1962–1964

Vorzeitige Nationalratswahlen im November 1962 ergeben einen Erfolg der ÖVP, eine neue Koalitionsregierung von ÖVP und SPÖ unter Kanzler Alfons Gorbach kommt wegen der langwierigen Verhandlungen erst im März 1963 zustande.
Die Sowjetunion protestiert gegen Österreichs Ansuchen um ein Abkommen mit der EWG 1961, weil dies mit der Neutralität unvereinbar wäre. Bei Südtirolgesprächen in Venedig kann eine leichte Entspannung zwischen Österreich und Italien erreicht werden.
Im April 1963 wird Bundespräsident Adolf Schärf für eine zweite Amtsperiode gewählt. Im Juli wird im Nationalrat heftig über eine Einreiseerlaubnis für Otto Habsburg-Lothringen debattiert, dessen Einreise schließlich auf Antrag von SPÖ und FPÖ vom Parlament für unerwünscht erklärt wird. Erst 1966 erhält der bis dahin landesverwiesene Otto Habsburg-Lothringen einen österreichischen Pass und darf nach Österreich einreisen.
Österreich hat mit Jahresende und der letzten Öllieferung an die UdSSR seine Erdölschuld getilgt.
Im Jänner 1964 finden in Innsbruck die IX. Olympischen Winterspiele statt. Im Februar wird Alfons Gorbach von Josef Klaus als Bundeskanzler abgelöst. Im November wird Franz Olah (SPÖ) – im September als Innenminister zurückgetreten – nach heftigen innerparteilichen Auseinandersetzungen aus der SPÖ ausgeschlossen. Das erste Volksbegehren in Österreich – für einen proporzfreien und unabhängigen Rundfunk – erhält über 800.000 Unterschriften.

Der "Fall Habsburg", Juni 1963

00:02:01
Die Position der SPÖ. Karl Czernetz im Parlament
00:02:24
Die Sicht der ÖVP. Theodor Piffl-Perčević im Parlament
00:00:28
Otto Habsburg zu seiner "Causa"
00:05:23
Nationalratswahlen, November 1962

Julius Raab, Aufruf zur Nationalratswahl zu gehen

00:04:56
Regierungserklärung, April 1964

Josef Klaus

00:03:54
Rundfunkvolksbegehren, Oktober 1964

Hugo Portisch erinnert sich

00:01:32
Olympische Winterspiele

in Innsbruck

00:00:36
Kultur

Das "Zwanz'gerhaus" wird eröffnet

00:01:04
Georg Kreisler

Tauben vergiften...

Der "Fall Olah", Herbst 1964

00:02:47
Der "Fall Olah"

Ausschluss aus der SPÖ

1962

Jänner 1962

30.01.

Die österreichische Regierung weist die italienische Behauptung der Unrechtmäßigkeit von österreichischen Feststellungen scharf zurück.

31.01.

Leopold Figl wird Landeshauptmann von Niederösterreich.

Februar 1962

Skiweltmeisterschaften in Chamonix/Schweiz.
Herren: Abfahrt: 1. Karl Schranz, 3. Egon Zimmermann;
Riesentorlauf: 1. Egon Zimmermann, 2. Karl Schranz, 3. Martin Burger;
Kombination: 1. Karl Schranz, 2. Gerhard Nenning.

Damen: Abfahrt: 1. Christl Haas;
Slalom: 1. Marianne Jahn, 2. Erika Netzer;
Kombination: 2. Marianne Jahn, 3. Erika Netzer.

03.02.

Die USA verhängen ein Handelsembargo über Kuba.

09.02.

Beginn eines "Südtirolprozesses" in Rom gegen sieben aus Österreich und Deutschland stammende "Terroristen" wegen Anschlägen im September 1961. 

Mai 1962

03.05.

Die Sowjetunion protestiert wegen der Neutralität Österreichs gegen das Ansuchen Österreichs um EWG-Assoziierung.

09.05.–13.05.

Streik der Metallarbeiter in Österreich – der größte Lohnkonflikt seit 1945. 

26.05.

Ein Stück der Südautobahn, 25 km von Vösendorf nach Leobersdorf, wird dem Verkehr übergeben.

28.05.

Das Theater an der Wien wird nach der Renovierung wiedereröffnet.

Juni 1962

12.06.

Nach Ministerratsbeschluss Erhöhung der Anzahl der Mitglieder des Bundesrats von 50 auf 54 nach dem Ergebnis der Volkszählung von 1961.

25.06.–27.06.

Bundeskanzler Alfons Gorbach besucht Frankreich. Frankreich sagt zu, Österreich bei der EWG-Assoziierung unterstützen zu wollen. 

Juli 1962

05.07.

Der österreichische Ministerrat beschließt die Anerkennung Algeriens.

09.07.

Erweiterung des Konkordats: Der österreichische Staat übernimmt 30 % der Kosten der katholischen Schulen in Österreich.

12.07.

ÖVP und SPÖ beschließen die Vorverlegung der Nationalratswahlen auf den 18. November 1962.

20.07.

Stillhalteabkommen bezüglich der Löhne und Preise entsprechend dem Raab-Olah-Abkommen wird vereinbart.

28.07.

Außenminister Bruno Kreisky übergibt dem EWG-Ministerrat Erläuterungen der österreichischen Regierung zum zukünftigen Verhältnis zwischen Österreich und der EWG.

August 1962

02.08.

Stundenweiser Warnstreik der Exekutive in Österreich. Verlangt wird die Erhöhung von Zulagen. Die Zollwache versieht Dienst nach Vorschrift ("Aktion Igel"), was zu Beeinträchtigungen im Fremdenverkehr führt. Eine Einigung wird am 9. August erzielt.

18.08.

Versuchter Sprengstoffanschlag auf das sowjetische Heldendenkmal am Wiener Schwarzenbergplatz.

September 1962

02.09.–04.09.

Offizieller Besuch des UNO-Generalsekretärs Sithu U Thant in Wien. 

02.09.

Die UdSSR sagt Kuba Unterstützung mit Waffen und Ausbildnern zu.

11.09.

Warnung der UdSSR an die USA: Ein Angriff auf Kuba hätte den Ausbruch eines Dritten Weltkriegs zur Folge.

15.09.

Italien hebt den Visumzwang für Österreicher wieder auf, der im Juli 1961 im Zuge des Südtirolkonflikts eingeführt worden war.

27.09.

Präsident John F. Kennedy erklärt die USA zur Abwehr eines Angriffs aus Kuba bereit, ebenso bei einer Gefährdung West-Berlins.

30.09.

Das größte SOS-Kinderdorf Europas wird in Hinterbrühl bei Wien seiner Bestimmung übergeben.

Oktober 1962

22.10.–28.10.

Höhepunkt der Kuba-Krise. John F. Kennedy fordert in einem dramatischen Appell den Abbau der sowjetischen Raketen auf Kuba. US-Seeblockade gegen sowjetische Frachter um Kuba. Fidel Castro ruft die Mobilmachung aus. Am 28. Oktober kündigt Nikita Chruschtschow den Abzug der sowjetischen Angriffswaffen aus Kuba an.

November 1962

18.11.

Nationalratswahlen. Ergebnis in Mandaten: ÖVP 81 (+2), SPÖ 76 (-2), FPÖ 8.

30.11.

Beginn der Regierungsverhandlungen zwischen ÖVP und SPÖ. Sie dauern bis zum 23. März 1963.

1963

Jänner 1963

14.01.

Die BRD bricht ihre diplomatischen Beziehungen zu Kuba nach der Anerkennung der DDR durch den karibischen Staat ab.

22.01.

Konrad Adenauer und Charles de Gaulle unterzeichnen in Paris einen deutsch-französischen Aussöhnungs- und Freundschaftsvertrag.

Februar 1963

28.02.

Eine warnende Erklärung zur Frage der Assoziation Österreichs mit der EWG wird in der sowjetischen Nachrichtenangentur TASS veröffentlicht.

März 1963

09.03.

Außenminister Bruno Kreisky weist die Kritik der Sowjetunion an den Assoziierungs-Bestrebungen Österreichs mit der EWG zurück.

18.03.

In New York, USA, wird das Österreichische Kulturinstitut eröffnet.

27.03.

Nach den bis dato längsten Verhandlungen – die Wahl war am 18. November 1962 – wird die Regierung Gorbach II gebildet.

April 1963

02.04.

In Brüssel diskutieren EWG-Minister erstmals über den Assoziierungs-Antrag Österreichs.

28.04.

Wiederwahl von Adolf Schärf (SPÖ) als Bundespräsident. Für die ÖVP trat Julius Raab an, für die EFP (Europäisch-Föderalistische Partei Österreichs) Josef Kimmel. Die FPÖ stellte keinen Kandidaten auf.

Mai 1963

12.05.

Ernst Marischka (*2. Jänner 1893 in Wien), Theater- und Filmregisseur, Drehbuchautor, Filmproduzent, Operettenlibrettist, stirbt in Chur (Schweiz).

31.05.

Der Ministerrat der EWG beschließt, Vorschläge für eine Assoziierung Österreichs auszuarbeiten.

Der Verwaltungsgerichtshof erkennt die Verzichtserklärung Otto Habsburgs als ausreichend an. Im Dezember 1961 hatte der Verfassungsgerichtshof eine Entscheidung darüber als nicht zuständig abgelehnt.

Juni 1963

03.06.

Papst Johannes XXIII. stirbt. Nachfolger wird Paul VI.

05.06.

Der Nationalrat behandelt in einer Sondersitzung die widersprüchlichen Entscheidungen der Höchstgerichte zum Fall Habsburg.

26.06.

US-Präsident John F. Kennedy beendet eine Rede vor dem Schöneberger Rathaus in Berlin auf Deutsch mit den berühmten Worten: "Ich bin ein Berliner!"

Juli 1963

04.07.

Der Nationalrat beschließt die authentische Interpretation des Landesverweisungsgesetzes gegen das Haus Habsburg-Lothringen.

10.07.

Im Parlament wird das Volksbegehrengesetz beschlossen.

19.07.

Der Bundesrat stimmt dem Nationalratsbeschluss zum Habsburgergesetz zu.

August 1963

05.08.

Annie Rosar (*17. Mai 1888 in Wien), Schauspielerin, stirbt in ihrer Geburtsstadt.

September 1963

16.09.

Bundeskanzler Alfons Gorbach übergibt der IAEO (Internationale Atomenergieorganisation) das Grandhotel in Wien als Amtssitz.

20.09.

Josef Klaus wird Bundesparteiobmann der ÖVP.

26.09.

Außenminister Bruno Kreisky hält vor der UNO-Vollversammlung eine Rede zu Südtirol.

Oktober 1963

23.10.

Bei Südtirolverhandlungen zwischen Österreich und Italien in Genf werden Verhandlungen auf diplomatischer Ebene vorbereitet.

November 1963

04.11.

Im Toplitzsee im steirischen Salzkammergut wird wieder eine Kiste mit gefälschten Pfund-Noten gefunden.

17.11.

Die Europabrücke bei Innsbruck wird nach viereinhalb Jahren Bauzeit dem Verkehr übergeben. Sie ist mit 190 Metern Höhe die höchste Brücke Europas.

22.11.

US-Präsident John F. Kennedy wird bei einer Fahrt im offenen Wagen durch Dallas, Texas, erschossen.

Dezember 1963

09.12.

In Mailand beginnt der Prozess gegen 87 Südtiroler, sechs Österreicher und einen Deutschen wegen der Terroranschläge in Südtirol im Sommer 1962. Am 16. Juli 1964 fallen die Urteile. Es gibt 27 Freisprüche, die meisten erhalten mehrjährige Kerkerstrafen.

30.12.

Mit der Lieferung von 500 Tonnen Erdöl in 16 Kesselwaggons an die UdSSR ist die Erdölschuld Österreichs an die Sowjetunion getilgt.

1964

Jänner 1964

08.01.

Altbundeskanzler Julius Raab (*29. November 1891 in Wien) stirbt in seiner Geburtsstadt.

22.01.

Der Schah von Persien trifft mit seiner Frau zu einem Besuch des Opernballs und der Olympischen Winterspiele in Österreich ein.

29.01.–07.02.

In Innsbruck finden die IX. Olympischen Winterspiele statt. Österreich wird Zweiter in der Nationenwertung mit insgesamt drei Bronze-, fünf Silber und vier Goldmedaillen. 

Februar 1964

25.02.

Bundeskanzler Alfons Gorbach demissioniert. Josef Klaus, Bundesparteiobmann der ÖVP, wird mit Verhandlungen zur Bildung einer neuen Regierung betraut.

März 1964

14.03.

In Graz wird das wiederaufgebaute Schauspielhaus eröffnet.

April 1964

02.04.

Bildung der Regierung Klaus I.

14.04.

Sechs Offiziere und 22 Unteroffiziere fliegen als erster Teil des österreichischen UN-Zypernkontingents nach Zypern.

Mai 1964

05.05.

Negative Stellungnahme Italiens zur EWG-Assoziierung Österreichs.

25.05.

Südtirolgespräche zwischen dem österreichischen und dem italienischen Außenminister dauern vier Stunden. Ein Expertenkomitee soll eine weitere Konferenz vorbereiten.

Juni 1964

12.06.

Nelson Mandela wird in Pretoria, Südafrika, zu lebenslanger Haft verurteilt.

18.06.

Hans Moser (*6. August 1880 in Wien), eigentlich Johann Julier, fälschlich auch oft Jean Juliet, Schauspieler, stirbt in Wien.

August 1964

Rund 250.000 Österreicher haben seit 1. Juli den Antrag des Aktionskomitees der unabhängigen Presse auf Einleitung eines Volksbegehrens für eine Rundfunkreform unterzeichnet. Das erste Volksbegehren ist somit zugelassen und findet von 5. bis 12. Oktober statt.

07.08.

Der US-Kongress billigt die Ausweitung der Intervention der USA in Vietnam. Tage zuvor bombardierten US-Flugzeuge nach nordvietnamesischen Angriffen auf US-Kriegsschiffe im Golf von Tongking Ziele in Nordvietnam.  

September 1964

07.09.

Giuseppe Saragat und Bruno Kreisky, die Außenminister von Italien und Österreich, verzeichnen Fortschritte in ihren Südtirolgesprächen.

16.09.

Die SPÖ beschließt ein Schiedsgericht gegen Innenminister Franz Olah (SPÖ), da er in der Tageszeitung "Die Presse" Kampagnen gegen Parteimitglieder geführt hätte.

18.09.

Demission von Innenminister Franz Olah. Hans Czettel wird Nachfolger. Demonstration der Arbeiterschaft für Franz Olah.

22.09.

Der ÖGB leitet wegen "eigenmächtiger, statutenwidriger finanzieller Handlungen" ein Verfahren gegen Franz Olah ein.

Oktober 1964

12.10.

Das Volksbegehren für einen unabhängigen, proporzfreien Rundfunk erhielt 832.353 Unterschriften.

27.10.

ÖGB-Präsident Franz Olah legt seine Funktionen im Gewerkschaftsbund zurück.

29.10.

Große Sympathiedemonstration für Franz Olah vor der SPÖ-Parteizentrale.

November 1964

04.11.

Franz Olah wird aus der SPÖ ausgeschlossen. Es wird ihm eigenmächtige, widmungswidrige Verwendung von Millionenbeträgen vorgeworfen.

21.11.

Fußach-Affäre: 20.000 Demonstranten verhindern eine Schiffstaufe durch Verkehrsminister Otto Probst am Bodensee. Das Land Vorarlberg wünschte den Namen "Vorarlberg", der Minister wollte das Schiff "Karl Renner" nennen. Die Vorarlberger Landesregierung blieb dem dann nicht stattgefundenen Akt der Schiffstaufe fern. 

25.11.

Stürmisch-heftige Nationalratsdebatte wegen des Vorfalls bei der verhinderten Schiffstaufe in Fußach. Erst im Juli 1965 entscheidet der Nationalrat, dass das neue Bodenseeschiff doch den Namen "Vorarlberg" erhält.

27.11.

Die SPÖ-Abgeordneten stellen im Nationalrat fest, dass es in der Causa Habsburg von ihnen keine Zusagen an Otto Habsburg geben wird.

Dezember 1964

08.12.

Die Apostolische Administratur Innsbruck-Feldkirch wird zur Diözese erhoben.

10.12.

Martin Luther King (1929–1968 [ermordet]) erhält den Friedensnobelpreis für seine gewaltlosen Protestaktionen zur Erlangung der Bürgerrechte für die afro-amerikanische Bevölkerung.

16.12.

Die Außenminister Österreichs und Italiens halten in einer Besprechung in Paris fest, dass eine Lösung des Südtirolproblems möglich ist.

18.12.

Streit zwischen ÖVP und SPÖ im Koalitionsausschuss für verstaatlichte Betriebe.