über eine Demonstration in der DDR.
    In der zweiten Mittagsjournalhälfte geht es um Österreichisches.
    Da erwarten wir Beiträge über Pressekonferenzen von Finanzstaatssekretär Dietz und von SPÖ-Clubobmann Fischer.
    Bei beiden Gelegenheiten ist zu erwarten, dass es vorwiegend um das Thema Steuerreform geht.
    In einem weiteren Beitrag geht es dann über Sozialpartnerverhandlungen, über Einsparungen bei der Notstandshilfe.
    Und schließlich erwarten wir noch eine Vorschau auf das große Staatsopernspektakel vom kommenden Mittwoch, die ja auch im Fernsehen übertragene Rossini-Oper Il Viaggio a Reus.
    Und weil wir schon bei Programmhinweisen sind, jetzt auch gleich noch einer auf unser heutiges Abendjournal dessen.
    Journal Panorama.
    War Österreich das erste Opfer der Nazis?
    Oder haben Österreicher selbst kräftig zu dem beigetragen, was dann Anschluss genannt wurde?
    Eine der Fragen, die beim 1938-Symposium der Politischen Akademie der Parlamentsparteien durchaus kontroversiell diskutiert wurden.
    Und eine andere?
    Wie steht's mit der persönlichen Schuld?
    Der Salzburger Historiker Fritz Fellner ging schon davon aus, dass er missverstanden werden würde.
    Mit Statements wie diesem.
    Solange wir nicht imstande sind, das Geschehen von 1938 aus seiner geschichtlichen Bedingtheit heraus zu beurteilen, da nur aus solcher Sicht die Fehlentscheidung erkennbar wird, die zum Irrweg geführt hat, solange wir Menschen immer noch schuldig sprechen dafür, dass sie einmal geirrt haben, solange wir aburteilen, weil wir glauben, Recht zu haben, solange haben wir die Voraussetzungen noch nicht,
    zu historischen Einsichten zu kommen.
    Wir haben jene Grundhaltung selbst noch nicht überwunden, die dazu geführt hatte, dass Menschen Unrecht getan haben, weil sie glaubten, Recht zu haben.
    Dagegen Ernst Hanisch, ebenfalls Professor für Zeitgeschichte in Salzburg zum Thema Verantwortung und Pflichterfüllung,
    Jeder tat in seinem kleinen Kreis nur seine Pflicht und die Verantwortung für diese Pflichterfüllung wurde auf die nächsthöhere Instanz abgeschoben.
    Und genau nach 1945 wirkte dieser Mechanismus weiter.
    Niemand fühlte sich verantwortlich.
    Hitler und Himmler waren ja tot.
    Alle anderen hatten eben nur ihre Pflicht getan.
    Ausführliche Ausschnitte aus der dreieinhalb-Stunden-Diskussion zum Abschnitt 1938 des Wissenschaftlichen Symposiums heute um 18.20 Uhr im Programm Österreich 1 in unserem Journal Panorama.
    Und jetzt weiter im Mittagsjournalprogramm.
    Am 1.
    Juli tritt eine Novelle zum Arbeitslosenversicherungsgesetz in Kraft, die eine erhebliche Besserstellung für Frauen bringen soll.
    Dann werden nämlich auch Frauen, deren Ehemänner oder Lebensgefährten Arbeit haben, einen Anspruch auf Notstandshilfe bekommen.
    Für arbeitslose Männer mit berufstätigen Frauen war das auch bisher schon der Normalzustand.
    Doch die Sache hat auch einen sozialpolitischen Haken.
    Denn jene mehrere hundert Millionen Schilling, die diese Maßnahme kostet, sollen von der Arbeitslosenversicherung selbst aufgebracht werden.
    Und zwar durch Einsparungen.
    Wo eingespart werden könnte, darüber beginnen heute die Sozialpartner zu verhandeln.
    Manfred Steinhuber schildert die Ausgangslage.
    Wie viel der Anspruch auf Notstandshilfe für Frauen, deren Männer nicht selbst auch arbeitslos sind, kostet, wird man wohl erst genau in ein oder zwei Jahren sagen können.
    Derzeit bewegen sich die Schätzungen noch in einem größeren Rahmen.
    Die Experten der Arbeiterkammer glauben mit rund 200 Millionen auszukommen.
    Das Sozialministerium rechnet eher mit dem Doppelten.
    Und woher sollen diese Beträge kommen?
    Ganz grob gesagt aus gekürzten Zahlungen an die Bezieher von Notstandshilfe.
    Die Experten der Bundeswirtschaftskammer gehen davon aus, dass die Notstandshilfe insgesamt niedriger werden müsse.
    Derzeit macht die Notstandshilfe 92 Prozent des Arbeitslosengeldes aus.
    Nur wenn unversorgte Familienmitglieder im Haushalt sind oder Kinder, für die es keine Alimente gibt, steigt die Notstandshilfe auf 100 Prozent.
    Die Bundeskammer will diese Sätze reduzieren und ihre Experten denken dabei durchaus an einen zweistelligen Prozentsatz.
    Und als Argument dafür gilt neben dem Zwang zum Einsparen auch eine Art Faustregel.
    Je niedriger die Notstandshilfe, umso höher die Arbeitswilligkeit.
    Ein Argument, das beim sozialpartnerschaftlichen Gegenüber bei der Arbeiterkammer allerdings auf taube Uhren stößt.
    Alle Studien, sowohl in Österreich als auch im Ausland hätten ergeben, dass zwischen Arbeitswilligkeit und Höhe der Unterstützung kein Zusammenhang bestehe.
    Außerdem rechnen die Arbeiterkammer-Experten vor, dass auf eine offene Stelle im Durchschnitt sechs bis sieben Arbeitssuchende kommen, in manchen Regionen sogar bis zu 30.
    Und überhaupt seien zwei Drittel der Frauen und ein Fünftel der Männer mit ihrer Unterstützung ohnehin schon unter dem Ausgleichszulagen-Richtsatz.
    Sie bekommen demnach weniger als 4.800 Schilling, was der Mindestpension entsprechen würde.
    Insgesamt meinen die Arbeiterkammer-Experten, dass eine lineare Kürzung der Notstandshilfe die Ungleichheit im System nur verschärfen würde.
    Und zwar nach dem Grundsatz, wer ohnehin schon wenig hat, dem wird zusätzlich genommen.
    Ähnlich gegensätzlicher Meinung sind die Experten von Wirtschafts- und Arbeiterkammer auch bei anderen Einsparmöglichkeiten.
    Etwa bei den Bestimmungen über die Anrechnung von Einkommen von Familienmitgliedern.
    Wobei man in der Arbeiterkammer vom Grundsatz ausgeht, dass Ungleichheiten nicht dadurch behoben werden können, dass die, die noch etwas mehr bekommen, auf das Niveau der ohnehin Benachteiligten gedrückt werden.
    Dem könnte etwa die Einführung einer Untergrenze für das Familieneinkommen entgegenwirken.
    Aber das käme bereits einer Gesamtreform des Arbeitslosenversicherungssystems nahe.
    Und die ist nicht in Sicht.
    Was immer die Sozialpartner auf der Suche nach Einsparungen in den nächsten Monaten aushandeln werden, anzunehmen ist, dass ab Jahresmitte viele Notstandshilfebezieher weniger bekommen werden und dass einige gar nichts mehr bekommen und auf Sozialhilfe angewiesen sind.
    Eine Vorstellung, die bei Bundeskammer-Experten keine Aufregung auslöst, sondern den lakonischen Hinweis, die aus Beiträgen finanzierte Arbeitslosenversicherung sei für Sozialhilfe auch gar nicht zuständig.
    Für einen Arbeiterkammer-Experten dagegen ist das bereits ein Hinweis auf die Sozialpolitik der Ersten Republik, als Arbeitslose ausgesteuert wurden und keinerlei Ansprüche auf Unterstützung mehr hatten.
    Das war ein Beitrag von Manfred Steinhober.
    Es ist inzwischen 12.36 Uhr geworden.
    Die Verhandlungsteams von SPÖ und ÖVP, die die Aufgabe haben, bei der Steuerreform zur Einigung zu kommen, tagen seit vergangener Woche quasi in Permanenz.
    Wie von beiden Seiten immer wieder betont wird, stand bisher bei den Verhandlungen die unterschiedliche Position der beiden Parteien zur Quellensteuer nicht zur Debatte.
    Von beiden Seiten wird auch betont, das Verhandlungsklima sei durchaus konstruktiv.
    Der ÖVP-Staatssekretär im Finanzministerium Johannes Dietz äußerte sich heute in einer Pressekonferenz innerhalb der Reihe »Ein Jahr ÖVP in der Regierung« neuerlich zum Thema Steuerreform und bekräftigte seinen und der ÖVP-Wunsch nach einer wirklich großen Reform mit spürbaren Tarifsenkungen.
    Näheres berichtet Gisela Hopfmüller.
    Es muss gelingen, den grundsätzlich positiven Eindruck der Bürger von einer Steuerreform wiederherzustellen.
    Wir dürfen die Flinte nicht ins Korn werfen.
    Wir müssen die historische Chance für einen Neubeginn nützen.
    Mit Sätzen wie diesen sucht Finanzstaatssekretär Johannes Dietz Optimismus für den Ausgang der Steuerreform, Verhandlungen zwischen ÖVP und SPÖ zu signalisieren.
    Trotz der Tatsache, dass etwa im Bereich der Quellensteuer durch das Nein von ÖVP-Chef Alois Mock die Sache im Moment festgefahren scheint.
    Staatssekretär Dietz vermeidet heute Details oder Zwischenergebnisse mitzuteilen, merkt aber an, dass sich das Verhandlungsteam mit dem heißen Eisen Quellensteuer bisher nicht befasst hat.
    Das sei, so lautet wie stets die Ergänzung, ja nur ein Nebenthema.
    Immerhin ist es eines, bei dem es sich kräftig spießt.
    Das aber, so meinen viele, zwecks Mittelaufbringung für eine spürbare Senkung der Steuertarife wohl nötig wäre.
    Angesichts des vorrangig politisch begründeten Neins seines Parteichefs merkt Dietz heute an.
    Es gibt Gründe, die sprechen dafür.
    Es gibt Gründe, die sprechen dagegen.
    Und das muss man abwägen.
    Und im jetzigen Zeitpunkt, glaube ich, überwiegt in meiner Partei hier wirklich.
    Und mittlerweile, wenn ich die ganze öffentliche Diskussion mir anschaue, glaube ich schon mit rechter Skepsis.
    Und auf unserer Expertenebene könnte es höchstens so sein, dass wir ein allfälliges Modell zur Kenntnis nehmen, es aus unserer Sicht überprüfen,
    unseren Entscheidungsgremien vortragen und die werden dann entscheiden, ob in einer Gesamtreform so eine Maßnahme Platz hat oder nicht.
    Wenn nicht, dann muss man Alternativen entwickeln.
    Dafür gibt es genug Kreativität in beiden Parteien, sagt Dietz.
    Und er ergänzt, die Kosten-Nutzen-Rechnung muss an oberster Stelle gemacht werden.
    Divergenzen gibt es ja auch rund um das Volumen der Steuerreform.
    Die ÖVP spricht von 45 Milliarden Schilling.
    Kanzler Wranicki macht keinen Hehl aus der Auffassung, dass ihm die 45 Milliarden der ÖVP zu hoch gegriffen sind und er die Größenordnung 30 Milliarden für besser hält.
    Staatssekretär Dietz heute?
    Also mit 30 Milliarden werden wir nicht jenen Tarif machen können, den ich für notwendig halte, um von einem Neubeginn in der Steuerpolitik zu sprechen.
    Im Koalitionsübereinkommen der beiden Parteien sind aber etwa 30 Milliarden schriftlich fixiert.
    Diese 30 Milliarden würden eine Senkung der Steuertarife um etwa 6 Prozentpunkte ermöglichen, heißt es in dem Übereinkommen.
    Was ÖVP-Staatssekretär Dietz heute so kommentiert.
    Wir haben lange gerechnet und das war sicher seinerzeit in dieser Tragweite, wie wir das Koalitionsabkommen, auch damals habe ich mitverhandelt, waren es nicht in dieser Tragweite bewusst,
    dass wir bei einem Volumen, das nur in etwa 30 Milliarden umfasst, ein Problem bekommen, dass wir entweder den sozialen Gesichtspunkt nicht ausreichend berücksichtigen oder irgendwo im mittleren Bereich eine Verschärfung der Progression bekommen und hier die Leistungsträger vielleicht nicht so positiv motivieren können, wie wir sie motivieren wollen.
    Was die Einrechnung der Inflationsabgeltung und Vorleistungen wie bereits abgeschaffte Heiratsbeihilfe oder Werbungskostenpauschalien betrifft, merkt Dietz an, da müssten etwa 5 Milliarden Schilling aus dem Bundesbudget kommen.
    Das würde aber die Budgetsanierung nicht gefährden.
    Für Dietz ist jedenfalls klar, nur eine wirklich große Steuerreform mit echt spürbaren Tarifsenkungen kommt in Frage.
    Kosmetik ist zu wenig, da lieber keine Reform, merkt Dietz sinngemäß an.
    Gisela Hopfmüller berichtete von einer Pressekonferenz von Finanzstaatssekretär Dietz.
    Und ebenso wie bei dieser Pressekonferenz stand auch bei einer von SPÖ-Klubobmann Heinz Fischer das Thema große Steuerreform im Mittelpunkt.
    Dabei sagte Fischer, er könne sich eine Ausweitung des Steuerreformvolumens auch auf mehr als die im Koalitionsabkommen fixierten und auch im eben gehörten Beitrag erwähnten 30 Milliarden Schilling vorstellen.
    Eine solche Ausweitung auf bis zu 45 Milliarden Schilling hatte Alois Mock beim ÖVP-Dreikönigstreffen in Mariaplein ins Gespräch gebracht gehabt, wogegen sich allerdings am Donnerstag der Vorwoche sowohl ÖVP-Kanzleramtsminister Neisser als auch Bundeskanzler Wranitzki gewandt hatten.
    Neisser hatte gesagt, er sei strikt gegen jede wesentliche Änderung des Koalitionsabkommens.
    Und Bundeskanzler Wranitzki stellte im Fernsehinlandsreport fest, dass im Koalitionsabkommen fixierte 30 Milliarden Steuerreformvolumen könne um maximal eine Milliarde nach oben oder unten, aber keinesfalls auf 45 Milliarden Schilling verändert werden.
    Was nun heute SPÖ-Klubobmann Fischer im Detail dazu und auch zu anderen Themen meinte, das berichtet nun aus dem Parlament Robert Stoppacher.
    Mut zu einer großen Lösung bei der Steuerreform verlangt SPÖ-Klubobmann Heinz Fischer.
    Und da sollte man nicht bei einem Volumen von 30 Milliarden Schilling eine absolute Obergrenze einziehen, meint Fischer durchaus im Gleichklang mit ÖVP-Staatssekretär Dietz, wie gerade gehört.
    Es könnten so Fischer durchaus mehr als 30 Milliarden sein.
    Ich mache nur darauf aufmerksam, dass im Arbeitsübereinkommen von mindestens 30 Milliarden die Rede ist, also dass auch ein
    Volumen von mehr als 30 Milliarden denkbar ist.
    Und ich kann mir Tarifvarianten, die deutlich über 30 Milliarden hinausgehen, vorstellen, auf die man sich einigen könnte, die eine wirkliche spürbare Absenkung des Steuertarifes bringen, wenn wir auch die Kraft und den Mut haben,
    das so zu bedecken, wie es im Arbeitsübereinkommen vorgesehen ist und nicht den bequemen Weg gehen und sagen, dann wird sich halt das Budgetdefizit wieder erhöhen oder wir setzen halt das Budgetsanierungsziel für ein Jahr aus.
    Eine solche größere Steuerreform als bisher ins Auge gefasst, sei aber nur möglich, wenn bei der Streichung von Ausnahmen und natürlich auch bei der Durchsetzung bestehender Steuerpflichten rigoros vorgegangen werde, sagt Fischer, womit er vor allem die viel diskutierte Quellensteuer anspricht.
    Die Besteuerung von Kapitalerträgen sei für die SPÖ ein wirklich wichtiges Anliegen, betont Fischer an die Adresse der Volkspartei gerichtet und setzt fort.
    Ich muss betonen, dass gerade die Sozialistische Partei natürlich aufpassen muss auf die Interessen der sozial Schwächeren, auf die Interessen der Arbeiter und Angestellten.
    Aber wir tun das in einer Weise,
    bei der wir nicht den Koalitionspartner überfordern wollen und wir erwarten umgekehrt vom Koalitionspartner, dass er uns nicht überfordert.
    Den Umstand, dass sich bei der Quellensteuer bisher keine einvernehmliche Lösung zwischen den beiden Koalitionsparteien abgezeichnet hat, kommentiert Fischer mit den Worten, wir sind noch nicht über dem Berg.
    Zweiter Schwerpunkt der Fischer Pressekonferenz, wie soll des 11.
    März des 50.
    Jahrestages des Einmarsches der Hitler-Truppen in Österreich gedacht werden?
    Eine Entscheidung soll ja am kommenden Freitag in der Sitzung der Präsidialkonferenz des Parlaments fallen.
    Eines scheint bereits sicher.
    Eine Festsitzung der Bundesversammlung mit Bundespräsident Waldheim als Redner wird es wahrscheinlich nicht geben.
    Fischer hofft jedenfalls auf eine einvernehmliche Lösung für die Tagesordnung am 11.
    März und skizziert eine Variante.
    Es wird ja an diesem Tag vermutlich mehrere Veranstaltungen geben.
    Eine der Bundesregierung, wo führende Exponenten
    der Bundesregierung zu Wort kommen werden, eine parlamentarische, wo führende Exponenten des Parlaments zu Wort kommen und wenn der Bundespräsident an diesem Tag das Wort irgend in geeigneter Weise ergreifen will als Staatsoberhaupt, wird er das auch tun können und wir haben ein
    Modell, das...
    konsensfähig ist.
    Denn eine Waldheim-Rede im Parlament werde nur von der ÖVP befürwortet.
    Und der SPÖ-Club ob man auf die Frage, ob er persönlich etwas gegen eine Rede des Bundespräsidenten vor der Bundesversammlung einzuwenden hätte?
    Ich würde mir auch meine Gedanken machen, ob das aus internationaler und aus nationaler Sicht die beste Vorgangsweise ist und ob es nicht eine andere würdige Form gibt,
    dass das Staatsoberhaupt das sagt, was es sagen will.
    Soviel von SPÖ-Clubobmann Fischer und damit zurück ans Studio des Mittagschanals.
    Robert Stockbacher berichtete von einer Pressekonferenz von SPÖ-Clubobmann Heinz Fischer.
    Themenschwerpunkte waren die Steuerreform und das Gedenken an die Okkupation Österreichs durch Hitler-Deutschland vor 50 Jahren.
    Und um Gedenken an die Nazizeit geht's auch im nächsten Beitrag.
    In Österreich werden in diesem Jahr auch einige Firmen 50-jähriges Bestandsjubiläum feiern.
    Und die meisten werden voraussichtlich nicht daran erinnert werden wollen, dass ihre Gründung auf eine sogenannte Arisierung zurückzuführen ist, auf die Zwangsenteignung der ursprünglich jüdischen Besitzer.
    In der Bundesrepublik Deutschland als einem der Nachfolgestaaten des Deutschen Reichs gibt es solche Firmenjubiläen schon seit einiger Zeit, weil bekanntlich die Nazis dort früher als hierzulande an die Macht gekommen waren.
    Von der Größenordnung macht man sich eine Vorstellung, wenn man erfährt, dass allein in Frankfurt rund 2000 solche Raubzüge stattgefunden hatten.
    Aus Frankfurt berichtet nun Holger Senzl anhand eines konkreten Falles.
    Das 50-jährige Jubiläum eines der führenden deutschen Modeschmuckhersteller in Frankfurt wurde ganz groß gefeiert, erzählt stolz Inhaber Alfons Krucker.
    Mit einer Firmenfeier, mit Personal, mit Kunden, Lieferanten im Frankfurter Hof.
    Sogar der damalige hessische Wirtschaftsminister Steger entbot in der aufwendig produzierten Jubiläumsfestschrift sein Großwort.
    Während eines halben Jahrhunderts hat sich seit der Gründung der Firma Alfons Krucker der Standort Frankfurt als Handelsplatz mit Perspektiven bewährt.
    Doch das Unternehmen ist in Wahrheit viel älter als 50 Jahre.
    In der Firmenchronik liest sich die Gründungsgeschichte des Modeschmuckherstellers so.
    In den wirtschaftlich schweren Zeiten um die Jahreswende 1935-1936 hat der 45-jährige Kaufmann Alphons Krugger den Mut gefunden, per 1.
    Januar persönlich haftender Gesellschafter des Frankfurter Großhandelshauses Theodor Heilbronn zu werden.
    Die wirtschaftlich schweren Zeiten, sie umschreiben den Naziterror gegen jüdische Geschäftsleute.
    Für den in der Hochglanzbroschüre als Firmengründer abgebildeten Alfons Krucker erforderten diese schwere Zeiten dennoch weniger Mut, für seine Ziele waren sie eher ein Glücksfall.
    Denn erst die Flucht der jüdischen Inhaber, der Familie Heilbronn, erlaubte es dem Vertreter, in das Frankfurter Unternehmen einzusteigen, glaubt dessen Neffe und heutiger Inhaber Alfons Krucker Junior.
    Der Onkel hat bereits 15 Jahre in der Firma gearbeitet, als der wichtigste Vertreter.
    Und wie dann die Umstände kamen im Jahr 1936, dann wurde ihm angeboten, die Firma zu übernehmen.
    Wenn zum Beispiel die
    Arisierung nicht stattgefunden hätte, ist es nicht hundertprozentig vielleicht doch, ob dann die Firma in den Besitz unserer Familie übergegangen wäre.
    Vielleicht trotzdem
    Der Frankfurter Modeschmuckhersteller ist eines von fast 2000 ehemals jüdischen Unternehmen allein in Frankfurt.
    Von ihren jüdischen Inhabern aufgegeben, weil die Nazis die Kredite sperrten oder die Rohstofflieferungen stoppten.
    Oder weil die SA-Horden die Kunden terrorisierten.
    Paula Weinrich, damals Verkäuferin beim Kaufhaus Leonhard Tietz, heute Kaufhof, erinnert sich.
    Ein Teil der SA kam in die Firma rein und hat die Damen und Herren alle rausgeholt.
    Die sind dann erhobenen Händen, auch hinter dem Kopf.
    Es waren über 100.
    Hunderte, kann man sagen, und die sind alle transportiert worden nach der Festhalle.
    Die sind reingestürmt und haben sich halt die Juden rausgeholt.
    Die sind da von Geschäfte zu Geschäfte gegangen und haben sich ihre Leute, wo sie wussten, das ist jüdisch, haben sich ihre Leute rausgeholt.
    Und wir haben halt da gestanden und nur geguckt.
    Große Kaufhäuser fielen dem als Arisierung bezeichneten größten Wirtschaftsverbrechen der Geschichte ebenso zum Opfer wie der Bäcker von nebenan oder der Tante-Emma-Laden.
    Für wenige hundert Reichsmark wechselten Letztere oft den Besitzer.
    Mit der billigen Beute wurden stramme Nazis für ihre Treue belohnt.
    Aber auch Bankiers und angesehene Geschäftsleute witterten die Chance, billig zu florierenden Unternehmen zu kommen.
    Die neuen Besitzer führten die Geschäfte weiter, als sei nichts geschehen.
    Jetzt allerdings mit dem Gütesiegel »Deutsches Geschäft«.
    Am Tag danach ging das Geschäft weiter.
    Die Direktion, die Personalschef waren alle weg, es waren keine Juden mehr.
    Die heutigen Besitzer dieser Unternehmen, sie wollen von diesem düsteren Kapitel der Firmengeschichte selten etwas wissen.
    Bei Otte und Heinemann beispielsweise, ehemals Karsch, da hieß es, ja, ja, da sei wohl vor Jahrzehnten mal irgendetwas gewesen, aber hier kann ihnen heute darüber auch niemand etwas sagen.
    Und in einem Modehaus in der Innenstadt, das 1938 arresiert wurde und in diesem Jahr 50-jähriges Jubiläum feiert, erklärte der Geschäftsführer Barsch, lassen Sie doch endlich mal diese alten Geschichten ruhen.
    Lediglich die Lebensmittelmarktkette Schade und Füllgrabe, bekannt in ihrer Festschrift zum 100-jährigen Bestehen über die ehemaligen jüdischen Besitzer.
    Den Ersten Weltkrieg hatten sie überstanden und die Inflation gerade eben gemeistert.
    Mit den Nazis konnten sie nicht fertig werden.
    Das war Holger Senzler aus Frankfurt.
    Und jetzt im Mittagsjournal wieder nach Wien.
    Die nächste Staatsoper im Premiere werden nicht nur zwangsläufig verhältnismäßig wenige Kartenbesitzer miterleben können, denn Rossini Silvia Gioras, die Reise nach Reims, wird am Mittwoch von Radio und Fernsehen live übertragen.
    Außer in Österreich auch in Italien, Frankreich, Spanien und in der Bundesrepublik Deutschland.
    Und wem es am Mittwochabend nicht zu kalt ist, der kann neben der Staatsoper auch an einer Eidor-Vorwand die Geschichte der Reisegesellschaft zu einer Krönung im Freien verfolgen.
    Mehr über diese ungewöhnliche Opernproduktion nun im folgenden von Erich Gabriel gestalteten Beitrag.
    Die Reise nach Reims zur Krönung von Karl X. von Frankreich, für die 1825 Rossini diese szenische Kantate schrieb, ist eher eine Nummernrevue für Sänger-Stars, ein Spektakel als eine Oper.
    Luca Ronconi, der die musikalische Ausgrabung schon in Pesaro 1984 und dann in Mailand inszenierte, musste die Dramatik selbst beisteuern.
    Technische Schwierigkeiten haben sich natürlich dadurch ergeben, dass sehr viele Sänger zu führen sind und eigentlich keine Arbeit bezüglich der Beziehungen zwischen den einzelnen Figuren zu leisten ist, sondern man musste schauen, dass das nicht in eine vulgäre Revue, in eine Nummernrevue ausartet.
    Requisiten und Bühnenbild-Elemente kommen aus Pessaro und Mailand.
    Und am Inszenierungsbudget sind der ORF und ein privater Sponsor beteiligt.
    Also eine billige Premiere für die Staatsoper.
    Pressesprecher Lothar Knessel dementiert.
    Die Produktion kostet, wie eine Premiere immer kosten muss.
    Sie hätte nur sonst mehr gekostet, was nicht machbar gewesen wäre, denn
    Die Produktion als solche ist allein durch die Komposition Rossinis, der zehn allererste Solisten verlangt.
    In jeder Vorstellung teurer als eine andere Vorstellung, wo wir nie zehn erste Solisten gleichzeitig auf der Bühne haben.
    Das ist bereits die zweite Rossini-Neuinszenierung an der Staatsoper in dieser Saison.
    Wichtige Wiederaufnahmen und auch Neuproduktionen mussten aus Budgetgründen gestrichen werden.
    Direktor Drese stört das nicht.
    Wissen Sie, wenn man große Feste feiert, fragt man nicht so sehr nach dem Kosten, sondern fragt erst einmal, ist der Anlass gegeben und was sind die Gründe für ein solches Festival?
    Ein Grund ist sicher, dass Musikdirektor Abadus einen Mailänder Erfolg in Wien wiederholen möchte.
    Als ich in Dresden war, war ich in Mailand, habe Jaeger Reims gehört und gesehen und da habe ich gesagt, das ist toll, das wäre fantastisch auch in Wien zu spielen.
    Und wir haben in den Kalender geschaut, wo war möglich, weil natürlich das Kalenderplan war schon gemacht.
    Und die einzige Möglichkeit für die Sänger, einige Sänger waren schon engagiert, für eine andere Oper, war Ende Januar.
    Und für diesen Grund kommt Ayros hin in diese Saison.
    Die Reise nach Reims findet eigentlich gar nicht statt, da keine Pferde aufzutreiben sind.
    Die Reisegesellschaft vertreibt sich also in einem Badeort im Hotel die Zeit.
    Handlung gibt es kaum, aber an die Zehn große Partien.
    Und in einer davon singt Montserrat Cavalier ihre erste komische Rolle.
    Ich kann diese Partie mit keinem vergleichen, vielleicht mit El Turco in Italien, das ist auch so eine komische Rolle, aber nicht so komisch wie diese.
    Das ist richtig eine ganz komische Sache, von Musik schon rausgemacht und von Charakter und Personalität auf diese Madame Cortese.
    Musikalisch gibt es einige Überraschungen.
    Da, wo die Sonne leuchtet, da, wo die Sonne leuchtet,
    In Mailand wurde der Krönungszug gleich in die Handlung eingespielt, aber das war im September und in Wien ist es halt kalt im Jänner, also gibt es nur eine Aufzeichnung.
    Regisseur Luca Ronconi konnte wegen anderer Verpflichtungen auch nicht sehr oft bei den Proben dabei sein.
    Und Sängerstar Ruggero Raimondi bekam noch knapp vor den Schlussproben einen musikalischen Betreuer zur Arbeit nach München abgestellt.
    Die anderen Stars waren in Wien.
    Zuletzt nennt Direktor Drese noch einen wichtigen Grund für diese neue Produktion.
    Außerdem feiern wir ein bisschen Fasching.
    Und auch Viaggio Arans ist ein kleiner Beitrag der Staatsoper zum Wiener Fasching.
    Und von der Opernkultur jetzt noch kurz zur Körperkultur.
    Beim Damen-Weltcup Slalom in Saas Fee haben die aussichtsreichsten Starterinnen den zweiten Durchgang absolviert.
    Auf den Plätzen 1 und 2 liegen die Schweizerinnen Brigitte Örtli und Vreni Schneider.
    Die österreichischen Starterinnen liegen auf folgenden Plätzen.
    Roswitha Steiner ist siebente,
    Ulrike Mayer, 9., Karin Buder, 10., Ida Ladstätter, 12., Anita Wachter, 13. und Claudia Strobl, 14.
    Und im Mittagsschanal geht es jetzt noch weiter mit einer Meldungsübersicht.
    Österreich.
    CA-Generaldirektor Andros hat eine Verschiebung seines Prozesses beim Landesgericht für Strafsachen in Wien beantragt.
    Die für morgen und übermorgen vorgesehene Fortsetzung des Prozesses wegen Verdachtes der falschen Zeugenaussage soll nach dem Wunsch des CA-Generaldirektors nicht durchgeführt werden.
    Androsch macht Befangenheit des Richters geltend und verlangt, dass der Akt vor Weiterführung der Verhandlung einem anderen Richter übertragen werden soll.
    Die Mineralölfirma Avanti hat die Preise für Dieseltreibstoff um 48 Groschen gesenkt.
    Auch die Gesellschaft British Petroleum schließt eine Senkung der Dieselölpreise für morgen nicht aus.
    Die ÖMV lehnt eine derartige Maßnahme ab und weist darauf hin, dass zuletzt am 13.
    Jänner Benzin und Diesel um 20 Groschen billiger geworden sind.
    Auf der Westautobahn im Bezirk Welsland hat sich am Vormittag eine Massenkarambolage ereignet.
    Zunächst prallten auf der Richtungsfahrbahn Wien mehrere Autos zusammen.
    Kurze Zeit später fuhren mehrere Fahrzeuge auf der Gegenfahrbahn aufeinander auf.
    Insgesamt waren etwa 30 Fahrzeuge in die Unfälle verwickelt.
    Mindestens 10 Personen wurden verletzt.
    Als Ursache werden zu hohe Geschwindigkeit bei dichtem Nebel und Straßenglätte genannt.
    Bundesrepublik Deutschland, Belgien.
    Der Aufsichtsrat und die Gesellschafterversammlung der Hanauer Nuklearfirma Nukem sind zu einer außerordentlichen Sitzung zusammengetreten.
    Dabei soll über die jüngsten Vorwürfe gegen Nukem beraten werden.
    Der Betrieb wird verdächtigt, Pakistan seit Jahren zumindest mit kerntechnischem Wissen versorgt zu haben.
    Außerdem soll die deutsche Atomfirma hoch angereichertes Uran aus dem belgischen Kernforschungszentrum MOL gekauft haben.
    Kernkraftgegner blockieren in Lübeck nach wie vor drei Atomtransporte.
    Argentinien.
    Die Meuterei in der Armee weitet sich aus.
    Ein wegen Rebellion gesuchter Oberstleutnant wird von mindestens zwei Heeresbasen in West-Argentinien unterstützt.
    Nahe Osten.
    Der UNO-Sonderbeauftragte Merrick Golding hat seine Informationsreise durch die israelisch besetzten Gebiete beendet.
    Vor der Rückreise nach New York meinte Golding, die Unruhen seien Ausdruck der Verzweiflung unter der israelischen Besatzung lebenden Palästinenser.
    Der Sonderbeauftragte soll dem UNO-Sicherheitsrat über die Situation in den besetzten Gebieten berichten.
    und das Wetter für Österreich bis heute Abend.
    Überwiegend ist es sonnig.
    Im Norden ziehen stärkere Wolkenfelder durch.
    Nachmittagstemperaturen 0 bis 7 Grad.
    Nachrichten und das Wetter standen am Ende des Mittagsschanals.
    Auf Wiederhören sagt Ihnen im Namen von Redaktion und Technik Fritz Wendl.
    Das war's.
    Tschüss!

    Beiträge dieses Journals

    Nachrichten
    Datum: 1988.01.18 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Wetterbericht
    Datum: 1988.01.18 [Sendedatum]
    Schlagworte: Natur ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Bestandsaufnahme NUKEM-Skandal
    Einblendung: Chefredaktuer Kassing
    Mitwirkende: Brandstätter, Helmut [Gestaltung] , Kassing, Dieter [Interviewte/r]
    Datum: 1988.01.18 [Sendedatum]
    Ort: Bonn [Aufnahmeort]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Demonstrationen und Festnahmen in der DDR
    Mitwirkende: Coudenhove-Kalergi, Barbara [Gestaltung]
    Datum: 1988.01.18 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Kommunalwahlen auf den Philippinen
    Mitwirkende: Brauner, Michael [Gestaltung]
    Datum: 1988.01.18 [Sendedatum]
    Ort: Manila [Aufnahmeort]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
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    Inhalt: Nachrichten
    Südtiroler Volkspartei formuliert Mandat für Paket-Verhandlungen in Rom
    Mitwirkende: Frauscher, Reinhard [Gestaltung]
    Datum: 1988.01.18 [Sendedatum]
    Ort: Bozen [Aufnahmeort]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Musik: Don-Quichote-Suite Seite 2, Cut 4
    Datum: 1988.01.18 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Panorama-Trailer: 38er - Symposion
    Einblendung: Salzburger Zeithistoriker Fellner und Hanisch
    Mitwirkende: Hauer, Ernest [Gestaltung] , Fellner, Fritz [Interviewte/r] , Hanisch, Ernst [Interviewte/r]
    Datum: 1988.01.18 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Pläne zur Reform der Notstandshilfe
    Mitwirkende: Steinhuber, Manfred [Gestaltung]
    Datum: 1988.01.18 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Bilanz – Pressekonferenz Staatssekretär Johannes Ditz anlässlich 1 Jahr Regierungsbeteiligung
    Einblendung: VP-Finanzstaatssekretär Ditz
    Mitwirkende: Hopfmüller, Gisela [Gestaltung] , Ditz, Johannes [Interviewte/r]
    Datum: 1988.01.18 [Sendedatum]
    Ort: Wien, ÖVP Parteizentrale Palais Todesco Kärntnerstraße [Aufnahmeort]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Pressekonferenz SPÖ-Klubobmann Heinz Fischer: Große Steuerreform
    Einblendung: SP-Klubobmann Fischer
    Mitwirkende: Stoppacher, Robert [Gestaltung] , Fischer, Heinz [Interviewte/r]
    Datum: 1988.01.18 [Sendedatum]
    Ort: Wien, Parlament [Aufnahmeort]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    BRD: Arisierung - 1988, das Jahr der zweifelhaften Geschäftsjubiläen
    Einblendung: Firmeninhaber Alfons Krucker, Zeitzeugin Weinrich
    Mitwirkende: Senzel, Holger [Gestaltung] , Krucker, Alfons [Interviewte/r] , Weinrich, Paula [Interviewte/r]
    Datum: 1988.01.18 [Sendedatum]
    Ort: Frankfurt am Main [Aufnahmeort]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Kultur: Premiere der Rossini-Oper "Il Viaggio a Reims"
    Einblendung: Szenenausschnitte, Regisseur Ronconi, Staatsopernpressesprecher Knessl, Staatsoperndirektor Drese, Dirigent Abbado, Sängerin Caballé
    Mitwirkende: Gabriel, Erich [Gestaltung] , Ronconi, Luca [Interviewte/r] , Knessl, Lothar [Interviewte/r] , Drese, Claus Helmut [Interviewte/r] , Abbado, Claudio [Interviewte/r] , Caballé, Montserrat [Interviewte/r]
    Datum: 1988.01.18 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten

    Katalogzettel

    Titel Mittagsjournal 1988.01.18
    Spieldauer 00:59:54
    Mitwirkende Wendl, Fritz [Moderation] [GND]
    Sterbenz, Edgar [Regie]
    ORF [Produzent]
    Datum 1988.01.18 [Sendedatum]
    Schlagworte Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt
    20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ audio
    Format TKA [Tonband auf Kern (AEG)]
    Sprache Deutsch
    Rechte Mit freundlicher Genehmigung: ORF
    Signatur Österreichische Mediathek, jm-880118_k02
    Medienart Mp3-Audiodatei
    Gesamtwerk/Reihe Mittagsjournal

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    Gesellschaft , Radiosendung-Mitschnitt
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